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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen
Autoren: A Beer
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gerade benommen wieder aufrichtete. Ihr Kreischen zerriss die Luft und bohrte sich wie glühende Nadeln in Maries Kopf, bevor es in einem spitzen Wimmern verebbte.
    Schwer atmend blieb Marie stehen, während der dürre Körper auf dem Boden aufschlug und reglos liegen blieb. Innerhalb von Sekunden schrumpfte die Frauengestalt zusammen, vertrocknete, verschrumpelte und fiel schließlich auseinander, bis nichts als Hunderte lebloser geflügelter Feenkörper in einer Lache aus grünem Blut zurückblieben– das gleiche Schicksal, das kurz zuvor ihre Schwestern geteilt hatten.
    Im Zimmer war es still geworden. Still und dunkel. Das Licht der Feen war verschwunden, das Feuer am Bett und am Fenster verloschen, und nichts als rauchige Schatten füllten den Raum, durchwirkt vom grünlichen Schimmer der Stadt, der von draußen hereindrang. Das Schwert fiel Marie aus den zitternden Händen, die brannten vom ätzenden Blut, das sich in ihre Haut gefressen hatte. Ihr war übel und Schwärze kroch vom Rand ihres Sichtfeldes auf sie zu. Nur mit Mühe konnte sie sich aufrecht halten, aber ihre Gedanken rasten. Es war vorbei– für den Augenblick.
    In diesem Moment hörte sie vom Bett her ein ersticktes Schluchzen. Langsam wandte Marie sich um.
    Lea saß auf der Bettkante unter den schwach glimmenden Resten des Vorhangs und hielt den Kopf des Maskierten in ihrem Schoß. Weiße Haut schimmerte fahl in der Dunkelheit. Die Maske hatte sich gelöst und war von seinem Gesicht geglitten. Gabriels Gesicht. Nur, dass es bleich und schrecklich entstellt war.
    Marie schluckte und musste sich zwingen, nicht sofort hinüberzulaufen und ihn in die Arme zu schließen. Dies war nicht ihr Augenblick. Es war nicht ihre Welt. Und auch nicht ihr maskierter Prinz. Trotzdem zerriss ihr der Anblick fast das Herz.
    Vier lange, blutige Striemen zogen sich quer über die blassen Wangen des Maskierten. Die Feen hatten ihn gezeichnet. Bläuliche Schatten von Blutergüssen verdunkelten die Haut an seinen Armen, und an seinem Hals klaffte eine riesige Wunde, dort, wo die Fee sich in seine Kehle verbissen hatte. Blut quoll in Stößen hervor und befleckte Leas Hände, ihr Kleid, das Bett und den verbrannten Teppich. Sein Atem verließ nur röchelnd und schwach seine Lungen.
    Er würde sterben. Hier, in diesem Zimmer, würde das Leben des Maskierten enden. Marie wusste es mit schrecklicher Gewissheit, und Lea wusste es ebenso. Und keine von ihnen konnte etwas dagegen tun.
    » Geh nicht«, wisperte Lea und vergrub ihr Gesicht in seinem Haar. Ihre Stimme war schwer vor Tränen. » Lass mich nicht zurück.«
    Marie stand stumm in der Mitte des Raumes und wusste nicht, was sie nun tun sollte. Ihr war selbst danach, zu weinen und sich an jemandem festzuklammern. Es war wie damals, auf dem Krankenhausflur. Das gleiche, furchtbare Gefühl der Einsamkeit. Sie war allein. Verloren. Und niemand nahm ihre Trauer wahr.
    Als warme Finger ihren Oberarm berührten, zuckte Marie zusammen. Es war nur ein Gefühl, nur ein winziger Augenblick. Dann war es wieder verschwunden. Hier war niemand, der ihre Hand hätte nehmen können. Aber sie gehörte ja auch nicht hierher. Auf einmal hatte sie schreckliche Sehnsucht nach ihrem Zuhause. Gabriel war noch dort, auf der anderen Seite, erinnerte sie sich. Er wartete darauf, dass sie nach ihm rief, um sie zurückzuholen. Sie musste schnell nach Hause. Und sie musste Lea mitnehmen. Deswegen war sie doch hergekommen, oder etwa nicht?
    Zögernd machte sie ein paar Schritte auf Lea und den Maskierten zu. Er atmete bereits kaum noch. Aber sein Blick war fest auf Lea gerichtet und ließ sie nicht einen Moment lang los. Als Marie sich vorsichtig näherte, hob Lea den Kopf. Über ihren hellblauen Augen hing ein Tränenschleier. Der Zorn war aus ihnen verschwunden und ohnmächtiger Traurigkeit gewichen.
    » Wir müssen hier weg«, flüsterte Marie, wobei sie sich bemühte, so behutsam wie möglich zu sprechen. » Die Geister werden sicher bald hier sein.« Denn dass der Maskierte sie alle besiegt hatte, ehe er ihnen im Kampf gegen die Feen zu Hilfe kam, glaubte Marie nicht. Lea starrte sie an, als begreife sie nicht, was Marie gerade gesagt hatte. Dann aber schüttelte sie heftig den Kopf und ein kleiner Funke der alten Wut kehrte in ihren Blick zurück. » Es gibt keinen Ort, an den ich gehen kann. Verschwinde einfach.« Ihre Stimme brach, und sie grub ihre Finger in die Haare des Maskierten.
    Marie holte mühsam Atem. Sie wusste selbst nicht
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