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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker
Autoren: Arena
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Weihnachtsfest dort hatte, ist es nur folgerichtig, wenn wir für unsere Auswahl nicht das Kalender-, sondern das Kirchenjahr zugrunde legen, das im Advent beginnt. Die Gliederung nach dem Jahreslauf passt sehr gut in Peter Roseggers Zeit. Denn vor etwa hundertfünfzig Jahren spielte der Jahresablauf eine viel entscheidendere Rolle als heute, wo zu Beginn des Jahres die Schokoladenosterhasen und im August die Christstollen zu kaufen sind.
    Peter Rosegger vermittelt auch den Menschen um die Jahrtausendwende die Erfahrung, dass die Geborgenheit einer Familie und die natürliche Neugier, die menschliche und natürliche Umwelt zu erfahren und zu begreifen, weder durch einen Dampfwagen noch durch einen Intercity, weder durch »Hasenöl« noch durch »Risiken und Nebenwirkungen«, weder durch den im Kopf auszurechnenden Wochenlohn eines Tagelöhners noch durch den Umgang mit Taschenrechner oder Computer ersetzt werden können.
    So hoffe ich, dass möglichst viele Leserinnen und Leser von 10 bis 100 Jahren den Waldbauernbuben durch das Jahr begleiten werden. Damit dies auf möglichst echte Weise geschieht, sind die Geschichten nur da, wo allzu viele Erklärungen nötig gewesen wären, geringfügig gekürzt oder bearbeitet worden. Im Übrigen sind sie ganz in der Sprache und dem Stil Peter Roseggers belassen – ein Leseerlebnis, das sich lohnt!

Weihnachten
    Als ich Christtagsfreude holen ging
    I n meinem zwölften Lebensjahre wird es gewesen sein, als am Frühmorgen des heiligen Christabends mein Vater mich an der Schulter rüttelte: Ich solle aufwachen und zur Besinnung kommen, er habe mir was zu sagen. Die Augen waren bald halb offen, aber die Besinnung! Als ich unter Mithilfe der Mutter angezogen war und bei der Frühsuppe saß, verlor sich die Schlaftrunkenheit allmählich und nun sprach mein Vater: »Peter, jetzt höre, was ich dir sage. Da nimm einen leeren Sack, denn du wirst was heimtragen. Da nimm meinen Stecken, denn es ist viel Schnee, und da nimm eine Laterne, denn der Pfad ist schlecht und die Stege sind vereist. Du musst hinabgehen nach Langenwang. Den Holzhändler Spreitzegger zu Langenwang, den kennst du, der ist mir noch immer das Geld schuldig, zwei Gulden und sechsunddreißig Kreuzer für den Lärchbaum. Ich lass ihn bitten drum; schön höflich anklopfen und den Hut abnehmen, wenn du in sein Zimmer trittst. Mit dem Gelde gehest nachher zum Kaufmann Doppelreiter und kaufest zwei Maßel Semmelmehl und zwei Pfund Rindschmalz und um zwei Groschen Salz und das tragst heim.«
    Jetzt war aber auch meine Mutter zugegen, ebenfalls schon angekleidet, während meine sechs jüngeren Geschwister noch ringsum an der Wand in ihren Bettchen schliefen. Die Mutter, die redete drein wie folgt: »Mit Mehl und Schmalz und Salz allein kann ich kein Christtagsessen richten. Ich brauch dazu noch Germ um einen Groschen, Weinbeerln um fünf Kreuzer, Zucker um fünf Groschen, Safran um zwei Groschen und Neugewürz um zwei Kreuzer. Etliche Semmeln werden auch müssen sein.«
    »So kaufest es«, setzte der Vater ruhig bei. »Und wenn dir das Geld zu wenig wird, so bittest den Herrn Doppelreiter, er möcht die Sachen derweil borgen und zu Ostern wollt ich schon fleißig zahlen. Eine Semmel kannst unterwegs selber essen, weil du vor Abend nicht heimkommst. Und jetzt kannst gehen, es wird schon fünf Uhr, und dass du noch die Achtuhrmesse erlangst zu Langenwang.«
    Das war alles gut und recht. Den Sack band mein Vater mir um die Mitte, den Stecken nahm ich in die rechte Hand, die Laterne mit der frischen Talgkerze in die linke und so ging ich davon, wie ich zu jener Zeit in Wintertagen oft davongegangen war. Der durch wenige Fußgeher ausgetretene Pfad war holperig im tiefen Schnee und es ist nicht immer leicht, nach den Fußstapfen unserer Vorderen zu wandeln, wenn diese zu lange Beine gehabt haben. Noch nicht dreihundert Schritte war ich gegangen, so lag ich im Schnee und die Laterne, hingeschleudert, war ausgelöscht. Ich suchte mich langsam zusammen und dann schaute ich die wunderschöne Nacht an. Anfangs war sie ganz grausam finster, allmählich hub der Schnee an, weiß zu werden und die Bäume schwarz, und in der Höhe war helles Sternengefunkel. In den Schnee fallen kann man auch ohne Laterne, so stellte ich sie seithin unter einen Strauch und ohne Licht ging’s nun besser als vorhin.
    In die Talschlucht kam ich hinab, das Wasser des Fresenbaches war eingedeckt mit glattem Eise, auf welchem, als ich über den Steg ging, die
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