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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
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bewusst. »Flieg!«, schrie Alissa in ihre gemeinsamen Gedanken. Sie hatte es zu weit getrieben und Nutzlos über die Maßen gereizt.
    Bestie übernahm die Kontrolle. Mit einem kraftvollen Stoß ihrer Hinterbeine schwang sie sich in die Luft. Ein beinahe schmerzhaftes Reißen an ihrem Geist sagte ihr, dass auch Nutzlos sich in einen Raku verwandelt hatte. Alissa kämpfte darum, rasch an Höhe zu gewinnen, und umkreiste den Turm. Ihre Schwingen schlugen verzweifelt. Sie musste ihm entkommen. Er würde sie in der Luft zerreißen. Er würde sie an den Boden fesseln und sie eine Woche lang keine einzige Zeile lesen lassen!
    »Alissa!«, drang Nutzlos’ Gedanke zu ihr. »Warte!«
    Das wagte sie nicht. Verzweifelt blickte sie sich um. Nutzlos folgte ihr erzürnt. Seine goldenen Schwingen waren um fast ein Drittel größer als ihre. »Flieg!«, schrie sie laut und hörte nur ein angsterfülltes, kehliges Brüllen aus ihrem Maul dringen. Er war das einzige Wesen, das sie fangen konnte, das einzige Wesen, das sie je auf den Boden gezwungen hatte. Das einzige, vor dem sie sich fürchtete.
    Sie erreichten die Spitze des Turms. Alissa klammerte sich mit hektisch nach Halt suchenden Klauen daran fest und stieß sich dann ab. Bestie, die sich weiter ums Fliegen kümmerte, ließ sie über das flache Dach dahinschießen. Sie erreichten den Rand. Bestie sammelte sich für einen gewaltigen Sprung, der ihnen zusätzliche Geschwindigkeit verleihen würde.
    »Los!«, rief Alissa. Muskeln spannten sich, sie holten tief Luft und sprangen.
    Alissa kreischte, als eine Klaue sich um ihren Knöchel schlang. Sie wurde zurückgerissen und stürzte. Ihr Kinn schlug auf das Geländer am Rand des Daches, und sie schrie auf. Tränen des Schmerzes und der Angst raubten ihr die Sicht. Mit wild schlagenden Schwingen wich sie zurück und duckte sich in eine Ecke. Die Klauen lösten sich von ihrem Fuß. In einer ergebenen Geste schlang sie den langen Schwanz um sich und senkte den Kopf fast bis auf die Steine, mit denen das Dach gepflastert war. Bestie verschwand aus ihren Gedanken und ließ Alissa allein ausbaden, was sie sich mit ihrem frechen Mundwerk eingehandelt hatte.
    »Es tut mir leid!«, dachte Alissa verzweifelt. »Es tut mir leid! Tut mir leid! Ich werde Euch nie mehr widersprechen. Bitte, Nutzlos«, flehte sie, denn sie fürchtete, er werde sie schlagen. Sie hatte so viele unverschämte Dinge zu ihm gesagt. »Ich bleibe hier. Ich werde ganz brav sein!«
    »Wo hast du das gehört?«, fragte er, und sie erschrak über seine hitzige Erregung.
    Mit dem Kopf auf den Pflastersteinen spähte sie zu ihm hoch. Ihre Flügelspitzen bebten. Sie hatte vergessen, dass er als Raku so viel größer war als sie. Nutzlos ragte drohend über ihr auf, und die Sonne schimmerte durch seine gewaltigen Schwingen, da er offenbar zu aufgeregt war, um sie anzulegen.
    »Was?«, fragte sie. Er trat einen Schritt vor. Sie schnappte nach Luft, als sein Schatten über sie fiel. Ihre Hinterbeine schrammten über den Stein, als sie versuchte, ihren gewaltigen Leib noch tiefer in die Ecke zu quetschen.
    »Wo hast du das gehört?«, wiederholte er. »Wer hat dir gesagt, dass man nur dem Gesetz gehorchen müsse?«
    Sie stieß den angehaltenen Atem aus, hielt den nächsten Atemzug aber gleich wieder an. Verängstigt wagte sie einen raschen Blick auf ihn. Sie war nicht sonderlich gut darin, Mimik und Körpersprache von Rakus zu lesen, doch sie hätte blind sein müssen, um nicht zu bemerken, wie erregt sein verstümmelter, kurzer Schwanz durch die Luft peitschte.
    Er streckte völlig unvermutet ein klauenbewehrtes Vorderbein aus. Sie winselte in Panik, als er ihre Schwinge aufs Pflaster drückte. »Es tut mir leid!«, schrie sie auf. »Ich werde es nicht wieder tun! Ich verspreche es! Nutzlos, es tut mir leid!«
    Sie duckte sich zusammen und sah seinen Schatten zittern. »Alissa«, sagte er, und seine Gedanken glitten präzise und ungeduldig in ihren Geist. »Ich werde dich nicht schlagen. Obgleich der Navigator weiß, dass du es verdient hättest.«
    Ungläubig hob sie den Kopf. Nutzlos’ dreieckiger Schädel senkte sich zu ihrem herab. »Und wenn du je wieder vor Connen-Neute so mit mir sprichst«, sagte er überdeutlich in ihren Gedanken, »werde ich dich sechzehn Jahre lang im Zwinger einschließen.«
    »Ja … Nutzlos«, stammelte sie, und ihr Herzschlag beruhigte sich. Sie stieß zischend den angehaltenen Atem aus, als er den Griff von ihrer Schwinge löste und einen
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