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Aller Anfang ist Mord

Titel: Aller Anfang ist Mord
Autoren: Jutta Maria Herrmann
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mich zurück und schließe die Augen. Luise und Margot gehören zu meinem Leben, seit ich denken kann. In der Schule nannte man uns das Kleeblatt. Schon damals träumten wir von einer Reise in die Karibik. Das heißt, ich träumte davon. Luise und Margot träumten mir zuliebe mit. Leider wurde nie etwas daraus. Erst fehlte uns das Geld, dann die Zeit, und als wir die Zeit hatten, fehlte immer noch das Geld. Jetzt, auf unsere alten Tage, setzten wir alles auf eine Karte. Schließlich haben wir nichts mehr zu verlieren. Vor allen Dingen ich nicht.
    „Jesusmariajosef!“ Margots aufgeregt hohe Stimme holt mich in die Gegenwart zurück. Sie beugt sich über das Lenkrad und kneift die Augen zusammen.
    „Was ist das denn?“ Mit dem Zeigefinger weist sie nach vorne. Jetzt sehe ich es auch. Es wimmelt von Polizeiautos. Zwei stehen sogar quer über der Straße.
    Luises Kopf taucht in der Lücke zwischen den beiden Vordersitzen auf.
    „Meint ihr, die suchen nach uns?“ Ihre Stimme quietscht vor lauter Aufregung.
    *
    Kasupke ist genervt. Jetzt zockeln die nur noch mit dreißig durch die Gegend, dabei ist hier hundert erlaubt. Er geht vom Gas runter. Keine Sekunde zu früh. Der Wagen mit den Omis bremst abrupt und beginnt ein umständliches Wendemanöver. Meine Fresse, wo hat die denn ihren Führerschein gemacht? Erst jetzt bemerkt er die Polizeisperre. Wegen dem Banküberfall? Nee, so schnell sind die Bullen nicht. Da kennt er sich aus. Er wendet in aller Ruhe und hängt sich an den Mercedes.
    *
    „Und was jetzt?“ Luise klingt, als wäre sie dem Herzinfarkt nahe.
    „Es kommen gleich Nachrichten. Mach mal das Radio an, Margot. Vielleicht bringen die was.“
    Ungeduldig lauschen wir der Wettervorhersage. Regen, Sonne, uns ist das egal. Dann endlich: Terrorwarnung in Schönefeld und Tegel. Die Flughäfen Tegel und Schönefeld mussten aufgrund einer Bombenwarnung heute Morgen für den Publikumsverkehr geschlossen werden. Die Polizei hat die Umgebung der beiden Flughäfen weiträumig gesperrt. Noch ist unklar, wann der normale Flugverkehr wieder aufgenommen werden kann. Unter Umständen könnte es Tage dauern, sagte ein Sprecher der...
    „Und was jetzt?“
    „Du wiederholst dich, Luise“, knurre ich.
    „Helene! So kommen wir nicht weiter.“
    Ich schweige verstockt. Unseren Traum von der Karibik können wir ja wohl vergessen. Die Wohnung haben wir gekündigt, die Möbel verkauft, unsere Konten aufgelöst. Das Wenige, das wir besitzen, befindet sich verteilt auf fünf Koffer hinten im Kofferraum. Nach dem Banküberfall sollte es ohne Umweg zum Flughafen gehen. Und von dort mit einem Last-Minute-Flug direkt in die Karibik. Margots Enkel Tobias hat uns den Tipp gegeben.
    Tropical I-I-Islands singt das Radio. Ich stutze.
    „Was ist das denn?“ Margot und ich sagen das fast synchron.
    Da kennt Luise sich aus.
    „Das tropische Eiland“, erklärt sie uns eifrig, „ist so eine Art Urlaubswelt. In einer riesigen Halle in der Nähe von Wie-heißt-der-Ort-noch-Mal. Jedenfalls gibt es einen Regenwald, jede Menge Strand, Restaurants und so. Die Kinder haben dort letztes Jahr im Herbst ein paar Tage verbracht. Die waren total begeistert.“
    „Deinen Kindern gefällt auch der Ballermann auf Mallorca!“
    „Helene, es reicht“, weist Margot mich scharf zurecht. „Niemand kann etwas dafür, dass unser Plan nicht aufgegangen ist. Das ist einfach Pech.“
    „Jetzt fällt es mir wieder ein: Krausnick heißt der Ort.“ Luise beugt sich vor. Ihr Atem kitzelt mein Ohr. „Warum fahren wir nicht einfach dahin? Wenn wir schon nicht in die Karibik können.“
    „Ja, warum eigentlich nicht?“ Margot nickt. „Wir tauchen da für ein, zwei Tage unter. Und dann versuchen wir unser Glück noch mal.“
    „Je länger wir hier bleiben, desto größer ist die Gefahr, dass wir geschnappt werden.“
    Luise und Margot hören nicht auf mich. Luise fängt an zu singen, Margot stimmt fröhlich ein: Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini schmettern die beiden.
    Genervt verdrehe ich die Augen. Wie kann man nur so bekloppt sein? Ich lehne mich in meinen Sitz zurück, und es dauert nicht lange, da ertappe ich mich dabei, wie ich die Melodie leise mitsumme.
    *
    Wo fahren die denn jetzt hin? Kasupke lenkt mit einer Hand, mit der anderen kratzt er sich ausgiebig den Bauch. Der Mercedes fährt auf einen Parkplatz vor einer riesigen Kuppel. Kasupke kneift die Augen zusammen, staunt. Sieht fast aus wie eine Flugzeughalle. Was wollen die denn
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