Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman
Autoren: Julie Cohen
Vom Netzwerk:
leisten. Wir haben schon genug Schulden wegen der künstlichen Befruchtungen.«
    »Lass das meine Sorge sein.«
    »Ich habe versagt. Daran lässt sich nichts ändern.«
    Er drückte ihre Hand. »Du hast nicht versagt, Claire.«
    »Es ist meine Schuld, dass wir keine Kinder haben können.«
    »Es ist nicht deine Schuld.«
    »Es sind meine Eizellen. Keine taugt was. Du hast die Ärzte doch gehört. Wir haben mittlerweile zehn künstliche Befruchtungen versucht.« Sie hielt beide Hände empor, die Finger gespreizt. »Und dies war das erste von zehn Malen, dass wir ein positives Ergebnis hatten. Ich bin mit diesen Eizellen auf die Welt gekommen. Ich habe sie nicht kaputt gemacht. Sie sind einfach defekt. Ich bin schon das ganze Leben lang defekt.«
    »Red nicht so«, sagte er. »Du bist perfekt.«
    »Ich habe abgenommen. Dann habe ich zu viel abgenommen, also musste ich wieder zunehmen, und dann habe ich zu viel zugenommen, also musste ich wieder abnehmen. Ich habe Vitamine geschluckt und meditiert und eine ganze Bibliothek voller Bücher gelesen. All meine Gedanken in den letzten sechs Jahren galten der Fruchtbarkeit. Ich bin es leid, Ben. Ich kann nicht mehr. Wenn es nicht sein soll, dass wir Kinder haben, dann soll es eben nicht sein. Wir können es genauso gut akzeptieren.«
    Sie erhob sich und stellte noch einmal den Wasser kocher an.
    »Ich habe nicht so viel gelitten wie du, okay«, sagte Ben. »Aber das hier ist nicht ungewöhnlich. Bei der künstlichen Befruchtung gibt es nur eine Erfolgsquote von etwa dreißig Prozent. Das haben wir von Anfang an gewusst.«
    »Das reicht mir nicht. Nicht mehr.«
    Ben stand auf. »Ich weiß, dass du dich quälst. Aber wenn wir aufgeben, dann haben wir das Ganze umsonst durchgemacht.«
    »Findest du nicht, dass es an der Zeit ist, es gut sein zu lassen und nicht noch mehr zu investieren?«
    »Machen wir eine Pause und lassen es uns noch einmal durch den Kopf gehen.«
    »Ich hätte es nicht lieben dürfen«, sagte sie. »Ich wusste, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass es nicht bei mir bleiben, dass es nicht unser Kind werden würde. Ich wusste, dass es nur ein Zellhaufen war. Aber ich habe es da drinnen spüren können, in mir. Ich dachte, es würde wachsen. Ich habe immer wieder meinen Bauch berührt, es war wie ein kleines Geheimnis. Ich habe es geliebt. Ich konnte nicht anders.«
    Er versuchte sie zu umarmen, doch sie wich ihm aus.
    »Schon gut, Ben. Ich muss es mir nicht noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich werde es mir nicht anders überlegen. Ich habe es heute Morgen beschlossen, während du noch geschlafen hast, und sobald der Beschluss gefasst war, dass ich aufhören würde, habe ich mich besser gefühlt, viel besser. Ich bin traurig, weil es nicht geklappt hat. Aber ich fühle mich jetzt frei. Ich komme mir vor, als wäre eine große Last von meinen Schultern genommen.«
    »Aber … all unsere Pläne.«
    »Unsere Pläne sind eine Qual für mich. Ich habe so lange nur ans Kinderkriegen gedacht. Und das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist die Hoffnung. Bei jedem Versuch habe ich gehofft, diesmal würde es klappen, diesmal würde es passieren. Und dann – nichts.«
    »Mir geht es auch so.«
    »Dann wirst du meine Entscheidung respektieren.«
    »Wir waren so dicht dran .«
    »Und das macht es noch schlimmer.« Auf der Suche nach dem Zucker kniete sie sich vor den Küchenschrank. Sie spürte Ben hinter sich: seine Überraschung, seine Bestürzung.
    Eine Zeit lang schwieg er. »Claire«, sagte er schließlich. Seine Stimme klang gequält. »Bitte.«
    Sie schloss die Augen, immer noch auf Knien. Ihn ansehen oder zu ihm gehen konnte sie nicht. Nicht jetzt. Sie würde nur schwach werden, sie wäre schuld an ihrem eigenen Versagen.
    »Ich weiß, dass ich dich hängen lasse«, sagte sie. »Aber es ist besser, es jetzt zu entscheiden, als dich immer weiter zu enttäuschen. Und es ist mein Körper, Ben. Es tut mir leid.« Sie holte den Zucker heraus.
    »Warum willst du mich nicht ansehen?«, fragte er. »Was tust du da überhaupt?«
    »Ich mache eine Mokka-Walnuss-Torte mit Espressoganache.«
    Er ging aus dem Zimmer, und Claire stand auf. Sie begann, den Zucker abzuwiegen, Gramm für Gramm.

Die Lösung
    D as Rose and Thistle war an dem Abend wegen des Quiz zugunsten der Berkshire Air Ambulance gut besucht. Romily winkte ein paar Stammgästen zu, ließ achtlos ihre Cordjacke an ihrem üblichen Tisch neben dem Kamin zurück und ging an die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher