Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
lassen.
    Auch in der Küche verstrich die Zeit. Albert widmete sich ganz den Tücken des Herdes. Draußen fuhr ein Wagen vor. Albert ging zur Seitentür.
    »Soll ich den Wagen in die Garage fahren, Sir?«
    »Das mache ich schon«, sagte Tommy. »Sie haben sicher noch mit dem Abendessen zu tun. Bin ich sehr spät dran?«
    »Nein, gar nicht, Sir. Sie sind genau zur angekündigten Zeit gekommen, sogar ein bisschen zu früh.«
    »Hm.« Tommy brachte den Wagen weg und kam dann, sich die Hände reibend, in die Küche. »Kühl, draußen. Wo ist meine Frau?«
    »Madam ist oben bei den Büchern.«
    »Was, immer noch?«
    »Ja. Sie hat heute wieder eine Menge eingeräumt, aber die meiste Zeit hat sie gelesen.«
    »Aha! Was gibt es zu essen?«
    »Seezungenfilet mit Zitrone, Sir. Es dauert nicht mehr lange.«
    »Fein. Gönnen Sie mir noch eine Viertelstunde, Albert. Ich möchte mich noch etwas waschen.«
    Oben im ersten Stock saß Tuppence immer noch in dem etwas schäbigen Sessel, in den Schwarzen Pfeil vertieft. Sie war auf etwas Merkwürdiges gestoßen, etwas Fremdes, das sich in das Buch eingeschlichen zu haben schien. Die Seite, bis zu der sie gekommen war – Seite 46 oder 47? Sie konnte die Zahl nicht genau erkennen – also, auf jeden Fall hatte dort jemand angefangen, Wörter zu unterstreichen. Sie verstand nicht, warum. Sie folgten nicht aufeinander und konnten daher auch kein Zitat sein. Es schienen willkürlich ausgewählte Wörter zu sein, die mit roter Tinte unterstrichen worden waren. Sie murmelte vor sich hin: »›Matcham entfuhr ein schwacher Schreckensruf, auch Richard zuckte zusammen, sodass der Bogenspanner seiner Hand entglitt. Aufspringend, zogen sie ihre Gürtel stramm, prüften ihre Bogensehnen und vergewisserten sich, dass ihre Dolche und Schwerter leicht aus der Scheide glitten. Ellis hob seine Hand, mit flammendem Blick rief er: Harry Shelton, ermordet von Sir Daniel und seinem Geschmeiß. Simon Marmsby, gleichfalls von ihnen umgebracht, und Ellis Duckworth.‹« Sie las noch die nächste Seite und schüttelte den Kopf. Es ergab keinen Sinn.
    Sie ging zu dem Tisch, auf dem ihr Schreibzeug lag, und nahm ein paar Probebogen auf, die ihnen kürzlich eine Druckerei zur Auswahl geschickt hatte, weil sie einen neuen Briefkopf machen lassen mussten. Für das Lorbee r haus.
    »Was für ein dummer Name«, sagte Tuppence, »aber wenn man ihn dauernd ändert, kommt die Post nie mehr an.«
    Sie schrieb die unterstrichenen Worte ab. Nun fiel ihr etwas auf, das sie vorher nicht bemerkt hatte.
    »Na, das ist ganz was andres.«
    Sie malte Buchstaben auf das Blatt.
    »Ach, hier bist du!«, sagte plötzlich Tommy hinter ihr. »Das Essen steht so gut wie auf dem Tisch. Was machen deine Bücher?«
    »Es ist furchtbar spannend«, sagte Tuppence. »Sehr merkwürdig.«
    »Was ist spannend und merkwürdig?«
    »Es geht um Der schwarze Pfeil von Stevenson, ich wollte es wieder lesen und habe auch angefangen. Plötzlich hatte ich ein ganz seltsames Gefühl, weil so viele Worte mit roter Tinte unterstrichen waren.«
    »Ach, das tun doch die Leute manchmal«, meinte Tommy. »Nicht immer mit roter Tinte, aber jeder unterstreicht doch mal was. Etwas, an das man sich erinnern möchte, ein Zitat oder so was.«
    »Darum geht es eben nicht. Es sind eigentlich nur einzelne Buchstaben, verstehst du?«
    »Nein«, sagte Tommy. »Was heißt, nur Buchstaben?«
    »Sieh’s dir an!«
    Tommy setzte sich auf die Armlehne und warf einen Blick auf das Blatt. »Verrückt«, sagte er.
    »Ja, das habe ich anfangs auch geglaubt. Aber es stimmt nicht, Tommy.«
    Unten wurde eine Kuhglocke geläutet.
    »Das Essen ist fertig.«
    »Es kann warten«, sagte Tuppence. »Erst muss ich es dir erklären. Wir können uns nachher gründlicher damit befassen, es ist wirklich zu merkwürdig. Ich muss es dir einfach erzählen.«
    »Na, schön! Fantasierst du dir mal wieder was zusammen?«
    »Überhaupt nicht! Ich habe nur die Buchstaben notiert. Pass auf, hier steht das M von ›Matcham‹. Das ist das erste Wort. Das M ist unterstrichen und dann das a, danach kommen noch mehr Worte. Im Buch stehen sie nicht hintereinander. Sie sind einfach herausgepickt worden, wenigstens scheint es so. Man hat sie unterstrichen, vielmehr einzelne Buchstaben, weil jemand bestimmte Buchstaben brauchte. Das nächste ist dann ein r, dann kommt das y aus ›Marmsby‹, und so geht es immer weiter…«
    »Um Gottes willen!«, rief Tommy. »Hör auf!«
    »Warte! Ich muss es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher