Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
einzigen unbeherrschten Regung, die sie Jury gegenüber bisher gezeigt hatte, packte Chris Cummins die Teekanne und schleuderte sie auf die kleinen Fächer voller Schuhe, wo sie in tausend Stücke zerbrach.

62. KAPITEL
    Nicht gerade sehr erfrischt von seiner Nacht bei Boring’s, fuhr Melrose (schon wieder) auf dem Parkplatz des Black Cat vor. Er hatte das Gefühl, dass sein Leben sich mehr oder weniger zwischen Chesham-London, London-Chesham, Chesham-London abspielte und so weiter und so fort. So gesehen, könnte er sich ja auch gleich eine Bruchbude in Chesham kaufen und sich hier niederlassen.
    Melrose stieg aus dem Wagen und schlurfte erschöpft um die Ecke des Pubs, als er plötzlich die Katze maunzen hörte. Er blieb stehen, schlurfte zurück und öffnete die hintere Wagentür. Die Katze, Morris Zwei, von der Spritztour im Auto und der Übernachtung bei Boring’s wie elektrifiziert, flitzte heraus und hinten ums Haus herum und weiß Gott wohin. Melroses Leben drehte sich anscheinend bloß noch um die Versorgung von Viechern. Anstatt sich in Chesham häuslich niederzulassen, könnte er doch eigentlich auch im Londoner Zoo anheuern! Er zerrte die Katzentransportbox vom Rücksitz und schleppte sich in Richtung Pub.
    Am Seiteneingang spähte er durchs Fenster hinein, durch das Mungo und Morris zu ihm hinausstarrten, als wäre er hier der Unruhestifter und nicht sie. Matt und schlapp öffnete er die Tür und überlegte, wie um alles in der Welt er Mungo ins Auto und zurück nach London expedieren sollte.
    Ach, je. Er trat an die Theke, grüßte Sally Hawkins und bat um einen doppelten Balmenach.
    »Na, na, na«, entgegnete sie etwas impertinent, »bisschen früh für einen Doppelten, mein Lieber, oder nicht?«

    »Sie haben recht, also geben Sie mir zwei Einfache.«
    Lachend hielt sie das Glas unter den Dosierhahn.
    In der Hand den Whisky, trat er an den Fenstertisch und schielte zu dem alten Johnny Boy und seinem Hund Horace unter dem Tisch hinüber. Er setzte sich hin und funkelte Mungo wütend an, der ihn aber links liegen ließ.
    Schon kam Dora, um neben ihm auf den Sitz zu rutschen. »Haben Sie die Katze gut zurückgebracht?« Ihrem erwartungsvollen Tonfall war anzumerken, dass Misserfolg sie mehr freuen würde als Erfolg.
    Melrose nickte. »Und jetzt muss ich bloß noch du-weißtschon-wen wieder nach London schaffen.«
    Mungo konnte er aber nicht an der Nase herumführen. Der rutschte vom Stuhl und trottete an die Theke.
    Melrose schaute ihm hinterher. »Vielleicht könnte ich Mungos Herrchen ja Horace unterjubeln.«
    »Horace und Mungo sehen sich doch überhaupt nicht ähnlich.«
    »Es sind aber beides Hunde, oder etwa nicht?«
    »Pst«, flüsterte Dora, »Mungo ist hinter der Theke …«
    »Und streicht den Schaum von den Gläsern mit Guinness, he?«
    Zwei frisch gezapfte Pints standen wartend unter den Zapfhähnen.
    »Ich glaube, Sally hat ihm Futter hingestellt«, flüsterte Dora, als ob Mungo sie hören könnte. »Wenn wir aufpassen, kriegen wir ihn. Er steht mit dem Rücken zu uns. Ich geh rüber, und Sie kommen mit der Box nach. Aber lassen Sie sich nicht sehen.«
    Dora startete los, und nachdem er seinen Whisky runtergekippt hatte, nahm Melrose die Box und steuerte, immer vorsichtig um die Tische herum, auf die Theke zu. Dora hatte Mungo offenbar schon am Wickel, denn plötzlich war ein ungewohntes »Jip!« zu vernehmen. Rasch machte Melrose die obere Klappe
des Behälters auf, so dass Dora Mungo hineinschubsen konnte. »Gut gemacht, Dora!«
    Den Blick auf die Eingangstür des Pubs gerichtet, teilte Dora ihm aber gleich aufgeregt flüsternd mit: »Ihr Freund ist grade reingekommen!«
    Melrose drehte sich um und sah Jury. »Setz dich drauf!«, flüsterte er zurück.
    Dora ließ sich auf die Box plumpsen und hätte Mungo fast zerquetscht. Das Ding war zum Draufsitzen nicht stabil genug. Rasch stand sie auf und stellte sich davor.
    Melrose nahm die beiden herrenlosen Gläser Guinness, rief laut: »Richard!« und ging ihm entgegen.
    Johnny Boy versuchte ihn aufzuhalten. »He da, das is mein Bier.«
    Melrose ignorierte ihn. »Hier, Ihr Drink!«, sagte er zu Jury. »Setzen wir uns. Da ist Morris! Wie ich Ihnen gesagt habe.«
    Morris war aber mehr an Mungos Schicksal interessiert als an Jury. Unverrückbar hielt sie vor der Transportbox die Stellung.
    Jury trank sein Bier und schaute dem Treiben zu.
    Dora wirbelte herum, um Morris zu streicheln, damit es so aussah, als hätte Morris sich deswegen so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher