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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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weiß.«
    »Du bist betrunken, Wide.«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Deine Familie hat mein Leben zerstört, bevor ich überhaupt angefangen habe zu leben. Verlang nicht, dass ich dich deswegen lieben soll.«
    Wide antwortete nicht. Er sah eine Bewegung im Fenster gegenüber, einen Reflex ... als ob die untergehende Sonne eine Uhr an der gegenüberliegenden Wand getroffen hätte und sie eine halbe Sekunde lang aufblitzen ließ. Für einen Moment packte ihn Angst.
    »Hast du das Gefühl gehabt, unter Aufsicht zu stehen, Holte?«
    »Wovon redest du denn jetzt?«
    »Hast du dich beschattet gefühlt?«
    »Nein, zum Teufel .« Während Holte das sagte, sah Wide, wie das Fenster in Höhe von Holtes Fenster auf der anderen Straßenseite einen Spalt geöffnet wurde. Dann sah er einen hastigen Reflex im selben Fenster und hörte das scharfe Geräusch von zerbrechendem Glas, einmal und dann noch einmal. Schon beim ersten Laut begriff er, was es war, und duckte sich schnell unter den Schreibtisch. Holte blieb sitzen. Wide glitt zur Seite und kroch nach links, um aus dem Fensterbereich zu gelangen. Dann richtete er sich halb auf.
    Die Zuckungen in Holtes Gesicht waren jetzt heftig. Ein dunkler Fleck breitete sich über die Brust seines hellen Hemdes, er neigte sich vor, blieb aber am Schreibtisch sitzen. Es sah aus, als wollte er den Revolver erreichen, aber Wide war nicht sicher. Allerdings war er sicher, dass Holte schwer verletzt war.
    Rasch kroch Wide zu dem Stuhl und zog den schweren Mann in Deckung. Holte atmete kurz und ruckartig und immer schwächer, wie jemand, der bald keine Reserve mehr im Blasebalg hatte. Wide sah sich um und entdeckte ein kleines blaues Kissen auf einem der dunklen Sessel. Dorthin schlängelte er sich, riss das Kissen an sich und dachte, dass es diesem im Übrigen so rau-männlich möblierten Zimmer einen fast neckischen . einen seltsam fremden Zug verlieh.
    Er riss sich sein Hemd herunter, drückte das Kissen gegen Holtes Brust, in die Brust hinein, und band es fest mit dem Hemd ab, fühlte den Puls. Er schlug schwach.
    Er wählte die wohl bekannte Telefonnummer und blieb liegen und drückte das Kissen gegen Holtes Brust und hörte nach einer Weile, wie sich die Sirenen näherten und mit einem letzten Heulen genau unter dem zerbrochenen Fenster verstummten.
    Er schloss die Augen und sah noch, wie sich ein roter Schleier über die Schwärze legte.
    »Wide! Bist du zum Schlafen hergekommen?«
    Er öffnete die Augen und sah Holte auf seinem Stuhl sitzen, die Schultern hochgezogen, das kräftige Gesicht intakt und die Brust weiß und still - der Text auf dem Trikothemd über der linken Brustwarze: Spende Blut, der letzte harte Vokal lief in einem Blutstropfen aus. Das passte gut. Sven Holte war ein Mann der harten Vokale.
    Aber der Anblick . und der Traum . War mit seinem Kopf etwas passiert, nach dem Schlag, den er bekommen hatte? War er tatsächlich für einen Moment eingeschlafen?
    »Ich bin ein wenig müde nach dem, was vor ein paar Wochen bei mir zu Hause passiert ist.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Deine Art, zu feiern, ist ja allgemein bekannt.«
    »Du weißt, wovon ich rede, Holte.«
    »Und ob ich das weiß. Geh jetzt, Wide. Du bist verwirrt.«
    »Ich hab dir vorhin eine Frage gestellt. Hast du dich verfolgt gefühlt?«
    »Erst jetzt.«
    »Vor mehreren Jahren gab es Gerüchte .«
    Holte sagte nichts, aber Wide sah die Nerven an seinem Auge schwach zucken, als ob Sven Holte ein Insekt wegzwinkern wollte.
    »Du könntest verletzlich werden .«
    »So ein Scheißgerede wurde sofort erstickt.«
    »Vielleicht ist das nicht ganz gelungen.«
    »Verschwinde, Wide!«
    Jonathan Wide erhob sich und ging. An der Tür drehte er sich um und sah, wie Holte sich abwandte und aus dem Fenster schaute, der Revolver auf dem Schreibtisch vor ihm schimmerte matt.

33
    Lea Laurelius trat auf wie jemand, der über jede Schuldfrage erhaben ist. Er hatte so viele gesehen, Schuldige, Mitläufer und jene, die daneben gestanden hatten. Und solche, die in eine Situation geraten waren, für die sie keine Verantwortung trugen.
    Sten Ard hatte den obligatorischen Kaffee für das Verhör bestellt, aber sie hatte ihn nicht angerührt. Das Getränk würde bald auf Raumtemperatur abgekühlt sein, also nur unwesentlich kälter als zum Zeitpunkt des Aufbrühens.
    »Wie lange können Sie mich hier behalten?«
    Sie hatte eine Kraft, die darauf hindeutete, dass der Staatsanwalt bei ihr auf Stein gebissen hatte. Roter Stein, dachte

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