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Alleinerziehend mit Mann

Alleinerziehend mit Mann

Titel: Alleinerziehend mit Mann
Autoren: Monika Bittl , Silke Neumayer
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Arschlöcher sind das, faule Säcke, biedere Spießer.«

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    39. Daumen hoch
    S eitdem wir Kinder haben, achte ich auf gesunde Ernährung, kaufe Milch und Gemüse im Bioladen ein, besorge mir ein Vitamine-für-Kinder-Kochbuch und schaffe einen Wok für fettarme Zubereitung an. Bei uns gibt es jeden Tag mindestens eine frisch zubereitete Mahlzeit, wir meiden süße Getränke, Chips, Fast Food oder gar vereinzeltes Essen vor dem Fernseher. Selbstverständlich!
    Seitdem wir Kinder haben, achten wir bei jedem Regalkauf auf einen Anstrich aus Naturfarben und verbannen Spielzeug aus China rigoros aus der Wohnung. Wir meiden Sprays jeder Art, recherchieren in allen Öko-Test-Ausgaben nach den am wenigsten belasteten Sonnencremes und kaufen »organic cotton«-Klamotten für die Kinder. Selbstverständlich!
    Seitdem wir Kinder haben, fahren wir vorbildlich nur noch mit Fahrradhelm, behandeln alle Krankheiten zunächst mit Wickeln oder naturheilkundlich und schreiben Beschwerdebriefe an die Stadt wegen der neuen Ampelanlage, die Autos unnütz anhalten und damit die Luft verpesten lässt. Selbstverständlich!
     
    »Hier«, sagt mein Mann, der heute ausnahmsweise beim Einkaufen war, »das hab ich beim Biobäcker gekauft!« Er spricht nicht von frischen Semmeln, sondern einem Heft der Verbraucherzentrale, das die E-Nummern in ihren Bestandteilen aufschlüsselt und dazu drei Wertungen liefert: »Bedenkenlos«, »bedingt konsumierbar« oder »vom häufigen Verzehr ist abzuraten«.
    »Prima!«, rufe ich. Endlich können wir einmal nachschlagen, was eigentlich hinter diesen Nummern auf den Lebensmitteln steckt, und wir machen uns sogleich ans Werk, begutachten Essig, Knäckebrot, Schokolade, Käse und Nudeln daraufhin. Die Kinder machen mit und strecken je nach dem, ob das Lebensmittel in unserem Haushalt überleben wird oder nicht, den Daumen nach unten, oben oder stellen ihn quer (»bedingt konsumierbar«).
    Selbstverständlich werde ich bei künftigen Einkäufen darauf achten, wie chemisch belastet die Nahrungsmittel sind! Selbstverständlich?
    Schon jetzt kollidiert mein Streben nach Gesundheitsvorsorge der Familie ständig mit meiner Zeit, genauer: mit meiner Freizeit. Nach einem fein ausgeklügelten System schaffe ich es, täglich die frischen Nahrungsmittel zu besorgen – ich sprinte in der Mittagspause zum Biobäcker und zum Gemüsehändler, nach Büroschluss und bevor ich Eva vom Kindergarten abhole kaufe ich noch frische Milch oder was sonst noch gerade für den Abend fehlt ein. Während die kinderlosen Kolleginnen manchmal noch einen Kaffee nach Feierabend trinken, hetze ich mit Blick auf die Uhr durch die Stadt.
    Und jetzt stehe ich im Supermarkt, wir brauchen Gorgonzola und Kapern für das ausgesuchte Gericht, das Alex heute noch für uns kochen will. Ich packe den Käse und die Kapern in den Wagen – bis mir das E-Nummern-Heft wieder einfällt. Trotz einer gefühlten Schlange vor der Kasse bis zum Mond kontrolliere ich die Nummern. Verdammt, in beiden Lebensmitteln tummeln sich nur »No-Gos«, acht Mal der Daumen nach unten bei den Kapern, drei Mal der Daumen nach unten beim Gorgonzola. Aber in diesem Supermarkt hier gibt es keine Alternativen. In zehn Minuten muss ich Eva vom Kindergarten abholen. Und nun?
    Wenn mein Mann schon kocht, wäre es unklug, ihm die entsprechenden Zutaten vorzuenthalten.
    Wenn mein Mann sich schon für unser aller Gesundheit ins Zeug legt, wär es ungünstig, sein Engagement auszubremsen.
    Ich hole Eva vom Kindergarten ab und fahre mit ihr noch schnell zu einem anderen Supermarkt. Tatsächlich gibt es hier Kapern und Gorgonzola mit nur zwei Daumen nach unten. Sie kosten allerdings fast das Dreifache. Außerdem besteche ich die quengelnde Eva mit einem Schokoriegel, dessen E-Nummern ich vorsichtshalber nicht kontrolliere.
     
    »Wie kannst du nur …?« Entgeistert schaut mich mein Mann an, weil die Produkte jeweils zwei Daumen nach unten haben.
    Die Kinder blicken fragend zu uns: Entbrennt nun ein Streit oder nicht?
    »Das waren die mit Abstand am wenigsten belasteten Produkte, die ich auftreiben konnte!«, erkläre ich ruhig. Die Kinder wenden sich wieder einem Spiel zu. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wo ich überall gesucht habe!«, übertreibe ich ein wenig.
    »Dann hätte ich halt einfach etwas anderes gekocht!«, sagt Alex und beäugt noch einmal die Kapern und den Gorgonzola.
    »Und was? Wenn ich nicht weiß, was du für Zutaten brauchst?«
    »Ganz einfache Pasta mit
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