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Allem, was gestorben war

Allem, was gestorben war

Titel: Allem, was gestorben war
Autoren: Ake Edwardson
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durch den alten Eingang, stürmte durch widerhallende Korridore, die nach Bohnerwachs und Desinfektionsmitteln rochen, und erreichte einen offenen Aufzug in der Sekunde, bevor sich die Tür schloss. Himmel . .. welches Stockwerk .. . Er rief zwei Krankenschwestern, die ängstlich aussahen, »Intensivstation?« zu, drückte auf den richtigen Knopf, kam richtig an und stieß die Schwingtür mechanisch auf.
    Der uniformierte Polizist auf dem Stuhl am anderen Ende des Korridors trank gerade ein Glas Wasser.
    »Ist jemand zu Holte reingegangen?« Er sah das Fragezeichen im Gesicht des Polizisten und gleichzeitig das Krankenbett an der Wand. Wide riss die Tür zum Zimmer auf und begegnete zwei Ärzten mit Stethoskopen und einigen Instrumenten um den Hals und einer Krankenschwester mit einem kleinen Tablett. Alle drei waren dabei, den Raum zu verlassen. Tiefer drinnen im Raum eine vierte Person in Weiß, auch mit einem Stethoskop und der untere Teil des Gesichtes bedeckt von einem grünlichen Mundschutz. Die Ohren, denen die Ohrläppchen fehlten, traten noch deutlicher unter den Bändern hervor.
    Der Mann kehrte der Tür halb den Rücken zu, den Blick hatte er auf den vier Meter entfernten Patienten gerichtet. Wide trat rasch auf ihn zu und drehte ihm beide weiß gekleideten Arme auf den Rücken, die beiden Ärzte sahen bestürzt zu, und die Krankenschwester lief hinaus auf den Korridor, um nach der Polizei zu rufen.
    »Polizei!«, schrie Wide und drehte noch fester an den Armen, ohne die Knochen zu brechen, der Körper des Mannes wurde nach vorn gebogen und schließlich musste er sich hinknien. Das Stethoskop schleifte über den Boden, Wide sah einen runden, feuchten Fleck mitten auf dem Mundschutz des Mannes.
    Die Uniform tauchte in der Tür auf und Wide schrie: »Rufen Sie eine Streife, schnell, sofort!«, und dann: »Rufen Sie Sten Ard von der Mordkommission an!« Sein schwerer Körper lag über dem Rücken des anderen und die Zeit fühlte sich sehr lang an. Ein Wärter vom Untersuchungsgefängnis, den er kannte, hatte einmal drei Stunden lang in einem Zug zwischen Göteborg und Stockholm so liegen müssen, ein Messer im Griff, das der Pfleger jetzt gepackt hielt. Wide blieb liegen und hörte schließlich schnelle Schritte und sah die Männer um sich herum. Er ließ los, als sie ihre Griffe angewandt hatten.
    Jonathan Wide wanderte jetzt den ganzen Per Dubbsbak-ken hinunter und ging über die kleine Brücke zum Schlosswald, er ging durch den Park und an dem neuen Robbenteich vorbei, hinunter zur Slottsskogsgatan und weiter nach Vänmötet. Er setzte sich mit einer Tasse und einem Kopenhagener an einen Tisch, aber er konnte den Kopenhagener nicht essen. Als er die Tasse anhob, zitterte seine Hand und er traute sich nicht, die Tasse zum Mund zu führen. Die anderen Gäste sahen seinen Versuch. Drei Bauarbeiter in verstaubten Blaumännern und Hämmern in den Händen, die wie Waffen aussahen, schauten ihn etwas mitleidig an. Ein Alkoholiker, der im Augenblick nüchtern zu sein schien, warf ihm einen kameradschaftlichen Blick zu.
    Wide zahlte und ging. Er hatte das Bedürfnis, sich noch ein wenig zu bewegen, überquerte den Mariaplan, ging an Gröna Vallen vorbei in Richtung Norden.
    Er roch das Meer, ging an der Sankta-Birgitta-Kapelle vorbei und hinaus auf die Strandpromenade. Dort setzte er sich auf eine der Bänke, und er wusste, dass er steif sein würde, wenn er sich erheben und weitergehen wollte. Genauso steif wie der da, dachte er, als er einen Läufer mittleren Alters mit einem eigentümlichen Laufstil vorbeilaufen sah.
    Die »Stena Jutlandica« war auf dem Weg in den Hafen. Er sah die Fähre rasch auf die Älvsborgsbrücke zugleiten, und er sah, wie sich die kleinen Gestalten auf dem oberen Sonnendeck duckten; hören konnte er nichts, da der Wind von Süden kam, aber hätte er auf der anderen Seite gesessen, auf der Hisingenseite, hätte er das verlegene Lachen der Passagiere gehört, als sie ihre Sinnestäuschung erkannten und über den optischen Streich lachten, der ihnen gespielt worden war, als das Schiff unter der Brücke hindurchglitt. Raaa, raaa, raaa, hätte es geklungen, wie Krähen krächzten, und der Wind hätte die Laute aufgefangen, hätte sie verstreut, sodass nichts mehr von ihnen übrig geblieben wäre, wenn der Wind Torslanda erreichte.
    Wide sah aufs Meer hinaus. Er konnte keine Wolken entdecken.
    Dann ging er nach Hause und rief seine Kinder an.
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