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Allmen und die verschwundene María

Allmen und die verschwundene María

Titel: Allmen und die verschwundene María
Autoren: Martin Suter
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er vorwurfsvoll.
    Sie nickte. »Ich habe das Bild bei Erlbaum abgeholt und ihn bezahlt. Zweihundertachtzigtausend wollte er. Restauriert. Da kann man nichts sagen.«
    Allmen konnte nicht anders, als die Schlitzohrigkeit des alten Restaurators zu bewundern. [218]  Inszenierte einen Einbruchdiebstahl und kassierte gleich zweimal.
    Für Talfelds Doppelspiel hatte er hingegen weniger Verständnis. Er wurde etwas laut, als er fragte:
    »Und weshalb haben Sie mich nicht sofort benachrichtigt?«
    »Es war eine Frage der Loyalität.«
    »Ist Ihnen klar, dass Sie damit das Leben von María Moreno aufs Spiel gesetzt haben? Von der Alten hätte ich nicht mehr Menschlichkeit erwartet. Aber von Ihnen schon!«
    Sie hob die Schultern. »Jetzt haben Sie das Bild ja und können es gegen die Geisel austauschen.«
    Allmen fasste sich.
    »Die Geisel ist frei.«
    »Na sehen Sie.«
    Allmen stand auf. »Sie haben mir einmal gesagt, Sie seien ein bisschen käuflich. Darf ich fragen, was der Preis dafür war?«
    Cheryl Talfeld breitete die Arme aus. »Das da. Das alles.«
    »Zu billig«, sagte Allmen und ging zur Tür.
    »Und das Bild?«, rief sie ihm nach.
    »Passt besser zu Ihnen!«
    Im Lift überschlug er kurz, was er auf dem Schwarzmarkt für das Bild bekommen hätte, und ärgerte sich ein bisschen. Aber dann verbuchte er [219]  den Betrag unter ausgegeben, und der Ärger war verflogen.
    Denn Reichtum maß er nicht daran, wie viel Geld jemand hatte. Sondern daran, wie viel Geld jemand ausgab.
    19
    María Moreno war kein Fall für Zwangsmaßnahmen, eine einfache Wegweisung genügte. Und weil sie ihr Folge leisten wollte, drohte ihr auch keine Ausschaffungshaft und keine Zwangsausschaffung. Sie reiste Business Class und mit elegantem Gepäck, beides with the compliments of Señor von Allmen. Der Beamte des Migrationsamtes, der dafür sorgte, dass alles seine Ordnung hatte, hielt sich diskret im Hintergrund.
    Der andere Begleiter war Johann Friedrich von Allmen persönlich. Carlos de Leon war nicht dabei. Ein internationaler Flughafen war als Aufenthaltsort für einen Illegalen ein zu heißes Pflaster. María und Carlos hatten sich in der vergangenen Nacht zu Hause verabschiedet. Intensiv, wie Allmen als Mitbewohner des hellhörigen Gärtnerhäuschens bezeugen konnte.
    Das Problem war gewesen, dass María zur [220]  Fahndung ausgeschrieben war. Damit war ihr Fall aktenkundig, und ihr Wiederauftauchen konnte nicht verschwiegen werden. Selbst der tolerante Detektivwachtmeister Gobler war da machtlos.
    María musste ausreisen, sobald sie wiederhergestellt war. Was sich nicht sehr lange hinauszögern ließ, denn María war tatsächlich eine starke Frau.
    Davon konnte auch Due ein Liedchen singen, der bullige Entführer. María hatte sich mit ihrer zweifachen Flucht selbst bei den Mitgliedern der Interventionseinheit Puma Respekt verschafft.
    Sie tranken etwas in der Farewell Bar, María eine Cola, Allmen, da es von der Optik her gut passte, einen Cuba Libre.
    María war an diesem Tag ungewöhnlich still. Beide sahen immer wieder verstohlen auf die Uhr, die an der Wand gegenüber hing.
    »Ich werde auf ihn aufpassen«, sagte Allmen einmal.
    Sie lächelte. »Er auf Sie.«
    Und sie war es, die – um einiges zu früh – zum Aufbruch drängte.
    Dort, wo Allmen nicht mehr weiter durfte, gaben sie sich die Hand. Plötzlich umklammerte sie ihn und wollte nicht mehr loslassen. Als sie sich endlich von ihm löste, hatte sie Tränen in den Augen. Allmen auch.
    [221]  »No es para siempre«, sagten beide. Es ist nicht für immer.
    Er sah sie an der Seite des Beamten durch eine automatische Schiebetür gehen und noch einmal zurückwinken, bevor sie verschwand.
    Als er zur Villa Schwarzacker zurückkam, saß Carlos auf dem Aufsitzmäher. Allmen winkte ihm zu.
    Aber Carlos hielt den Kopf gesenkt und tat, als sehe er ihn nicht.

[223]  Epilog
    Es war Sommer geworden. Herrn Arnolds Cadillac fuhr mit sanftem Schaukeln über das holperige Sträßchen. Vorbei an kleinen Fachwerkhäusern und frischgemähten Wiesen.
    Es war ein Tag zum Heuen, und viele Bauern taten dies auch. Und wie an einem richtigen Heutag hatten sich im Westen bereits mächtige Wolken zu drohenden Fronten aufgetürmt.
    Herr Arnold hatte eine CD von Glenn Miller eingelegt, Allmen war kein triftiger Grund eingefallen, nein zu sagen, als er ihn um Erlaubnis gefragt hatte.
    Er kannte diese grenznahe Ecke des Elsass nur von ein paar Ausflügen mit seinem Vater früher zur Spargelsaison. Aber
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