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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker
Autoren: Arena
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genau in das Gesicht; ich hab gemeint, es dürft doch der liebe Herrgott dahinterstecken.
    Gegen Abend desselben Tages, als ich mein Sonntagskleidchen des sparsamen Vaters wegen schon hatte ablegen müssen und nun wieder in dem vielfarbigen Werktagshöslein herumlief und -hüpfte und nur noch das völlig neue graue Jöppel trug, das ich nicht ablegen wollen und mir noch für den Tagesrest erbeten hatte, und als die Mutter auch schon lange wieder bei ihrer häuslichen Arbeit war, eilte ich gegen die Schafweide hinauf. Ich musste die Schäflein, worunter auch ein weißes Lämmchen als mein Eigentum war, heim in den Stall führen.
    Wie ich aber so hinhüpfe und Steinchen schleudere und damit die goldenen Abendwolken treffen will, sehe ich plötzlich, dass dort am Fels ein alter weißköpfiger, sehr arm gekleideter Mann kauert. Da stehe ich erschrocken still, getraue mir keinen Schritt mehr zu tun und denke bei mir: Jetzt, das ist aber doch ganz gewiss der lieb’ Herrgott.
    Ich habe gezittert vor Furcht und Freude, ich habe mir gar nicht zu helfen gewusst.
    Wenn es doch der lieb’ Herrgott ist, da muss eins ihm wohl was geben. Wenn ich jetzt heimlauf, dass die Mutter komme und gucke und mir sage, wie ich dran bin, so geht er mir zuletzt gar dieweilen davon, und es wär doch eine Schand’ und ein Spott. Ich denk, sein wird er’s gewiss, just so hat derselb’ ja auch ausgeschaut, den der Reitersmann gesehen.
    Ich schlich einige Schritte nach rückwärts und begann, an meinem grauen Jöppel zu zerren. Es ging nicht leicht, es war so fest über dem grobleinenen Hemde oben und ich wollte das Schnaufen verhalten, ich meinte, der Bettelmann sollte mich nicht zu früh bemerken.
    Einen gelb angestrichenen Taschenfeitel hatte ich, nagelneu und just scharf geschliffen. Diesen zog ich aus der Tasche, das Röcklein nahm ich unters Knie und begann, es nun mitten auseinanderzutrennen.
    War bald fertig, schlich zum Bettelmann, der halb zu schlummern schien, und legte ihm seinen Teil von meinem Rock zu Häupten. – Hab vorlieb damit, mein Not leidender Bruder! Das habe ich ihm still in Gedanken gesagt. Dann nahm ich meinen Teil vom Rocke unter den Arm, lugte noch eine Weile dem lieben Gott zu und jagte dann die Schäflein von der Heide.
    In der Nacht wird er wohl kommen, dachte ich, und da werden ihn Vater und Mutter sehen und wir können ihm, wenn er bei uns bleiben will, gleich das hintere Stübel und das Hausaltarl herrichten.
    Ich lag im Schiebbettlein neben Vater und Mutter und ich konnte nicht schlafen. Die Nacht verging und der, den ich gemeint hatte, kam nicht.
    Am frühen Morgen aber, als der Haushahn die Knechte und Mägde aus ihren Nestern hervorgekräht hatte und als draußen im Hofe schon der laute Werktag anhub, kam ein alter Mann (sie hießen ihn den Schwamm-Beitel) zu meinem Vater, brachte ihm den verschenkten Teil von meinem Rock und erzählte, ich hätte denselben abends zuvor in meinem Mutwillen zerschnitten und ihm das eine Stück an den Kopf geworfen, wie er so ein wenig vom Pilzesuchen ausgeruht habe auf der Schafheide.
    Darauf kam der Vater, eine Hand hinter dem Rücken, ganz leicht an mein Bett geschlichen: »Geh, tu mir’s sagen, Bub, wo hast denn du dein neues Sonntagsjöppel?«
    Das leise Schleichen mit der Hand hinter dem Rücken war mir sogleich verdächtig vorgekommen und jetzt ging mir schon das Gesicht auseinander und weinend rief ich: »Ja, Vater, ich hab gemeint, dem lieben Herrgott hätt ich es ‘geben.«
    »Jesses, Bub, du bist aber so ein Trottel, so ein Halbnarr!«, schrie mein Vater.
    Wie nun die Hand mit der gewundenen Birkenrute zum Vorschein kam, erhob ich ein Zetergeschrei.
    Eilte sogleich die Mutter herbei. Sie tat sonst selten Einsprache, wenn der Vater mit mir Gericht hielt, heute aber fasste sie ihm die Hand und sagte: »’s Röckel flick ich leicht wieder zusammen, Alter. Geh jetzt mit, ich muss dir was sagen.«
    Sie gingen beide hinaus in die Küche; ich denke, dort haben sie über die Martinigeschichte gesprochen. Sie kamen nach einer Weile wieder in die Stube.
    Der Vater sagte mit fast dumpfer Stimme: »Sei nur still, es geschieht dir nichts.«
    Und die Mutter flüsterte mir zu: »Ist schon recht, wenn du das Röckl dem lieben Herrgott hast wollen geben, aber besser ist’s noch, wir geben es dem armen Talmichelbuben. In jedem Armen steckt der liebe Gott. Schau, der heilige Martinus hat’s auch schon gewusst. So, und jetzt, mein Bübel, hupf auf und schlüpf ins Höslein; der
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