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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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drückte sich eng an seine Mutter.
    Bevor Marie ihrem Sohn antworten konnte, mischte sich Ernesto ein. »Haben Sie das gewusst, Frau Blau?« Er hielt sein Handy in der Hand und suchte eine Nummer.
    Und als Marie ihm nicht antwortete, fauchte er: »Dafür werden Sie und dieser Theobald bezahlen!«
    Dann verließ er eilig das Haus.

25.
     
    Es war wieder wie früher.
    Marie und Felix waren allein. Sie warteten auf Karl.
    Über Pia verloren sie kein Wort mehr. Marie glaubte, dass es so etwas wie eine stillschweigende Übereinkunft zwischen ihnen gab. Sie und Felix spürten, dass sie sich in der Schwedin getäuscht hatten. Sie schienen sich deshalb auch ein wenig zu schämen – falls es so etwas bei ihr und dem Jungen überhaupt gab. Auf jeden Fall schien es besser zu sein, das Thema nicht anzuschneiden. So sah das jedenfalls Marie.
    Felix zog sich manchmal für Stunden auf sein Zimmer zurück.
    Marie ließ ihn gewähren. Der Junge brauchte das nach den Aufregungen der letzten Tage. Er musste zur Ruhe kommen. Genau wie Marie.
    Wenn er in der Schule war, ging sie in sein Zimmer und räumte die Sachen weg, die auf dem Boden verstreut waren. Sie wollte nicht über ein Spielzeug stolpern, wenn sie ihn morgens aus dem Bett holte. Als sie sich bückte, um ein Buch aufzuheben, das unters Bett gerutscht war, sah sie seinen Schatz.
    Dass es sich um einen Schatz handelte, war leicht zu erkennen: Auf der Kiste – ein bunt bemalter Schuhkarton – stand in großen Buchstaben: SCHATZ.
    Marie konnte nicht anders. Sie öffnete die mit Tesafilm verklebten Laschen der Schatzkiste. Sie brannte darauf zu sehen, was ihr Sohn vor ihr versteckte. Was war das, womit er sich beschäftigte, wenn er sich in seinem Zimmer einschloss?
    Marie wusste, dass das ein Vertrauensbruch war. Aber das war ihr egal. Sie konnte ja die Kiste wieder mit Tesafilm zukleben. Felix würde das nicht bemerken. Marie dachte nicht lange über dieses Problem nach. Sie hatte ein Recht darauf zu erfahren, was ihrem Sohn so wichtig war, dass er es vor ihr geheim hielt.
    Felix hatte den Inhalt der Schatzkiste in Zeitungspapier eingewickelt. Marie nahm den Schatz aus dem Karton und entblätterte ihn vorsichtig. Ein Blatt Papier kam zum Vorschein. Sie klappte das Blatt auf.
    FINGER WEG!
    IN ANDERER LEUTE SACHEN WÜHLEN IST GEMEIN.
    Marie traf es wie ein Blitz. Sie fühlte sich ertappt. Als hätte Felix plötzlich hinter ihr gestanden. Marie wickelte alles wieder ein und steckte es in den Karton zurück. Zum Glück klebte der Tesafilm noch.
    Marie flüchtete aus dem Zimmer ihres Sohnes.
    Sie schwor sich, so etwas nie wieder zu tun.
     
    Nun geschah das, was Marie schon nach dem Spiegel-TV-Beitrag befürchtet hatte.
    Der Fall des angeblichen Opfers des Anschlages von Kundus, das sich per Telefon an die Fernsehzuschauer gewandt hatte, war auf allen Kanälen. Marie kam gar nicht mehr vom Fernseher weg. Sie genoss es, die, die sich vorher bedeckt gehalten hatten, nun zappeln zu sehen.
    Diesmal begab sich der Verteidigungsminister zusammen mit seinem Staatssekretär Seelmann vor die Kameras. Die beiden mussten sich fragen lassen, wen sie denn in dem fünften Sarg beerdigt hatten, wenn Karl Blau, wie man ja hatte feststellen können, am Leben war. Der Minister bedauerte die Sache aus tiefstem Herzen. Er versicherte, zu dieser Verwechslung hätte es nur kommen können, weil die Identifizierung der Leichenteile in Kundus so schwierig gewesen sei. Er machte keinen Hehl aus seiner Überzeugung, dass sein Staatssekretär Seelmann diesen Fehler zu verantworten hatte.
    Der Staatssekretär wirkte längst nicht mehr so selbstsicher, wie Marie ihn erlebt hatte.
    Seelmann zeigte ein etwas ratloses Gesicht, schien aber darauf vorbereitet worden zu sein, den Kopf hinhalten zu müssen. Er verhaspelte sich immer wieder und schien durch die Fragen der Moderatoren überfordert zu sein. Sein Minister schaute ihm ungerührt dabei zu, wie er sich in aller Öffentlichkeit langsam selbst demontierte.
    Doch mit einem Bauernopfer wollten sich die Journalisten nicht zufriedengeben. Nachdem sich gezeigt hatte, dass Seelmann schon so kraftlos geworden war, dass er um Rücksichtnahme auf seine Familie bat, ließ die Meute von ihm ab und konzentrierte sich wieder auf den eigentlichen Verantwortlichen, den Bundesverteidigungsminister.
    »Bei allem Verständnis für die schwierige Lage der Bundeswehr in Kundus«, hielt die ›Heute‹-Moderatorin ihm kalt lächelnd vor. »Sie müssen doch wissen, wen Sie für
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