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Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction

Titel: Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
Autoren: Clifford D Simak
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wobei er wusste, dass es keine Legende war – es hatte sich wirklich so zugetragen, und auch der Mutantenmensch Joe war keine Erfindung. Jenkins fragte sich, was mit den Mutanten geschehen war – offenbar nicht besonders viel. Ganz früher hatte es einige wenige gegeben, vielleicht zu wenige, und dann hatte es überhaupt keine mehr gegeben. Und die Erde hatte sich weitergedreht, als ob sie niemals existiert hätten.
    Zugegeben, nicht ganz, als ob sie niemals existiert hätten – es hatte schließlich die Ameisenwelt und Joe gegeben. Die Geschichte ging so: Joe experimentierte mit einem Ameisenhügel. Er stülpte eine Glaskuppel darüber und erwärmte sie, vielleicht stellte er auch noch andere Dinge damit an, ganz bestimmte Dinge, von denen nur Joe etwas wusste. Auf jeden Fall veränderte er dadurch nicht nur die Lebenswelt der Ameisen, sondern pflanzte ihnen auch ein rätselhaftes Streben nach Fortschritt ein, so dass sie mit der Zeit eine intelligente Kultur entwickelten – sofern man behaupten wollte, dass Ameisen über so etwas wie Intelligenz verfügen konnten. Dann kam Joe daher und trat gegen ihr Reich, zerschmetterte die Glaskuppel und brachte den Hügel zum Einsturz – und ging seines Weges, mit dem merkwürdig schrillen, fast schon wahnsinnigen Lachen, das für ihn so typisch war. Er kehrte dem zerstörten Hügel einfach den Rücken, als ob er ihm gleichgültig sei. Doch mit seinem Fußtritt hatte er die Ameisen auf den Weg zu ihrer Größe befördert – denn statt in ihrer Not in ihr altes, dummes Ameisenleben zurückzufallen, kämpften sie darum, ihre Errungenschaften zu bewahren. Wie die Eiszeit des Pleistozäns die menschliche Gattung unsanft zu Weiterentwicklung und Größe getrieben hatte, trat der zerstörerische Fuß des Mutanten Joe die Ameisen in ihre Zukunft.
    Während er darüber nachdachte, wurde Jenkins von einem ernüchternden Gedanken heimgesucht: Wie konnten die Ameisen von dieser Geschichte wissen? Welche Ameise (oder welche Ameisen) hatte damals, vor so langer Zeit, den Tritt aus dem Nichts kommen sehen oder auch nur gespürt? Hatte ein Ameisenastronom durch sein Teleskop gespäht und erkannt, was da auf ihn zukam? Eine lächerliche Vorstellung, denn natürlich konnte es keine Ameisenastronomen geben. Aber trotzdem, wie sonst hätten sie die Verbindung herstellen sollen zwischen dem verschwommenen Schemen, der für einen Moment weit, weit über ihnen schwebte, und dem wahren Ursprung der Kultur, die sie seitdem aufgebaut hatten?
    Jenkins schüttelte den Kopf. Vielleicht würde dieses Geheimnis niemals gelüftet werden. Auf irgendeine Weise hatten die Ameisen jedenfalls Bescheid gewusst – und deshalb auf jedem Hügel ein Symbol errichtet, das diesen mystischen Schemen widerspiegelte. Sollte das ein Denkmal sein, oder hatte es eine religiöse Funktion? Vielleicht war es auch etwas ganz und gar anderes, dessen mysteriösen Sinn oder Zweck nur eine Ameise erfassen konnte.
    Als er so seinen Gedanken nachhing, fragte Jenkins sich, ob die Ameisen das Webster-Haus eventuell genau deshalb verschont hatten – weil sie die wahren Ursprünge ihrer Kultur kannten. Konnte es da einen Zusammenhang geben? Aber er dachte nicht weiter darüber nach, da ihm das Ganze doch zu undurchsichtig vorkam, um weiterverfolgt zu werden.
    Stattdessen drang Jenkins auf den schmalen Pfaden, die sich durch die Hügel wanden, weiter in das Gebäude vor und suchte mit seinen ganzen Sinnen nach Zeichen von Leben. Doch da war nichts, überhaupt nichts, nicht einmal das verschwindend schwache Aufflackern der winzig kleinen Organismen, von denen es in der Erde eigentlich nur so wimmeln sollte.
    Nur Stille und Leere, die sich im Verbund zum Grauen steigerten – doch Jenkins zwang sich, weiterzugehen. Bestimmt, meinte er, würde er bald einen Hinweis auf Leben finden. Kurz überlegte er sogar, ob er durch Rufen auf sich aufmerksam machen sollte, aber sein Verstand sagte ihm, dass die Ameisen seine Rufe sowieso nicht hören konnten, selbst wenn es hier welche gäbe. Außerdem spürte er einen merkwürdigen Widerwillen dagegen, überhaupt ein Geräusch zu machen – als ob er sich an diesem Ort möglichst leise und unauffällig bewegen sollte.
    Alles war tot.
    Sogar der Roboter, den Jenkins fand.
    Er lag auf einem der Wege, mit dem Rücken an einen Ameisenhügel gelehnt; Jenkins entdeckte ihn, als er den Hügel umrundete. Seine Glieder hingen schlaff herab, wenn man einen Roboter überhaupt als schlaff bezeichnen konnte.
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