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Alles oder nichts

Alles oder nichts

Titel: Alles oder nichts
Autoren: A. A. Fair
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Gelderfield verabredet hatte. Mechanisch sah ich nach dem Sekundenzeiger auf meiner Uhr, konnte ihn aber nicht erkennen. Mühsam erhob ich mich. Das Gehen fiel mir unsagbar schwer. Ich konnte mich nur taumelnd vorwärts bewegen. Beim Verlassen des Zimmers stieß ich mit der Schulter wieder gegen den Türrahmen. Als ich die Treppe hinunterging, versuchte ich mich zu beeilen, ohne dabei zu fallen, aber ich stolperte über meine eigenen Beine und fiel die letzten Stufen hinunter. Dabei schlug ich mit dem Schienbein gegen eine Stufe. Der Schmerz half mir, wach zu bleiben. Ich taumelte so schnell, wie es mir möglich war, auf das Telefon zu. Es klingelte wieder, als ich es erreichte. Das mußte Dr. Gelderfield sein.
    Ich nahm den Hörer auf, aber dann stand ich ratlos da, konnte mich nicht an die Worte erinnern, die man sagt, wenn man einen Telefonanruf beantwortet. Schließlich stammelte ich ein kraftloses »Ja«.
    Dr. Gelderfields klare, sachliche Stimme tönte mir vom anderen Ende der Leitung ins Ohr: »Sind Sie da, Lam?«
    »Ja.«
    »Hier ist Gelderfield, Lam. Die Schnur, von der Sie sprachen, ist tatsächlich verschwunden. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja.«
    »Aber haben Sie keine Sorge. Ich habe das ganze Korsett an mich genommen. Der Klopfer ist auch an seinem Platz. Hallo, Lam? Hören Sie mich?«
    »Ja.«
    Plötzlich klang seine Stimme sehr besorgt. »Fehlt Ihnen etwas, Lam?« fragte er.
    »Nein, nein, ich glaube nicht...« Die Zunge lag mir wie Blei im Mund, und ich konnte kaum einen Laut bilden.
    »Sie haben doch nicht zuviel Whisky getrunken?«
    »Nein ...ich weiß nicht...nein.«
    »Sie sprechen, als ob Sie sehr müde wären.«
    »Ich bin schrecklich müde.«
    »Lam, lassen Sie mich jetzt nicht im Stich. Es steht zu viel auf dem Spiel. Sie wissen doch, welches Wagnis ich eingegangen bin«, vernahm ich Gelderfields drängende Stimme.
    »Ja - nein -«
    »Haben Sie noch mehr getrunken, Lam?«
    »Nur noch ein Glas - nur eins -«
    »War das bestimmt alles?«
    »Ja.«
    »War es viel?«
    »Ich...ich glaube, ja.«
    Gereizt sagte er: »Sie haben zuviel getrunken, Lam. Es ist unverantwortlich von Ihnen. Tun Sie mir einen Gefallen, gießen Sie den Rest der Flasche sofort in der Küche in das Spülbecken. Rühren Sie keinen Tropfen mehr an. Versprechen Sie mir das, Lam?«
    »Ja...ja...«, antwortete ich mühsam und drückte die Gabel des Telefonapparates hinunter und unterbrach damit das Gespräch.
    Ich wartete lange genug, bis die Leitung wieder frei war. In meinem Kopf fing es laut an zu dröhnen. Ich hatte das Gefühl, als sei im Innern meines Kopfes eine Kugel, die langsam begann, sich um ihre Achse zu drehen, und deren Umdrehungen immer schneller wurden. Mit aller Gewalt versuchte ich, dieses Drehen zu bremsen, aber es war vergebens.
    Halt suchend, streckte ich die linke Hand aus und griff in die schwere Portiere am Fenster. Ich klammerte mich daran fest. Dann hob ich die rechte Hand zum Telefon, um zu wählen. Ich wußte nur das eine, daß ich sofort die Nummer des Polizeipräsidiums wählen mußte.
    Mir schienen Stunden zu vergehen, ehe sich eine klare, weibliche Stimme meldete: »Polizeipräsidium.«
    »Inspektor Lisman — Lisman — Mord...«, stammelte ich schwerfällig und versuchte, jeden Laut so klar wie möglich herauszubringen.
    Ich konnte jetzt kaum noch etwas verstehen. Neben meinen Ohren schien ein mächtiger Wasserfall zu rauschen, dessen Getöse alles andere übertönte. Durch dieses Tosen klang schließlich eine männliche Stimme: »Hier Polizeipräsidium.«
    »Inspektor Lisman - Lisman - Mord...«, stammelte ich wieder.
    Aus dem Hörer schien das Echo meiner Worte in meine Ohren zu klingen. »Lisman - Lisman - hier spricht Lisman...hallo, hier Lisman. Wer ist dort? Was wollen Sie?«
    Mit einer letzten gewaltigen Anstrengung sammelte ich noch einmal alle Kraft, die mir übriggeblieben war. »Hier Donald Lam. - Ich bin im Haus von Dr. Gelderfield. - Ich habe Mrs. Devarest vergiftet. -Ich habe Dr. Gelderfields Vater vergiftet - ich habe - vergiftet - vergift ...« Das Dröhnen in meinem Kopf nahm an Lautstärke zu. Die Kugel in meinem Schädel rotierte unaufhaltsam immer schneller und schneller.
    Noch ehe ich auf dem Boden aufschlug, verlor ich das Bewußtsein.

19

    Um mich war ein Summen von Stimmen, das immer lauter wurde, bis es in meinen Ohren dröhnte. Die Stimmen waren mir fremd, die Worte, die sie mir in die Ohren schrien, unverständlich. Hände klatschten mir ins Gesicht. Ich spürte, wie
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