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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition)
Autoren: Terézia Mora
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einer von denen, die vor ihm standen. Die hinter ihm waren lautlos vom Klettergerüst gesprungen, jetzt packten sie ihn unter den Achseln, als würden sie ihn stützen wollen.
    Hoppla, sagte Kosma. Klatschte sich den Sand von den Händen. Er war größer und noch fetter geworden, Augen, Nase, Mund winzig in seinem großen, roten Gesicht. Hoppla, sagte der winzige Mund.
    Abel signalisierte mit seinem Körper, dass er nun auf eigenen Beinen stand, danke für die Hilfe, aber sie ließen ihn nicht los, sie hielten ihn von beiden Seiten, ihre Finger bohrten sich in seine Achselhöhle.
    Tut mir Leid, ich habe einen Großteil meines geliehenen Geldes vor kurzem ausgegeben, ein kleiner Rest ist in der linken Innentasche, mehr habe ich nicht. Dann fügte er noch hinzu, dass er es eilig habe.
    Sie rührten sich nicht, starrten ihn nur an.
    Scheiße, verdammte, sagte Kosma. Dich kenn ich doch.
    Jetzt wusste er es auch wieder. Es waren die Furchtbaren Sieben, nur dass sie seit einer Weile nur noch zu sechst waren.
    Kurz bevor es losging, kam Abel noch der Gedanke, ob er denn wirklich schon bereit sei dafür . War er so weit, klaglos zu sterben, denn, dass er sterben würde, schien sonnenklar. Bereit oder nicht, jetzt wirst du vollendet.
    Kosma machte einen Schritt nach vorne und trat ihm in die Genitalien. Er wäre gefallen, aber die beiden Leibwächter hielten ihn. Später baten sie darum, abgelöst zu werden, nicht immer nur halten zu müssen. Egal, sagte Kosma, lasst ihn los. Sie ließen ihn los. Er stürzte langsam, wie große Statuen. Ab dem Moment, als er auf der Erde aufkam, weiß man nichts mehr.
    Später am Tag erhielt Mercedes einen Anruf vom Krankenhaus.

Ausgang
    Es war nicht einfach, ihn abzuschneiden, das Klebeband war widerspenstig. Die burschikose Junge hatte ein zu kleines Taschenmesser dabei, eine Große, Hagere hielt ihn am Schienbein fest, und die Dicke trug seinen Kopf in den Händen. Sie legten ihn auf den Asphalt, hoben ihn gleich wieder hoch, trugen ihn einpaar Schritte weiter, legten ihn ins Gras. Vorsichtig den Hinterkopf aus den gepolsterten Handflächen kullern lassen. Für einen Moment gingen ihm die Augen auf: blauer Himmel, dann eine zunächst rote, dann schwarze Dunkelheit. Ist das gut so? Ja, das ist gut. Es ist gut.

    Er könnte ebenso gut tot sein. Ein unwahrscheinliches Glück. Die Klinge drang zwischen der vierten und der fünften Rippe ein, zwei Zentimeter tief, und brach dann ab, ohne lebenswichtige Organe verletzt zu haben. Den eigentlichen Schaden hat, wie gesagt, das Hängen bewirkt.
    Das ist gut!
    Das Zimmer ist voll: Ärzte, Logopäden, mindestens zehn, für jede Sprache einer. Sobald man kapiert hatte, wer er ist, jemand hatte ihn wieder erkannt, der ehemalige Assistent am MRT, wurde er in dieses Einzelzimmer gebracht. Mittlerweile ist auch die Familie verständigt und anwesend. Mercedes’ Augen.
    Das ist gut!
    Das scheint das Einzige zu sein, was er noch sagen kann. Eine kleinere Blutung im Vorderhirn und eine ausgedehnte im rechten Schläfenlappen. Wie viel er versteht, ist ungewiss. Als Folge der Gehirnblutungen leidet Ihr Mann an einer Aphasie.
    Was ist eine ...?
    Das ist ggggg ...
    Aphasie, sagt Omar. Von griechisch: phanai, sprechen. Verlust des Sprech- aber auch, im übertragenen Sinne, des Urteilsvermögens.
    Kurz: Er hat seine Sprache verloren. Einen klugen Jungen haben Sie übrigens. Im unwahrscheinlichen Porzellanweiß seines rechten Auges ist das gesamte Krankenzimmer eingefasst.
    Was meinen Sie mit: Er hat seine Sprache verloren? Alle?
    Das ist gut!
    Häufig ist das leider auch mit einer Amnesie verbunden. Das ist im Moment schwer festzustellen. Herr N., wie geht es Ihnen?! Ihre Familie ist hier!
    Mercedes wagt nicht, sich zu rühren. Omar legt eine Hand auf Abels rechten Arm. Leider ist es der gelähmte. Das Gesicht lässt sich auch nur schwer bewegen. Als wäre ich immer noch in Stücken. Gepresste Laute aus einem halbseitigen Mund: Gut, gut, gut!
    Ein Teil des Sprachvermögens lässt sich mit der Zeit meist wieder herstellen. Allerdings, so etwas wie das hier, eine Zehn-Sprachen-Aphasie, hatten wir noch nie. Das ist eine große Herausforderung für uns.
    (Fuck you!) Das ist gut!
    Dreizehnte expedition zur suche nach der arche noah gestartet aller bosheit wird das maul gestopft psalm hundertsieben vierzehn aufschrift x.y. leiter des instituts für kreationistische wissenschaft und initiator der expedition die evolutionstheorie vermittelt ein trostloses bild unseres
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