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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte
Autoren: Eric Malpass
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winkte ihm zu. Er zuckelte lachend heran, drehte eine Runde vor mir und brachte den riesigen Traktor knirschend zum Stehen.
    «Paß bloß auf, daß sich dieses Monstrum nicht überschlägt», sagte ich lachend, nachdem Johnnie den Motor abgestellt hatte.
    «Hallo, Vi. Ich will gerade Vesper machen. Willst du nicht ein Butterbrot mitessen?»
    Wir setzten uns auf gebrochenes Mauerwerk. Über uns in den Baumkronen hingen noch alte, vertrocknete Blätter.
    Johnnie hatte eine Thermosflasche mit warmem Kaffe bei sich. Rosiger Schinken quoll aus den Brotscheiben.
    Mein Gott, war das schön, hier oben in der Sonne mit ihm zu sitzen. «Ich glaube wirklich, du würdest deinen letzten Brotkanten mit mir teilen», sagte ich fröhlich.
    «Ich würde ihn dir sogar ganz geben», sagte er lächelnd.
    «Johnnie», sagte ich mit vollem Mund, «ich muß dir was erzählen.»
    «Ja - was denn?» Er blinzelte in den Himmel.
    Ich kaute und schluckte.
    «Na los», sagte er. «Spann mich nicht auf die Folter, Vi.»
    «Ja, weißt du, es ist etwas Trauriges und auch etwas Wunderbares.»
    «Na, schieß schon los, was ist es denn?»
    «Wir ziehen fort von hier, wir ziehen auf die Insel Sark.»
    «Und du freust dich darüber?» Es klang fast niedergeschlagen.
    «Und ob ich mich darauf freue.»
    Er schwieg eine Weile. Dann sagte er leise: «Vi, weißt du eigentlich, daß du mir weh tust, wenn du das sagst?»
    Innerlich mußte ich zugeben, daß ich manchmal nicht so nett bin, wie ich immer glaube. So hätte ich es ihm nicht sagen dürfen. Es mußte ihm ja weh tun.
    Johnnie stand auf und gab mir förmlich die Hand. «Ich muß jetzt wieder an die Arbeit gehen, Vi. Also dann alles Gute», sagte er und ging hinüber zu seinem Traktor.
    Nachdenklich machte ich mich auf den Heimweg. Ich hatte mich nicht richtig verhalten. Daß er sich aber so ruhig mit der Nachricht abfand, nahm mir allen Wind aus den Segeln. Ich hatte ihn ja eigentlich auch nur auf die Probe stellen wollen.
     

26
     
    «Also, ich kann nur sagen: Sie haben wirklich Glück, Mrs. Kemble», sagte der Hausmakler.
    «Warum?» fragte Mutter vergnügt.
    «Weil Sie zwanzig Jahre in diesem Haus gewohnt haben, ohne daß es über Ihren Köpfen zusammengebrochen ist. Sie erwarten doch wohl nicht, daß ich dafür je einen Käufer finde?»
    «Wir sind hier jedenfalls sehr glücklich gewesen», sagte Mutter.
    Mr. Bateson streckte die Waffen. «Na schön, ich werde es also zum Verkauf anbieten. An was für einen Preis haben Sie denn gedacht?»
    «Achttausend Pfund.»
    «Ich glaube, wenn ich viertausend kriege, können Sie von Glück reden.»
    «Mit mehr rechne ich auch gar nicht», sagte Mutter ungerührt. Sie wies mit der Hand auf die Wildnis im Garten. «Vergessen Sie ja nicht:
    «Ist gut», sagte Mr. Bateson und machte sich ein paar Notizen. hielt er zweifellos für ein krasses Understatement.
    Mutter hatte den Verkauf des Hauses übernommen. Dafür gab es zwei Gründe. Die Grundbucheintragung lautete auf ihren Namen. Und zweitens: Vater wagte sich kaum noch ins Dorf. Als Mr. Bateson dann unser Haus als «geräumigen herrschaftlichen Wohnsitz» bezeichnete, griff Vater zum Telefon und klärte ihn darüber auf, daß ein herrschaftlicher Wohnsitz immer geräumig sei; sonst sei es kein herrschaftlicher Wohnsitz. Mr. Bateson reagierte darauf pikiert. Vielleicht lag es daran, daß Mr. Batesons Interesse an dem Verkauf etwas erlahmte; auf jeden Fall erschien nicht ein einziger Käufer.
    Vater sagte eines Tages bitter: «Mich würde es nicht wundern, wenn das Haus mit der Zeit verfällt und die Leute es nennen. Und wenn sich dann später einmal einer über den Namen wundert, wird es heißen: »
    Der Umzug wurde auf den ersten April festgesetzt. Perse, die nach den Osterferien aufs Internat gehen würde, sollte ein paar Tage mitkommen. Langsam füllten sich unsere großen Räume mit Kisten und aufgerollten Teppichen. Mutter und ich packten das Porzellan ein, wir nahmen die Bilder von den Wänden und leerten die Schubladen. Vater raffte seine Manuskripte zusammen und suchte nach verlegten Pfeifen.
    Und plötzlich war dann der 30. März da, und immer noch war vieles ungetan. Wenn ich an Johnnie und Miss Buttle dachte, schlug mir das Gewissen.
    Vor allem Johnnie hätte ich gern noch einmal gesehen. Ich hatte ihn ja doch sehr gern. Aber dafür blieb jetzt keine Zeit mehr.
    Das Telefon
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