Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
andern Menschen in San Francisco gestanden hat, wieviel sie ihm bedeutet.« Sie schlug die Mappe auf. »Ich habe Bruno Gregg Skizzen anfertigen lassen. Jedes Bild zeigt Dwights Häuser, wie sie heil inmitten der Trümmer stehen.«
    Sie reichte ihm die Skizzen. Pocket betrachtete sie. »Sehr deutlich«, lobte er. »Bruno Gregg versteht sich auf seine Kunst.« Er sah auf. »Marny, diese ganze Sache da – der Brief an Dwight Carson und daß Sie die Bilder haben für ihn machen lassen –, das ist wirklich anständig von Ihnen.«
    Marny lächelte. »Wenn Sie ihm schreiben, dann vergessen Sie auch nicht zu erwähnen, wie rasch der Calico-Palast wieder aufmachen konnte. Auch von Hirams Bank müssen Sie erzählen und von allem Wissenswerten. Schreiben Sie ihm alles, was er Ihrer Meinung nach gern erfahren würde.«
    »Alles«, wiederholte Pocket.
    »Und noch etwas möchte ich Ihnen sagen«, fuhr Marny fort. Sie nahm einen Bleistift und wirbelte ihn zwischen ihren Fingern. »Pocket, wenn Sie über den Calico-Palast schreiben, erwähnen Sie mich nicht besonders. Sie können schreiben: ›Norman und Marny und Hortensia arbeiten wieder wie gewöhnlich.‹ Dann wird er wissen, daß ich seinetwegen nicht zum Fenster hinausgesprungen bin und mir das Genick gebrochen habe – falls er sich überhaupt noch für mich interessieren sollte. Aber vermeiden Sie jede Anspielung darauf, daß er und ich einmal etwas miteinander hatten.«
    »Ich verstehe«, erklärte Pocket.
    Marny blitzte ihn mit ihren grünen Augen voller Hochachtung an. »Ja, ich glaube, Sie verstehen mich. Nicht jeder würde das verstehen. Sie haben das mitbekommen, was die Damen in Philadelphia ›Taktgefühl‹ nennen.«
    Er verzog gut gelaunt die Lippen. »Das hat mir auch noch niemand gesagt.«
    »Sie besitzen Zartgefühl«, beharrte Marny. »Pocket, wenn Dwight diesen Brief erhält, wird er ihn herumzeigen wollen. Falls Sie etwas Spezielles über mich schreiben, wird er das nicht so ohne weiteres tun können. Sie verstehen doch den Unterschied?«
    »Gewiß, Ma'am«, erwiderte Pocket gelassen, »ich verstehe durchaus den Unterschied. Und wissen Sie was, Marny? Ich glaube, Sie haben auch ziemlich viel Taktgefühl mitbekommen.«
    Darauf ging Marny nicht ein.
    »Und Sie lassen auch nicht durchblicken, daß ich den Brief in Auftrag gegeben habe?«
    »Nein. Aber wie machen wir das am besten? Lassen Sie mich einmal nachdenken.« Nach einer Minute schon kam ihm die Idee: »Ich werde ihm schreiben, da seine Gebäude noch stehen, hätte ich keine Veranlassung, mir um meine Buchhandlung Sorgen zu machen, falls diese Strolche noch einmal Feuer legen. Er habe mir eine Last von der Seele genommen. Klingt das glaubwürdig?«
    »Es klingt famos, denn Sie sagen ja die reine Wahrheit. Er hat uns tatsächlich eine Last von der Seele genommen.«
    »Ja, damit haben Sie recht«, betonte Pocket. »Jedesmal, wenn ich mir diese sechs andern Häuser ansehe, werde ich daran erinnert, daß sie feuersicher sind. Also ist fast mit Gewißheit zu sagen, daß auch dieses Haus hier feuersicher ist. Der Gedanke ist erfreulich. Ich hatte in jener Nacht eine schlimme Angst.«
    Marny holte tief Luft. »Pocket, wenn ich an diese Nacht denke, als wir stundenlang in den Hexenkessel starrten und ich mich fragte, was aus dem Calico-Palast geworden sein mochte … ach, Pocket, ich kann Ihnen gar nicht sagen, welche Angst ich hatte.«
    »Sie brauchen es mir nicht zu erzählen«, meinte er mitfühlend. »Ich weiß, wie schwer es für Sie gewesen wäre, wenn Sie ihn verloren hätten.«
    Marny schrak jetzt noch in der Erinnerung daran zusammen. Beide schwiegen eine Weile. Pocket schaute sie wie eine Kameradin an. Endlich sprach er wieder:
    »Wenn Sie einen Safe voller Gold verlieren würden – Gold, das so viel wert ist wie der Calico-Palast –, das wäre ein harter Schlag. Doch bei weitem kein so schmerzlicher Verlust, wie wenn Ihr Calico-Palast zerstört würde.«
    Wieder entstand eine Pause. Dann fragte Marny:
    »Wieso wissen Sie das, Pocket?«
    Er überlegte kurz. »Nun, Ma'am, wenn ein Mensch Geld verliert oder einen Gegenstand, den er mit Geld gekauft hat, dann kann er das Verlorengegangene meist wieder ersetzen, sofern er gesund ist.« Sie lauschte stumm. Pocket fuhr fort:
    »Wenn aber ein Mensch etwas verliert, an das er seine Gedanken verwandt, das er geschaffen hat, dann verliert er ein Stück seines eigenen Ichs. Es ist dann so, als sterbe ein Teil seines Wesens.«
    Marny mußte an ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher