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Alle lieben Emma

Alle lieben Emma

Titel: Alle lieben Emma
Autoren: Maja von Vogel
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Ausnahmefällen peinlich, wenn ich mich mal wieder benehme wie ein Elefant im Porzellanladen (so nennt das meine Oma).
    Als ich gerade dabei war, auf dem Boden herumzurobben und meine Stifte wieder einzusammeln, kniete plötzlich Bastian neben mir und reichte mir meinen Füller. Er hat nichts gesagt – ich glaube, er ist ein bisschen schüchtern –, aber er hat mich sehr nett angelächelt. Ich habe zurückgelächelt und auch nichts gesagt, dabei bin ich eigentlich überhaupt nicht schüchtern.
    Auf jeden Fall fand ich ihn seitdem ziemlich nett, aber blöderweise hatte sich keine Gelegenheit mehr ergeben, mal ein bisschen mit ihm zu quatschen. Bis zu diesem Montag vor den Sommerferien.
    Als ich nach dem Schwimmtraining aus der Umkleidekabine kam, hockte Bastian vor der Schwimmhalle und fummelte an seinem Schuhband herum. Es sollte wohl so aussehen, als ob es reiner Zufall wäre, dass er noch da war. Aber ich bin schließlich nicht blöd. Ich wusste sofort, dass er auf mich gewartet hatte. Als ich aus der Tür kam, sprang er auf.
    »Ach, hallo«, sagte er. »Ich wollte gerade nach Hause. Musst du zur Bushaltestelle?« Ich nickte und Bastian ging neben mir her. »Dann komm ich mit. Liegt sowieso auf meinem Weg. Übrigens, super Zeit, die du heute geschwommen bist. Glückwunsch!«
    »Danke. Du warst aber auch nicht schlecht.« Ich wollte noch etwas sagen, aber ausgerechnet jetzt fiel mir absolut nichts ein. Dabei kann ich sonst stundenlang ohne Pause quatschen. Bastian sagte auch nichts.
    »Also, tschüss dann«, murmelte er, als wir das Wartehäuschen an der Bushaltestelle erreicht hatten.
    »Tschüss«, sagte ich.
    Mein Kopf war so leer wie ein Luftballon. Erst als ich im Bus saß, wusste ich plötzlich wieder tausend Sachen, über die ich mit Bastian hätte reden können: was er in den Sommerferien macht, was ich in den Sommerferien mache, das Schwimmtraining, der letzte Schwimmwettkampf, der nächste Schwimmwettkampf, Brunos neuer Trainingsplan – um nur einige Beispiele zu nennen.
    Erst ärgerte ich mich über meine eigene Blödheit. Aber je näher wir Tupfingen kamen, desto mehr freute ich mich, dass Bastian auf mich gewartet hatte. Denn das konnte doch eigentlich nur bedeuten, dass er mich nett fand, oder?
    Auf dem Weg von der Bushaltestelle nach Hause schwenkte ich meine Sporttasche und dachte überhaupt nicht mehr daran, dass Montag war und dass montags immer etwas schief geht. Und dann schlug der Montag plötzlich ohne jede Vorwarnung zu. Direkt in den Magen, da, wo’s am meisten wehtut. Zong!
    Ich hörte es schon, als ich auf den Hof kam. War ja auch laut genug. Meine Eltern stritten sich mal wieder. Das tun sie ziemlich oft und meistens machen sie dabei ziemlich viel Krach. Gut, dass wir keine direkten Nachbarn haben. Das nächste Haus ist ungefähr einen Kilometer weit weg.
    Ich hörte auf, meine Sporttasche zu schwenken, und kramte meinen Hausschlüssel hervor. Die Stimmen kamen aus dem Atelier und ich überlegte, um was es wohl diesmal ging. Meistens war Mama sauer, weil Papa so wenig Geld verdiente. Sie wollte, dass er sich eine richtige Arbeit sucht, statt »den sensiblen Künstler« zu spielen.
    »Werd endlich erwachsen«, sagte sie immer, »und übernimm ein bisschen Verantwortung für deine Familie.«
    »Das tue ich doch«, sagte Papa dann. »Was meinst du, warum ich diese dämlichen Kochbücher illustriere? Und wenn ich mit meinen Bildern erst mal den Durchbruch geschafft habe, wird sowieso alles anders.«
    Daraufhin schnaubte Mama meistens nur verächtlich und sagte Dinge wie »Träum weiter, Schatz« oder »Das glaubst auch nur du«. Das war der Moment, in dem sie normalerweise anfingen sich anzuschreien.
    Meine Eltern haben sich beim Studium kennen gelernt, an der Kunsthochschule. Mama gibt jetzt Malkurse an der Volkshochschule, aber damit »verdient man einen Dreck«, wie sie sagt.
    Papa sagt dann immer: »Geld ist doch nicht so wichtig. Was zählt, ist die Kunst.«
    Aber das findet Mama nicht, glaube ich. Zumindest dann nicht, wenn mal wieder ein Brief von der Bank kommt. Oder eine Rechnung. Dann seufzt sie nur und schüttelt den Kopf.
    Wir müssen eigentlich immer sparen, was ich manchmal ziemlich bescheuert finde – auch wenn Geld nicht so wichtig ist. Letztes Jahr habe ich mir zum Beispiel dieses supertolle 24 -Gänge-Mountainbike mit spezieller Federgabel und Aluminiumrahmen zu Weihnachten gewünscht. Das hatte ich in Dederstadt beim Fahrradhändler gesehen. Es war waaahnsinnig teuer.
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