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Alles fuer die Katz

Alles fuer die Katz

Titel: Alles fuer die Katz
Autoren: James Herriot
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strich ihr sacht mit dem Finger über die Wange. Einen Augenblick lang reagierte sie sogar, neigte den Kopf zur Seite und rieb ihren Rücken gegen meine Hand, aber bald darauf war es für sie wieder Aufbruchszeit. Sie lief aus dem Haus, sprang rasch die Straße entlang, dann durch eine offene Stelle in der Hecke, und zuletzt sah ich die kleine schwarze Gestalt über das regennasse Gras einer Wiese huschen.
    »Ich möchte wissen, wo sie hinläuft«, murmelte ich halb zu mir selbst.
    »Das haben wir noch nicht herausfinden können«, sagte Mrs. Ainsworth.
    Es müssen fast drei Monate vergangen sein, bis ich wieder von Mrs. Ainsworth hörte, und ich fragte mich schon, warum die Bassets plötzlich so gesund waren, als sie mich anrief.
    Es war am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages, und sie entschuldigte sich. »Mr. Herriot, es tut mir Leid, Sie ausgerechnet heute zu stören.«
    »Ach, es ist nicht weiter schlimm«, sagte ich. »Welcher ist es denn dieses Mal?«
    »Es ist keiner von den Hunden. Es handelt sich... um Debbie.«
    »Debbie? Ist sie bei Ihnen im Haus?«
    »Ja... aber etwas stimmt nicht mit ihr. Bitte kommen Sie doch schnell.«
    Als ich über den Marktplatz fuhr, stellte ich wieder einmal fest, dass Darrowby am Weihnachtstag einer Illustration zu der berühmten Erzählung von Dickens glich. Der Schnee bedeckte die Pflastersteine und die Giebeldächer, die Läden waren geschlossen, und die bunten Lichter der Weihnachtsbäume glänzten aus den Fenstern.
    Mrs. Ainsworth hatte das Wohnzimmer mit Lametta und Stechpalmen geschmückt. Getränke standen auf der Anrichte bereit, und der Duft von Putenbraten, Salbei und Zwiebeln drang aus der Küche durch das Haus.
    Debbie war wieder da, aber dieses Mal lag sie regungslos auf der Seite, und neben ihr kuschelte sich zusammengekauert ein winziges schwarzes Kätzchen.
    Ich schaute verblüfft auf sie nieder. »Was ist denn das?«
    »Es ist seltsam«, erwiderte Mrs. Ainsworth. »Ich habe Debbie wochenlang nicht gesehen, und dann kam sie vor etwa zwei Stunden an – schleppte sich irgendwie in die Küche – und trug das Kätzchen im Maul. Sie ging schnur stracks ins Wohnzimmer und legte es auf den Kaminteppich, und zuerst fand ich es sehr amüsant. Aber dann sah ich, dass etwas nicht in Ordnung war, denn sie hat sich hingelegt und seitdem nicht bewegt.«
    Ich kniete mich auf den Teppich und fuhr Debbie mit der Hand über Hals und Rippen. Sie war magerer als je, ihr Fell war schmutzig und voller Erdklumpen, und sie wehrte sich nicht, als ich ihr behutsam das Maul öffnete. Die Zunge und die Schleimhäute waren anormal blass, und ihre Lippen fühlten sich eiskalt an. Als ich ihr Augenlid herunterzog und die fahlweiße Bindehaut sah, hatte ich eine finstere Vorahnung.
    Ich tastete den Bauch ab und wusste bereits, was ich finden würde: Und da war es auch – eine harte Masse lag in den Eingeweiden. Massives Lymphosarkom. Im Endstadium und hoffnungslos. Ich setzte ihr das Stethoskop auf die Brust und lauschte dem immer schwächer werdenden raschen Pochen des Herzens. Und dann setzte ich mich auf, starrte geistesabwesend in das Feuer und fühlte die Wärme auf meinem Gesicht.
    Mrs. Ainsworths Stimme schien von weit her zu kommen. »Ist sie krank, Mr. Herriot?«
    Ich zögerte. »Ja... ja, sie ist leider sehr krank. Eine bösartige Geschwulst. Ich kann nichts mehr für sie tun. Es tut mir Leid.«
    »Oh!« Sie legte die Hand auf den Mund und sah mich mit großen Augen an. »Sie müssen sie sofort einschläfern. Wir können sie nicht leiden lassen.«
    »Mrs. Ainsworth«, sagte ich, »das ist nicht mehr nötig. Sie stirbt jetzt – sie ist im Koma – sie leidet nicht mehr.«
    »Ach, du armes kleines Ding!«, schluchzte Mrs. Ainsworth. Sie streichelte Debbie den Kopf. »Was sie durchgemacht haben muss. Warum habe ich nicht mehr für sie getan?«
    »Niemand hätte mehr tun können als Sie«, sagte ich.
    »Aber wenn ich sie nur hier behalten hätte – wo sie es bequem hatte. Es muss schrecklich für sie gewesen sein da draußen in der Kälte, als sie so krank war – ich wage gar nicht daran zu denken. Und dann hat sie noch die Kleinen gekriegt – ich... ich frage mich, wie viele sie wohl gehabt haben mag?«
    Ich zuckte die Schultern. »Das werden wir wohl nie wissen. Vielleicht nur das eine hier. Das passiert manchmal. Und sie hat es Ihnen gebracht, nicht wahr?«
    »Ja... das ist wahr... das hat sie... das hat sie getan.«
    Mrs. Ainsworth bückte sich und nahm das Häufchen
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