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Als Oma noch mit Kohlen heizte

Als Oma noch mit Kohlen heizte

Titel: Als Oma noch mit Kohlen heizte
Autoren: Willi Faehrmann
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der Leine um den Griff des Korbes, faltete ein altes Handtuch zusammen und bedeckte damit den Korbboden. Eilends lief sie in die Küche zurück. Behutsam griff sie Julia und setzte die Katze vorsichtig in den Korb.
    Julia ließ sich das gefallen. Sie wehrte sich auch nicht, als Tilla in die Wohnstube rannte und das Fenster weit aufriss, obwohl der Wind ein paar Schneeflocken ins Zimmer trieb.
    Tilla ließ die Katze im Korb Stück für Stück an der Hauswand hinunter, an Frau Krulles Fenster vorbei, bis der Korb endlich sanft auf der Straße aufsetzte.
    Julia sprang hinaus. Sie lief ein Stück die Straße hinunter und suchte nach einem geeigneten Ort für ihre Geschäfte.
    Martin rief: „Kinder, eure Mutter, Mathilde Lohgerber, ist eine wirkliche Erfinderin! Sie hat gerade den Katzenaufzug erfunden! Bravo, bravissimo!“ Er schloss seine Frau begeistert in die Arme.
    „Wird die Katze zurückkommen?“, fragte Bertha, das jüngste Kind der Lohgerbers.
    „Ja, wie soll Julia wissen, dass ein Aufzug auch aufwärtsfährt?“, fragte Martin.
    „Nichts leichter als das“, antwortete Tilla.
    Sie zog den Korb wieder empor, ging zum Schrank und holte einen Rest Leberwurst heraus. Eigentlich war der für das Margarinebrot bestimmt, das sie am nächsten Tag dem Martin mit zur Hütte geben wollte. Aber für eine große Sache müssen nun mal Opfer gebracht werden. Tilla legte die Wurst in den Korb und ließ ihn wieder auf die Straße hinab.
    Die Katze hatte inzwischen getan, was getan werden muss. Sie lief zurück zum Haus. Im Schnee blieb eine Katzentatzenperlenschnur zurück.
    Julia streckte ihre Nase in den Wind und schnupperte. Den Leberwurstgeruch kannte sie schon. Schließlich hatte Martin ihr das Hasenbrot gegeben. Sie sprang mit einem eleganten Satz in den Korb und schleckte die Wurst.
    Währenddessen zog Tilla die Wurst in der Katze und die Katze im Korb hoch zum Fenster.
    Nur ein einziges Mal brauchte Tilla den Trick mit der Wurst anzuwenden, dann hatte Julia verstanden, wie der Katzenaufzug funktionierte. Sie war schön und klug zugleich, und das soll nicht nur bei den Katzen sehr selten zusammentreffen.
    Frau Krulle sprach mehrere Tage kein einziges Wort mehr mit Tilla. Aber dann sagte Tilla ihr einen Tag vor Weihnachten: „Denken Sie nur, Frau Krulle, Julia hat heute Nacht zwei Mäuse gefangen.“
    Frau Krulle starrte Tilla sehr misstrauisch an und fragte: „Zwei Mäuse hat sie gefangen? Also zwei Tiere weniger im Haus?“
    „Ja“, bestätigte Tilla, „zwei Tiere weniger.“
    „Ist das auch keine Erfindung von Ihnen?“, fragte Frau Krulle.
    „Nein, nein“, beteuerte Tilla. „Ich kann Ihnen die Mäuseschwänze zeigen. Julia hat die Schwänze nämlich vor unserer Schlafzimmertür niedergelegt.“
    Frau Krulle wurde blass. „Bitte nicht, Frau Lohgerber! Ich kann Mäuseschwänze nicht sehen! Mein Schwager, der Hubert Hirsch, der ist Jäger. Denken Sie: Der schießt Rehböcke, und dann hängt er das Gehörn im Zimmer an die Wand. Mir wird immer ganz schlecht, wenn ich da hinschaue.“
    Frau Krulle sah eine Weile stumm auf ihren rotweiß gekachelten Fußboden und sagte dann: „Ja, wenn es so ist, Frau Lohgerber, dass die Julia Tiere in meinem Haus wegfängt, dann ist es gut. Und ein frohes Weihnachtsfest denn auch!“
    Tilla freute sich, denn Weihnachten und versteckter Streit im Haus, das passt nun wirklich nicht zueinander.

Eine Erfindung erobert die Welt …
    Ich habe noch von mancher Erfindung meiner Großmutter gehört. Wenige Tage nach dem Katzenaufzug hat sie die Katzenaufzugsklingel erfunden. Sie hatte mit ihren fünf Kindern zu wenig Zeit, um stets zum Fenster zu gehen und nachzuschauen, ob Julia schon im Korb saß. Deshalb hat sie ein Stöckchen mit einem Ende fest an den Korb gebunden und an das andere Ende die kleine Glocke gehängt, die bei uns sonst immer nur am Heiligen Abend geläutet wird, wenn die Kinder endlich ins Wohnzimmer und zu dem strahlenden Weihnachtsbaum dürfen.
    Den Korb hat Tilla dann nicht ganz bis auf den Boden sinken lassen. Mit der Wäscheleine hat sie ihn so am Fensterkreuz festgebunden, dass er dicht über der Straße schwebte.
    Wenn Julia in den Korb sprang, schlug das Glöckchen an und Tilla wusste: Die Katze ist wieder da, und sie konnte das Tier in die Wohnung zurückholen.
    Vor einiger Zeit habe ich mal in der Türkei Kindern und großen Leuten aus meinen Büchern vorgelesen. Natürlich nur solchen, die auch Deutsch sprechen konnten. Aber das waren viel mehr, als
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