Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)
Autoren: Franka Potente
Vom Netzwerk:
fixierten ihn. Langsam zog die junge Frau an der Zigarette, während sie das Fenster herunterließ.
    Der Filter war feucht, als er daran zog. Ihm wurde schwindelig, und er musste heftig husten.
    Ein breites Grinsen aus dem Auto. Zahnlücke. Sexy.
    »Ich nehm eins davon.« Sie zeigte auf die Heineken.
    »Gute Wahl!«
    Das Bier war noch kalt. Sie prostete ihm zu.
    »Aida.«
    Toller Name, dachte er und sagte: »Wie die Oper.«
    Sie schloss die Augen, seufzte behaglich. »Wieso macht ein kaltes Bier gleich alles besser?«
    »Ja, ganz schön heiß heute …« Er hatte keine Übung mehr in Smalltalk.
    »Zu heiß, um im Auto zu sitzen.« Er lächelte sie an.
    »Hey, was ist denn hier los?« Der blonde Typ trug Badelatschen. War aus dem Haus gekommen, Peters Haus. Er reckte angriffslustig sein Kinn und verschränkte die Arme.
    Kanadischer Akzent. Die rötlichen Oberarme waren tätowiert, dazwischen Sommersprossen. Nackter Oberkörper. Er trat nah an Tim heran, der noch immer zum Auto heruntergebeugt stand. Es roch nach Schweiß, Bier und billigem Aftershave.
    Tim blickte Aida an, ihr Gesicht hatte wieder den bockigen Ausdruck angenommen.
    Er leerte sein Heineken und richtete sich auf. Überragte den Kanadier um zwei Köpfe.
    Eingeschüchtert trat der andere ein paar Schritte zurück. Hob beschwichtigend die Hände.
    Aus dem Auto kam ein unterdrücktes Kichern.
    Tim nickte dem Mädchen zu. Amüsiert. Die leere Dose gab er dem Blonden in die Hand. »Wärst du so nett …?«
    Im Haus hatte die Aircondition ihre Wirkung getan. Tim zog sich bis auf die Boxershorts aus. Die Sachen ließ er im Flur liegen. Aber der Karton musste weg. Aus seinem Blickfeld verschwinden. Unterm Küchenschrank war noch Platz. Hinter den Spaghettitöpfen.

2
    Als er gegen Mittag erwachte, schmerzte sein Kopf. Er rutschte vom Sofa und schlug mit dem Knie auf die Fliesen. Zwei Bierflaschen fielen klirrend um. Er blinzelte, rieb sich den Kopf.
    Im Wohnzimmer war es hell. Hell und kalt. Die Aircondition war noch immer voll aufgedreht, die Vorhänge halb geöffnet. Sein rechtes Bein war eingeschlafen, der Nacken steif.
    Langsam kam er zu sich. Im Fernsehen stritten sich zwei Mädchen, die nur mit Slip bekleidet waren. Reality- TV samstagmorgens. Er richtete sich auf und setzte die Füße auf den Boden. Er konnte die Fernbedienung nicht finden. Überall lagen leere Bierflaschen, der Scotch stand vor der Couch, Chipskrümel klebten ihm unter den Füßen.
    Fehlte das Glas im Vitrinenschrank? Angestrengt kniff er die Augen zusammen. Es fehlte tatsächlich, ebenso die Weingläser.
    Kleine Splitter glitzerten am Boden in einem Sonnenstrahl. Scherben lagen verstreut im Raum. Ein Teil seines Traums kam zurück. Die Faust im Glas.
    Ungläubig starrte er auf die Splitter. Bemerkte dann das getrocknete Blut an den Knöcheln seiner rechten Hand. Er hatte nicht geträumt.
    Bier, Scotch, eine alte Flasche Rum, irgendwann hatte er alles getrunken, alles, was im Haus war. Nachdem er das Bier geleert hatte, war ihm Liz’ Nachricht wieder in die Hände gefallen. Ein Abschiedsbrief. Eher eine kurze Notiz.
    Dann war das Bild wiedergekommen, Liz’ Schuhabsatz im Rasen, die braune Hand am Steuer. Die Erinnerungen der letzten Tage. Das Gespräch mit Frank im Büro. Das geheuchelte Mitleid in seiner Stimme: »Soll dir jemand beim Packen helfen?«
    Matt ließ er sich auf die Couch zurückfallen. Er schloss die Augen. Stilles, schwarzes Nichts. Noch vor einer Woche hatten Zahlen, Anrufe, Gesprächsfetzen in seinem Kopf gewirbelt. Jetzt war es erschreckend still.
    Von Weitem hörte er Vogelzwitschern. Der Garten beherbergte um diese Jahreszeit Spatzen und Wanderdrosseln.
    Auf steifen Beinen stakste er hinaus ins Licht. Vielleicht würde er den Pool wieder füllen lassen. Es würde bestimmt noch acht Wochen lang warm sein. Schwimmen tat gut.
    Neben der kleinen Bank fand er einen alten Zigarettenstummel. Hatte Liz geraucht? Sie hatte oft abends hier gesessen, wenn er nach Hause kam. Wie war dein Tag? Seine Standardfrage. Lächelnd hatte sie unmerklich mit den Schultern gezuckt. Im Kühlschrank ist noch Lasagne.
    Was hatte sie tagsüber gemacht? Er hatte nie nachgefragt, nicht ernsthaft jedenfalls.
    Fuck. Sie hätten abends zusammen draußen rauchen können. Ein Glas Rotwein dazu. Das hätte ihm gefallen. Verdammt, er war ein echtes Arschloch gewesen.
    Er setzte Kaffee auf, als es an der Haustür klingelte. Ein kurzer Blick durchs Küchenfenster. Eine Frau, graues Kostüm. Er konnte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher