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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
Autoren: Liane Moriarty
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sozusagen zu meinem Leben. Aber es stellt eine massive Belastung für neue Beziehungen dar. Manche Frauen geraten regelrecht in Panik. Einige sagen am Anfang zwar, es mache ihnen nichts aus, sie kämen schon damit klar, aber dann können sie doch nicht damit umgehen.«
    »Ich schon, ich schaffe das«, sagte Ellen schnell, als handle essich um ein Vorstellungsgespräch, bei dem sie beweisen wollte, dass sie den Anforderungen gewachsen war. Sooft ihr ein Mann von den Fehlern seiner früheren Freundinnen erzählte, wurde in ihr der peinliche Drang geweckt, darauf hinzuweisen, dass sie diese Fehler bestimmt nicht machte.
    Verlegen griff sie nach ihrem Glas und nahm einen kräftigen Schluck Wein. Sie hatte sich gerade eben in die Karten schauen lassen. Im Grunde hatte sie nichts anderes gesagt als: Ich wünsche mir eine Beziehung mit dir.
    Sie starrte angestrengt mit gerunzelter Stirn in ihr Glas. Als sie nach einer ganzen Weile wieder aufblickte, sah sie, dass Patrick lächelte, ein strahlendes Lächeln ungetrübter Freude, das seine Augenwinkel in kleine Fältchen zerknitterte. Er langte über den Tisch und ergriff ihre Hand.
    »Das hoffe ich«, sagte er. »Ich habe nämlich ein wirklich gutes Gefühl dabei. Das mit uns, meine ich. Die Vorstellung von uns beiden.«
    »Die Vorstellung von uns beiden«, wiederholte Ellen.
    Sie ließ die Worte genüsslich auf der Zunge zergehen und schwelgte im beseligenden Gefühl seiner Berührung. So ein Unsinn, dass man jenseits der dreißig in puncto Beziehungen pragmatisch und abgestumpft wurde! Die Berührung seiner Hand überschwemmte ihre Blutbahnen mit Endorphinen. Sie kannte die wissenschaftlichen Erklärungen für das Phänomen Liebe, sie wusste, dass in diesem Moment Glückshormone oder »Liebeschemikalien« (Noradrenalin, Serotonin und Dopamin) in ihrem Gehirn freigesetzt wurden, doch deswegen war sie nicht weniger empfänglich dafür als jeder andere.
    Schön, jetzt hatten sie beide ihre Karten auf den Tisch gelegt.
    »Warum hast du mir gerade heute Abend davon erzählt?«, fragte Ellen. Er malte mit dem Daumen kleine Kreise auf ihre Handfläche. Ellen musste an einen alten Kindervers denken: Dreh dich, kleiner Kreisel, dreh dich immerzu … »Von deiner Stalkerin, meine ich.«
    Sein Daumen hielt abrupt inne. »Ich habe sie gesehen.«
    »Was?« Ellens Blicke huschten suchend durch das Restaurant. »Du meinst, hier?«
    Patrick nickte. »Sie hat an einem Tisch am Fenster gesessen.« Er deutete mit dem Kinn über Ellens Schulter. Als Ellen sich umdrehen wollte, sagte er: »Keine Sorge, sie ist fort.«
    »Was hat sie gemacht? Uns nur beobachtet?«
    Ellen spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. Sie wusste nicht so recht, was sie fühlte. Angst und vielleicht eine Spur prickelnde Erregung.
    »Sie hat eine SMS geschrieben«, antwortete Patrick matt.
    »An dich?«
    »Vermutlich. Ich hab mein Handy ausgeschaltet.«
    »Willst du die Nachricht nicht lesen?«, fragte Ellen, weil sie die Nachricht lesen wollte.
    »Nicht unbedingt«, erwiderte er. »Eigentlich überhaupt nicht.«
    »Wann ist sie gegangen?« Hätte Ellen es früher gewusst, hätte sie die Frau vielleicht sehen können.
    »Sie ist mir gefolgt, als ich zur Toilette ging. Wir haben im Gang ein paar Worte gewechselt. Deshalb hat es so lange gedauert. Sie hat gesagt, dass sie geht, und das hat sie Gott sei Dank auch gemacht.«
    Dann musste sie direkt an ihrem Tisch vorbeigekommen sein! Ellen durchforschte ihr Gedächtnis auf der Suche nach einer Frau, die an ihr vorbeigegangen war, konnte sich jedoch nicht erinnern. Wahrscheinlich hatte sie gerade die Augen zugehabt für ihre Selbsthypnose. Verdammt!
    »Was hat sie gesagt? War es ihr nicht peinlich?«
    »Sie tut jedes Mal so, als ob wir uns rein zufällig begegnet wären. Erbärmlich! Irgendwie erwartet man, dass sie wie eine Verrückte aussieht, mit wirren Haaren und abgerissener Kleidung und so, aber sie sieht ganz normal aus, gefasst und diszipliniert. Manchmal zweifle ich an mir selbst, als würde ich mir das alles nur einbilden. Sie ist eine erfolgreiche Karrierefrau. Eine angesehene Karrierefrau.Kaum zu glauben, oder? Was ihre Kollegen wohl sagen würden, wenn sie wüssten, was sie in ihrer Freizeit tut. Egal. Wollen wir nicht über etwas Erfreulicheres reden? Wie war der Fisch?«
    Machst du Witze?, dachte Ellen. Es gab nichts, über das sie lieber reden wollte. Sie interessierte sich für jede Einzelheit. Sie wollte verstehen, was im Kopf dieser Frau vor sich
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