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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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wie du mich belagert hast.«
    »Ich habe dich nicht belagert, ich habe um dich geworben.«
    »Ja, weil du sie nicht gekriegt hast.«
    »Das ist doch lächerlich. Wäre ich nur einen Funken in Mira verliebt gewesen, glaubst du, ich würde das heute nicht zugeben?«
    »Du gibst ja das mit Verena auch nicht zu.«
    »Es gab und gibt nichts zuzugeben.«
    »Egal. Wie sind wir jetzt überhaupt darauf gekommen?«
    »Wegen der Vernissage, auf der wir uns zum ersten Mal gesehen haben.«
    »Ach ja.«
    »Wäre doch interessant, zu wissen, was Mira Kusz heute macht.«
    »Recherchiere es doch. Die steht sicher in Google mit ihren Preisen. Vielleicht kannst du sie treffen.«
    »Warum sollte ich sie treffen?«
    »Vielleicht liest sie dir dann ihre schwülstigen Gedichte vor. Vielleicht das von damals – wie ging das noch mal: ›Bei Mondscheinpromenaden begleiten uns Sternenkaskaden‹ oder so ähnlich. Unfassbar.«
    »Gott, was kannst du ekelhaft sein! Was soll’s. Vielleicht sollte ich mich ja darüber freuen, dass meine mir angetraute Gattin nach vierzig Jahren noch eifersüchtig ist.«
    »Eifersüchtig? Ich war nie eifersüchtig.«
    »Du warst es immer und bist es noch, Herzallerliebste mein.«

7 LORE

    Es ist alles nicht ganz einfach. Altwerden ist nicht einfach, all die Verluste sind nicht einfach – Verluste von Kraft, Haaren, Zähnen, Schönheit, Libido, Verluste von Freunden, Leidenschaft, ich sehe überall nur Verluste. Aber Harry ist immer noch da, und ich sollte glücklich darüber sein. Ich bin glücklich darüber. Doch. Ja.
    Ach, glücklich … Ich bin zufrieden. Er ist ein guter Mensch, wir hatten eine gute Ehe, haben immer noch eine gute Ehe, selten heutzutage, selten in unserer unruhigen Generation. Aber ist es schon ein Glück an sich, wenn es einfach nur hält? Ja, wahrscheinlich. Ich muss es so sehen. Wir lachen ja auch zusammen. Wir schlafen zwar in getrennten Zimmern, aber wir sind liebevoll miteinander, und neulich nach Stunden im Garten stieg er plötzlich zu mir in die heiße Badewanne und wir haben gekichert wie die Teenager. Mein Harry. Trotz allem: mein Harry. Das heikelste Thema ist letztlich immer Gloria, dieses seltsame Kind, vor dem wir beide mit Liebe, aber Verständnislosigkeit stehen. Sein kleines Mädchen, auf das er so große Stücke gesetzt hat …
    Ich habe schon früh gespürt, wie unstet Gloria ist, wie unsicher, wie ziellos. Harry hat immer gedacht: sie wird Künstlerin, sie wird Ärztin, sie wird Richterin, sie wird Politikerin, alles sah er in ihr, ich möchte mal wissen, warum. Sie hat ja damals nicht mal Abitur gemacht, kein Studium möglich, mit Schluffmann nach Indien … Männer. Immer Männer. Männer haben Glorias Leben bestimmt.
    Diese Männer. Mir liegt die Hochzeit im Magen. Aber es hilft nichts, wir müssen hin. Und vielleicht ist es ja diesmal der Richtige. Am Telefon klang Gloria glücklich. Oder besser gesagt: fröhlich. Sie hat gelacht, sie freut sich, sie plant ein großes Fest, Freunde kommen, unser Rest Verwandtschaft – Lust hab ich keine. Ich will weder meinen Bruder Theo noch seine hysterische, dreifach geliftete Rita sehen. Aber egal, Hochzeit ist Hochzeit, und vielleicht, nein, hoffentlich ist es die letzte. Wenn Mutter dabeisein könnte – die würde mit sarkastischen Sprüchen nicht sparen. Aber Mutter liegt seit acht Jahren da mit ihrer Magensonde und Astronautenkost, rundum wundgelegen, ohne Bewusstsein, ein Klumpen Mensch, der am Leben gehalten wird für Tausende von Euro monatlich. Am Leben warum? Weil wir es versäumt haben, das rechtzeitig anders zu regeln. Versäumt – weil Theo nicht wollte, Theo war dagegen. Sie sollte am Leben bleiben. Am Leben. Was für ein Leben soll das sein? Für was, für wen? Ihr kleiner Kopf auf dem Kissen, ich muss immer weinen, wenn ich bei ihr sitze, und ich bete dann sogar, ich, ausgerechnet ich bete, dass sie doch endlich sterben möge. Theo sitzt nie neben ihr.
    Aber wenn sie dabei wäre – Mutter würde sich diesen Bredow – heißt der Bredow? – mein Gott, mich interessiert nicht mal wirklich, wie der heißt, Mutter würde sich diesen Bredow ansehen und ihn fragen: Und? Haben Sie irgendwas Anständiges gelernt?

    *

    »Harry, hast du schon eine Entscheidung getroffen?«
    »Ich sag dir ja, ich hör auf mit dem Golf. Macht nicht wirklich Spaß. Im Grunde sollten wir ab und zu schwimmen gehen, was denkst du?«
    »Ich hasse nasse Haare.«
    »Deine Mutter war ihr Leben lang täglich schwimmen …«
    »Ja, und nun liegt
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