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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend
Autoren: Jeffery Deaver
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ließ, dass jemand unterbewusst nach einem Fluchtweg suchte, um sich einer Stresssituation zu entziehen.
    »Sieh mal«, sagte sie und deutete auf einen weiteren Swimmingpool. Es schien hier insgesamt vier zu geben.
    »Wie Disneyland für Erwachsene. Ich habe gehört, dass viele Rockmusiker gern hier absteigen.«
    »Wirklich?« Sie runzelte die Stirn.
    »Wieso denn nicht?«
    »Die Häuser sind ebenerdig. Da macht es ja gar keinen Spaß, sich zuzudröhnen und Fernseher oder Möbel aus dem Fenster zu werfen.«
    »Wir sind hier in Carmel«, rief O'Neil ihr ins Gedächtnis. »Hier gilt man schon als wild, wenn man den Müll nicht ordnungsgemäß trennt.«
    Dance hatte eine schlagfertige Erwiderung auf der Zunge, sagte jedoch nichts. Diese Scherze machten sie nur noch nervöser.
    Sie blieb neben einer Palme stehen, deren Blätter wie scharfe Klingen aussahen. »Wohin müssen wir?«
    Der Deputy sah auf einen Zettel, orientierte sich und deutete auf eines der Häuser weiter hinten. »Dahin.«
    Vor der Tür hielten O'Neil und Dance inne. Er atmete tief durch und zog eine Augenbraue hoch. »Ich glaube, wir sind da.«
    Dance lachte. »Ich komme mir wie ein Teenager vor.«
    Der Deputy klopfte an.
    Es dauerte einen Moment, dann öffnete sich die Tür. Im Eingang stand ein schmaler Mann von ungefähr fünfzig Jahren mit dunkler Hose, weißem Hemd und gestreifter Krawatte.
    »Michael, Kathryn. Pünktlich auf die Minute. Bitte treten Sie ein.«
     
    Ernest Seybold, ein erfolgreicher leitender Staatsanwalt aus Los Angeles County, winkte sie herein. Im Zimmer saß eine Gerichtsstenografin neben ihrem dreibeinigen Arbeitsgerät. Eine zweite junge Frau erhob sich und begrüßte die Neuankömmlinge. Seybold stellte sie als seine Mitarbeiterin aus L. A. vor.
    Dance und O'Neil hatten diesen Monat einen Fall in Monterey bearbeitet - der verurteilte Kultführer und Mörder Daniel Pell war aus der Haft entflohen und auf der Halbinsel geblieben, weil er es auf weitere Opfer abgesehen hatte. Im Zuge der Ermittlungen hatten Dance und ihre Kollegen erkennen müssen, dass es sich bei einem der Beteiligten um eine völlig andere Person handelte als anfänglich gedacht. Als Konsequenz daraus war es unter anderem zu einem weiteren Mord gekommen.
    Dance wollte den Täter unbedingt zur Rechenschaft ziehen. Doch es wurde viel Druck ausgeübt, die Sache nicht weiter zu verfolgen - seitens einiger sehr mächtiger Organisationen. Dance hingegen ließ sich nicht beirren, und als die Staatsanwaltschaft von Monterey County es ablehnte, den Fall vor Gericht zu bringen, wandten sie und O'Neil sich an die Behörden in Los Angeles, denn sie hatten erfahren, dass der Täter dort früher schon gemordet hatte. Staatsanwalt Seybold, der nicht nur regelmäßig mit Dances Arbeitgeber, dem California Bureau of Investigation, zusammenarbeitete, sondern außerdem mit Dance befreundet war, willigte ein, in L. A. Anklage zu erheben.
    Da manche der Zeugen sich jedoch in Monterey und Umgebung aufhielten, darunter auch Dance und O'Neil, war Seybold für einen Tag angereist, um ihre Aussagen zu Protokoll zu nehmen. Der konspirative Charakter dieses Treffens war den zahlreichen Beziehungen und dem guten Ruf des Täters geschuldet. Vorläufig wurde sogar nicht einmal der richtige Name des Mörders benutzt; intern lief der Fall als Das Volk gegen J. Doe.
    »Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es ein Problem geben könnte«, sagte Seybold, als sie sich setzten.
    Das flaue Gefühl, das Dance zuvor empfunden hatte - dass etwas schiefgehen würde -, kehrte zurück.
    »Die Verteidigung hat den Antrag gestellt, den Fall wegen angeblicher Immunität des Beklagten abzuweisen«, fuhr der Staatsanwalt fort. »Ich kann beim besten Willen nicht beurteilen, wie groß die Chancen dafür sind. Die Anhörung wurde für übermorgen anberaumt.«
    Dance schloss die Augen. »Nein.« Neben ihr atmete O'Neil verärgert aus.
    All die Mühe...
    Sollte er davonkommen..., dachte Dance, bis ihr klar wurde, dass sie nichts hinzuzufügen hatte, außer: Sollte er davonkommen, dann habe ich verloren.
    Sie spürte, dass ihr Unterkiefer bebte.
    »Eines meiner Teams arbeitet bereits an unserer Erwiderung«, sagte Seybold dann. »Die Leute sind gut. Die besten der ganzen Behörde.«
    »Strengt euch an, Ernie«, sagte Dance. »Ich will diesen Kerl. Ich will ihn um jeden Preis.«
    »Das wollen viele, Kathryn. Wir tun alles, was in unserer Macht steht.«
    Sollte er davonkommen...
    »Ich gehe weiterhin davon aus,
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