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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman
Autoren: Caroline Vermalle
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diesem herrlichen Panorama berauschte, erschütterte eine gewaltige Explosion irgendwo im Universum die Unendlichkeit. Doch es würde viele Generationen dauern, bis eines Tages irgendjemand das Licht erkennen würde.

EPILOG
    Battery Park, New York, 10. Dezember
    Liebe Perpétue,
    ich schreibe Ihnen aus New York. Die Bucht des Hudson schimmert hinter den Häusern meines Viertels, und während die Familien unten in den Straßen Weihnachtsgeschenke kaufen, sitze ich träumend mit einem heißen Kakao und einem leckeren Stück Apfelkuchen am Fenster und denke an Sie und an meine kleinen Patenkinder in Benin. Was haben sie in der Schule für Weihnachten vorbereitet? Ich habe Nachrichten von Yewande und ihrem Enkelsohn. Sie war so freundlich, mir ein Foto zu schicken. Was für ein süßer Knirps! Zudem habe ich erfahren, dass Armand seine Magisterprüfung abgelegt hat. Ich bin sehr stolz auf ihn. Von Marius hingegen habe ich nichts mehr gehört, seitdem er in der Autoreparaturwerkstatt Djossou arbeitet. Wissen Sie, ob er seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht hat? Und haben Bernadette, Oscar, Adja und Yoannie gute Zeugnisse bekommen? Ichdenke so oft an sie. Wie gerne würde ich ihnen eines Tages New York zeigen, diese magische Stadt, die mich aufgenommen hat – eine alte Dame mit einer strahlenden Zukunft.
    Ich habe nicht gewagt, es Ihnen zu sagen, aber in den letzten acht Monaten war ich damit beschäftigt, einen Roman zu schreiben. Heute erlaube ich mir, Ihnen das Manuskript zu schicken. Ich würde mich riesig freuen, Ihre Meinung zu hören, an der mir sehr viel liegt. Den Roman habe ich in gewisser Weise auch für mich geschrieben, aber ich widme ihn vor allem den beiden Menschen, die mir immer lieb und teuer waren: Marcel und Nane. Falls dieses Manuskript eines Tages einen Verleger findet, ändere ich vielleicht ihre Namen. Bis jetzt konnte ich mich noch nicht dazu entschließen.
    Sie fragen sich sicher, welche Teile des Romans der Wahrheit entsprechen und welche nicht. Es fällt mir schwer, es preiszugeben, aber Ihnen möchte ich es gerne verraten.
    Sie und meine Patenkinder gibt es wirklich, und dafür bin ich Gott jeden Tag dankbar. Habe ich Ihr Land in Afrika, das ich leider niemals kennenlernen durfte, treffend beschrieben? Und unsere Brieffreundschaft, die uns seit dreißig Jahren verbindet, habe ich Ihnen jemals gesagt, liebe Perpétue, wie wichtig sie für mein Leben war? Sie hat mich in der Einsamkeit meiner Ehe wie ein ferner Leuchtturm begleitet. Es wird Sie vielleicht erstaunen, aber es stimmt alles, was ich über mich geschrieben habe. All die Tränen, die ich wegen dieses Kindes vergossen habe, das niemals das Licht der Welt erblicken durfte, dieses Bedauern, das mein Leben bestimmt hat wie ein schlechter Regisseur, auch das ist alles wahr. Diese Zeilen, die Sie sicherlich ungeschickt finden, könnten meine persönlichen Memoiren sein. Ich habe sie jedoch mit Kapiteln ausgeschmückt, die manch einer vielleicht für frei erfunden halten mag.
    Paul und unser Glück, dem nur wenige Monate Dauer vergönnt war und über das wir fast sechzig Jahre Stillschweigen bewahrt haben, gibt es natürlich wirklich. Auch Renées Tod, Pauls Flug nach New York und dieser Stern, auf den er so lange gewartet und den er endlich gefunden hat, entsprechen der Wahrheit. Die ganze Geschichte von Paul, dem Mann, den ich immer geliebt habe, ist wahr. Es stimmt alles bis auf eine Kleinigkeit. Er hat Marcel nicht an den Ausgangspunkt seiner Loire-Tour begleitet, weil es diese Tour niemals gab.
    Wie Sie wissen, starb Marcel nach dem Zusammenbruch in der Nacht meines Geburtstags in Erquy. Ich glaube, es wäre sein Wunsch gewesen, im kalten Wasser der Bretagne zu sterben, aber wenigstens musste er nicht leiden. So sagt man doch immer, nicht wahr? Als ich mich nach der Beerdigung damit befasste, alles, was er hinterlassen hatte, zu sortieren, fand ich zahlreiche Spuren einer Sehnsucht, die er mir immer verschwiegen hat, und eines niemals verwirklichten Traums. Überall lagen Notizen, Artikel, Zeichnungen, Ausdrucke und Broschüren. Seine Pläne hatten immer etwas mit der Loire zu tun. Die Unterlagen waren überall verstreut, zwischen wichtigen und unwichtigen Papieren. Sogar auf den Rückseiten von Briefumschlägen fand ich Notizen. Allmählich erinnerte ichmich wieder, dass er davon sprach, als wir jung waren. Wie hatte ich diese ganzen Papiere nur übersehen können? Zuerst spürte ich einfach nur Bedauern, dass er es nicht getan
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