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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker
Autoren: Arena
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Zeiten dort so lag, da hörte ich manchmal hinter den Kacheln drin leise das Feuer knistern, wenn die Mutter morgens eingeheizt hatte; es wurde wärmer, aber es wurde nicht schwül um mich. Es wurde nie kalt und es wurde nie heiß, und wenn mir einer so einen alten Kachelofen plump und unförmig schimpft, so gehe ich ihm ans Leder. Denn über den besten Freund unseres Hauses lasse ich nichts kommen.
    Er gab uns nicht allein Wärme, er gab uns auch Brot. Alle zwei Wochen einmal war Backtag. Man kennt die Stattlichkeit der Brotlaibe bäuerlicher Herkunft; solcher Laibe ihrer vierzehn hatten nebeneinander Raum auf dem glühheißen Steinboden drinnen.
    Während der Ofen also das Brot buk, hatte unsere Mutter besondere Acht auf ihn. Da durfte kein feuchter Lappen in seiner Nähe hängen, da durfte in der Stube keine Tür und kein Fenster aufgemacht werden, damit kein ungebetenes Lüftchen den braven Ofen anwehe und seine Frucht etwa beeinträchtige. Zwei Stunden lang dauerte die Backzeit und da war es in der Stube allerdings so, dass nicht bloß die Heiligen schwitzten auf dem Hausaltare, sondern auch alle Fenster – selbst im hohen Sommer. Die Fenster sind sonst nicht so wie unsereiner, der im Sommer schwitzt; die Fenster schwitzen im Winter, wenn’s drinnen wärmer ist als draußen. Aber beim Backen gab’s eine Ausnahme. Einmal stieß in solch heikler Stunde des Backens der Wind ein Fenster auf: was geschah? Die Brotlaibe, die schon angefangen hatten aufzuschwellen, fielen in sich zusammen und blieben spickig wie ein Klumpen Schmalz. Nicht ein so großes Löchelchen im Innern des Laibes, dass man ein Haferkorn, geschweige eine Erbse drin hätte verstecken können! Damals hat die Mutter geweint. Wir aßen das Brot in der Suppe wie sonst. »Wenn’s den Laib im Ofen nicht auftreibt, so treibt’s den Magen auf«, heißt es und so war’s auch.
    Am Backtag gab’s für mich kleinen Buben allemal eine säuerliche Freude. Denn bevor das Brot in den Ofen kam, musste ich hinein. Aber zum Glück nicht nach dem Feuer, sondern vor demselben. Da war’s etwas staubig drinnen und rußig und ganz finster. Mit einem Besen aus Tannenreisig hatte ich den Steinboden des Ofens auszufegen, Kohlen, Asche fortzuschaffen und dann die großen Holzscheiter übereinander zu schichten, die mir die Magd zum Ofenloch hineinsteckte. Ich weiß nicht, ob die Spanier im Mittelalter auch so geschichtet haben: zuerst eine Brücke geradeaus, darüber eine Brücke in die Quere, dann wieder eine geradeaus und eine in die Quere usw. So baute ich den Scheiterhaufen und so brennt’s am besten. Die Scheiter waren anderthalb Ellen lang, und als das Gebäude aufgeführt war bis fast zur Wölbung, da engte es sich arg und da kroch ich ringsherum, zu sehen oder vielmehr zu tasten, ob es gut war – und dann zum Loch hinaus.
    Zum Lohn für solch finstere Taten bekamen wir Kinder jedes ein frisch gebackenes Brotstriezlein, welches wir gleich in noch dampfendem Zustand verzehrten.
    Wie die Scheiter gebaut wurden, ist schon gesagt worden. Alsdann den Stoß anzünden, brennen lassen, ausglühen lassen, die Glut mit einem Krückstock auseinanderziehen, dann herauskratzen und mit der Ofenschüssel, einer lang bestielten Holzscheibe, die kugelrunden Teigklumpen hineinschießen.
    »Einschießen«, ja, das war der Ausdruck dafür. Ich vermute, die Mutter hat während des Einschießens allemal ein heiliges Gelöbnis gemacht: Einen Rosenkranz extra will sie beten oder einem Bettler besonders will sie ein großes Stück Brot schenken, wenn’s gelingt. Denn wie ich schon angedeutet – allemal gelang es nicht.
    Einige Mal lieferte uns der Ofen etwas besonders Gutes. Ein strudelartig breit und dünn ausgewalzter Teig wurde in den heißen Ofen geschossen; nach einiger Zeit kam die Platte heraus, hatte eine bräunliche Farbe und war hart und spröde wie Glas. Schon das war fein zu knuspern. Nun kam aber die Mutter, zerkleinerte mit dem Nudelwalzer knatternd diese Scheibe aus Mehl, tat die Splitter in eine Pfanne, wo sie geschmort und geschmälzt wurden. Das war hernach ein Essen! Scharlbrot wurde es genannt. Ich habe diese ganz eigenartig wohlschmeckende Speise sonst nirgends wieder gefunden.
    Der Ofen hatte auch noch andere Verpflichtungen: Er dörrte das Korn, bevor es in die Mühle kam. Denn da oben im Gebirge will’s nicht recht trocknen und so musste das Korn auf den heißen Boden hinein, wo es mit dem langstieligen Krücklein fortwährend umgerührt ward. Desgleichen
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