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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition)
Autoren: William Faulkner
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wenn man Feuer an jemandes Scheune legt, sein Vieh in Gefahr bringt und seinen Besitz zerstört. So jemand ist nach meiner Meinung verrückt. In der Art nämlich, dass er nicht mehr mit den Augen der Anderen sehen kann. Und ich glaube, sie werden mit ihm nichts anderes tun, als was die meisten Menschen für richtig halten.
    Aber es ist doch eine Schande. Die Leute scheinen von der alten rechten Lehre abzukommen, die doch sagt, man soll die Nägel gründlich einschlagen und die Kanten immer gut abgraten, als wär’s für den eigenen Gebrauch und die eigene Behaglichkeit gemacht. Sieht so aus, als ob die einen die glatten und sauberen Bretter haben, um damit ein Verwaltungsgebäude zu bauen, und die andern haben nicht mehr als splittriges Abfallholz, grad gut genug, um einen Hühnerstall zusammenzuklopfen. Aber es ist besser, einen engen Hühnerstall zu bauen als ein protziges Verwaltungsgebäude, und ob sie beides protzig bauen oder beides nach dem rechten Maß, keines von beidem, sei es das eine oder das andere, wird für die Menschen zum Besseren oder zum Schlechteren sein.
    Wir fuhren die Straße rauf auf den Platz zu, und er sagte: «Besser, wir bringen Cash erst zum Arzt. Wir können ihn dalassen und ihn später abholen.» Das ist es. Das ist so, weil er und ich kurz hintereinander geboren sind und fast zehn Jahre vergingen, bis Jewel und Dewey Dell und Vardaman kamen. Ich fühle mich mit ihnen verwandt, das schon, aber ich weiß nicht. Ich bin der Älteste, und schon der Gedanke, was er getan hat: ich weiß nicht.
    Pa sah mich an, dann ihn und machte die mümmelnden Bewegungen mit seinem Mund.
    «Fahr weiter», sagte ich. «Wir wollen es erst hinter uns bringen.»
    «Sie würde wollen, dass wir alle dabei sind», sagte Pa.
    «Lass uns Cash erst zum Doktor bringen», sagte Darl. «Sie wartet so lange. Sie hat schon neun Tage gewartet.»
    «Ihr versteht das alle nicht», sagt Pa. «Der Mensch, mit dem man jung war und mit dem man alt wurde und der auch alt wurde, mit dir, und wie man das Alter hat näherkommen sehen, und dann ist da dieser eine Mensch, der dir sagt, es macht doch nichts, und man weiß, das ist die Wahrheit in der harten Welt, und all der Kummer und die Prüfungen, die ein Mann aushalten muss. Ihr versteht das alle nicht.»
    «Wir müssen auch noch das Grab ausheben», sagte ich.
    «Armstid und Gillespie haben dir beide gesagt, du sollst uns vorher anmelden», sagte Darl. «Willst du nicht gleich zu Peabody, Cash?»
    «Fahrt weiter», sagte ich. «Mir ist ganz wohl jetzt. Es ist immer gut, man macht alles in der richtigen Reihenfolge.»
    «Wenn’s bloß schon ausgehoben wär», sagt Pa. «Wir haben außerdem unsern Spaten vergessen.»
    «Ja», sagte Darl. «Ich geh in den Eisenwarenladen. Wir müssen einen kaufen.»
    «Das kostet Geld», sagt Pa.
    «Gönnst du’s ihr nicht?», sagt Darl.
    «Geh und kauf einen Spaten», sagte Jewel. «Halt hier an, gib mir das Geld.»
    Aber Pa hielt nicht an. «Ich denk, wir kriegen schon einen Spaten», sagte er. «Ich bin sicher, es gibt Christen hier.» Da schwieg Darl, und wir fuhren weiter, Jewel hockte am Wagenende und ließ den Blick nicht von Darls Hinterkopf. Er sah aus wie eine Bulldogge, wie einer dieser Hunde, die nie jemanden anbellen, aber an die Leine gelegt, die Beute belauern, auf die sie es abgesehen haben.
    Die ganze Zeit, während wir vor Mrs. Bundrens Haus warteten und Musik hörten, saß er so da und starrte mit seinen harten weißen Augen auf Darls Hinterkopf.
    Die Musik kam aus dem Haus, von einem Grammophon, es klang so echt, als ob eine Band spielte.
    «Willst du zu Peabody?», sagte Darl. «Sie können hier warten und es Pa sagen, und ich bring dich zu Peabody und komm dann wieder her und hol sie ab.»
    «Nein», sagte ich. Es war besser, sie erst unter die Erde zu bringen, wo wir jetzt so nah am Ziel waren und nur noch warteten, bis Pa sich einen Spaten ausgeliehen hatte. Er war die Straße entlanggefahren, bis wir die Musik hören konnten.
    «Vielleicht haben sie hier einen», sagte er. Vor Mrs. Bundrens Haus zog er die Zügel an. Es war, als ob er’s kannte. Manchmal denke ich, wenn ein arbeitsamer Mensch die Arbeit doch nur so weit voraussehn könnte wie ein Fauler die Faulheit. Er hielt also hier, als ob’s ihm bekannt wär, vor dem kleinen neuen Haus, aus dem die Musik kam. Wir warteten und hörten zu. Ich glaube, ich hätte bei Suratt den Apparat auf fünf Dollar runterhandeln können. Ist was Angenehmes, Musik. «Vielleicht
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