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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
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aufgebaut, und sie waren nicht länger gesonnen, abseits zu stehen und mit anzusehen, wie diese Stadt zu einem Dschungel wurde.
    Hinter den Ausschußmitgliedern schob sich die Menge her, die so lange vor dem Sitzungsgebäude gewartet hatte. Tausend Personen oder mehr kamen zur Plaza, um der Exekution beizuwohnen. Aber immer noch waren diese Menschen, wie in den vorangegangenen Stunden, fast unheimlich ruhig.
    Jenkins wurde zu dem alten Haus aus Lehmziegeln gebracht, das Morse und Vernon einst Kendra als Kaserne bezeichnet hatten. Dort hielten sie an. In tiefem Schweigen traten die neun Männer, die als Henker ausgewählt worden waren, mit einem Strick auf Jenkins zu. Bis jetzt hatte Jenkins eine mürrische Miene zur Schau getragen. Er schien sich darauf zu verlassen, daß seine Spießgesellen eingreifen würden. Mit einemmal begriff er nun, daß seine Freunde zwar Feuer in leeren Räumen legen und in dunklen Gassen Menschen niederschlagen konnten, daß sie jedoch nicht ihr Leben aufs Spiel setzten, wenn es zu kämpfen galt. Als die Schlinge sich herabsenkte, fing er wie ein wildes Tier zu brüllen an. Trotz seiner Fesseln wehrte er sich verzweifelt. Aber die Schlinge wurde ihm um den Hals gelegt.
    Marny, Kendra und Hortensia schauderte es bei dieser Szene.
    Die neun Scharfrichter vollzogen ihre Aufgabe. Jenkins schrie und schlug um sich. Der Strick wurde in die Höhe gezogen, und der schwere ungeschlachte Körper des Banditen verlor den Boden unter seinen Füßen.
    Marny, Kendra und Hortensia zitterten. Sie wußten, daß die Schreie dieses Menschen nicht schrecklicher waren als die jener Opfer, die bei lebendigem Leibe verbrannt waren. Seine Todesqualen konnten auch nicht größer sein als die der ruchlos Hingemordeten. Und dennoch lief den drei Frauen der kalte Schweiß über die Haut.
    Nach ein paar Sekunden baumelte der Körper regungslos am Galgen. Auch jetzt, da die Stimme des Hingerichteten verstummt war, wurde auf der Plaza niemand laut. Ein eisiges Schweigen lag über den Menschen.
    Der Leichnam hing stundenlang am Strick. Diese Nacht war die ruhigste seit langem …
    Marny, Kendra und Hortensia schlossen das Fenster und zogen die Vorhänge zu. Sie fragten sich, ob sie Schlaf finden würden. Endlich beschlossen sie, es vorerst gar nicht zu versuchen. Kendra, die von Kopf bis Fuß bebte, ließ sich in einen Stuhl an Marnys Spieltisch fallen und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Hortensia goß sich an der Bar ihr Glas noch einmal voll. Marny folgte ihr. Kendra hörte das Geklirr der Gläser, dann spürte sie eine Hand auf ihrem Arm und vernahm Marnys Stimme, die ihren Namen aussprach. Sie blickte auf. Marny stand mit einem Glas Brandy vor ihr.
    »Trink das. Keine Widerrede.«
    Kendra gehorchte. Der Brandy erwärmte sie augenblicklich. Marny holte für sich selbst einen Drink und kam mit Hortensia zurück.
    Einige Minuten saßen sie wortlos beisammen. Dann brach Marny plötzlich in ein Lachen aus. Es war ein eigentümliches, ein finsteres Lachen, das sich wie ein Schluchzen anhörte.
    »Um Himmels willen, was ist denn daran so komisch!« begehrte Kendra auf.
    »Nichts«, versetzte Marny. »Aber mir ist etwas Komisches eingefallen. Stellt euch doch einmal vor: In hundert Jahren werden die Leute behaupten, wir hätten in der guten alten Zeit gelebt.«

66
    Als Marny am nächsten Morgen in den Spielsalon kam, wurde dort ungestüm für das Hängen plädiert. Ein paar Männer schüttelten zwar den Kopf, aber es waren eben nur ein paar. Und diese Männer wohnten erst seit kurzem in San Francisco. Sie hatten die Jahre nicht miterlebt, in denen das Verbrechen ungesühnt hatte um sich greifen können. Alle übrigen plädierten nicht bloß fürs Hängen, sie fügten hinzu: »Wenn wir das schon vor einem Jahr getan hätten, wären wir jetzt alle besser dran.«
    Marny war heute müde. Alle waren müde. Keiner hatte ausgeschlafen. Marny war eingeschlummert und wieder aufgewacht, abermals eingedöst und hochgefahren, und so war dies stundenlang gewesen. Als sie schließlich um die Mittagszeit aufgestanden und zum Frühstück in die Küche gegangen war, hatte ihr Lolo mitgeteilt, daß Hiram beizeiten Kendra abgeholt habe.
    Kurz vor Anbruch der Nacht suchte sie wiederum die Küche auf, um ihre gewohnte Schokolade zu schlürfen. Hiram und Pocket warteten bereits auf sie.
    Hiram fragte:
    »Wir wollen uns erkundigen, wie Ihnen nach dieser Nacht zumute ist.«
    Marny seufzte. »Es war eine bedeutungsvolle Nacht, nicht
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