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Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern
Autoren: Luise F Pusch
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männlich-sexistischen Denkens:
    Vordergründig und so auffällig wie Orwells offener Frauenhaß ist
    a) die Instrumentalisierung und Degradierung der Frau zum Fust- und dann Wegwerf-Objekt des Mannes. Schlimmer und gefährlicher jedoch ist
    b) die Vaporisierung der Frauen in diesem Satz, die Tatsache nämlich, daß sie als (Lust-) Subjekte gar nicht erst gedacht werden und deshalb nicht vorkommen, genausowenig wie sie als mögliche Mitglieder des Establishments gedacht werden oder als Mitglieder der studentischen Bewegung, an die der ganze Spruch sich ja richtet. Frauen kommen vor als Lustobjekte; in allen anderen Bereichen kommen sie überhaupt nicht vor, sind sie Unpersonen .
    Den meisten Menschen, auch den meisten Feministinnen, fällt das Phänomen »Frauen als Unpersonen« kaum auf — Anzeichen unserer erfolgreichen Dressur in der Technik des Doublethink.
    Hier ein paar Kostproben der Vaporisierung von Frauen durch Orwell:

    Wenn ein gewöhnlicher Mensch mit einem Kapitalisten sprach, mußte er sich ducken und vor ihm katzbuckeln, seine Mütze abnehmen und ihn mit »Gnädiger Herr« anreden. (S. 69) ( Kommentar : Wir erfahren hier, daß Frauen weder zur Gruppe der »gewöhnlichen Menschen« gehören noch zur Gruppe der »Kapitalisten«, da sie üblicherweise weder Mützen tragen noch diese zum Gruß abnehmen und schon gar nicht mit »Gnädiger Herr« angeredet werden.)

    [...] doch war der Weg von einem riesigen Proles und einem fast ebenso riesigen Weibsstück, vermutlich seiner Frau, versperrt [...] (S. 106)
    ( Kommentar : Hier erfahren wir, daß »ein Proles« gleichbedeutend ist mit »ein Mann«, und das, obwohl ja bei Orwell die Klasse der Proles durch eine Frau symbolisiert ist. Ein klassisches Beispiel für das »ganz gewöhnliche patriarchalische Doublethink«, das wir alle im Patriarchat lernen, so auch Orwell.)

    Der Kampf, wenn überhaupt einer stattfand, spielte sich an den undeutlich umrissenen Grenzen ab, deren Lage der einfache Mann nur mutmaßen kann [...] (S. 171)
    ( Kommentar : Die einfache Frau, die etwas mutmaßen könnte, ist nicht vorgesehen.)

    An dem Lebensstandard zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gemessen, führt selbst ein Mitglied der Inneren Partei ein hartes, arbeitsreiches Leben. Dennoch sieht seine Welt durch die paar Vorzüge, deren er sich erfreut — seine große, gut eingerichtete Wohnung, den besseren Stoff seiner Anzüge, die bessere Qualität seines Essens, Trinkens und Tabaks, seine zwei oder drei Dienstboten, sein Privatauto oder Helikopter-, anders aus als die eines Mitglieds der Äußeren Partei [...] (S. 176)
    ( Kommentar : Nicht nur Dienstboten gehören nicht zur Inneren Partei, sondern auch Frauen nicht, denn Frauen tragen keine Anzüge. Auch habe ich keine tabakrauchende Frau in dem Roman entdecken können. Da das Thema »Frauen in der Inneren Partei« von Orwell nicht thematisiert wird, können wir nicht wissen, ob er sie vaporisiert hat oder ob sie explizit als Mitglieder ausgeschlossen sind.)

    Ein Angehöriger der Partei lebt von der Geburt bis zum Tode unter den Augen der Gedankenpolizei. Sogar wenn er allein ist, kann er nie sicher sein, ob er wirklich allein ist. Wo er auch sein mag, ob er schläft oder wacht, arbeitet oder ausruht, in seinem Bad oder in seinem Bett liegt, kann er ohne Warnung und ohne zu wissen, daß er beobachtet wird, beobachtet werden. Nichts, was er tut, ist gleichgültig. Seine Freundschaften, seine Zerstreuungen, sein Benehmen gegen seine Frau und seine Kinder, [...] alles wird einer peinlich genauen Prüfung unterzogen. (S. 194)
    ( Kommentar : Ein »Angehöriger der Partei« ist, per definitionem, ein Mann, denn nur ein solcher kann »Frau und Kinder« haben. Um zu »verstehen«, daß auch Julia »Angehörige der Partei« ist, als was sie uns ja präsentiert wird, bedarf es aufseiten der Leserinnenschaft des Einsatzes von Doublethink.)

    Wir merzen bereits die Denkweisen aus, die noch aus der Zeit vor der Revolution stammen. [...] Niemand wagt es mehr, einer Gattin, einem Kind oder einem Freund zu trauen. Aber in Zukunft wird es keine Gattinnen und keine Freunde mehr geben. (S. 245)
    ( Kommentar : Gegenstand der Aussage und der Gehirnwäsche sind wiederum: Männer. Sie werden dazu gebracht werden, selbst ihren engsten Vertrauten (Gattinnen, Freunden) und den Unschuldigsten (Kindern) nicht mehr zu trauen. Ob die Gattinnen ihrerseits noch jemandem trauen, ist unwichtig, weil sie »sowieso nicht existieren«.)

4 Newspeak =
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