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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland
Autoren: Helen Smith
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Person mit den eigenen Gefühlen vergleichen zu können. Aber diese Gelegenheit ergibt sich für Mrs. Fitzgerald in ihrem Büro nicht und ihre professionelle Beziehung zu Alison erlaubt es ihr nicht, sie im Nebenraum mit diesem Problem zu behelligen.
    Das
Projekt Brauner Hund
ist eine Operation, für die Mrs. Fitzgerald höchstpersönlich verantwortlich ist. »Sie können sich sicher sein, dass ich mich persönlich um den Fall kümmern werde«, sagt sie dem Klienten in ihrer Funktion als Chefermittlerin.
    Alisons unmittelbar bevorstehende Beteiligung ist Teil ihrer Strategie. Alison schaut sich die Akte auf ihrem Tisch interessiert an, als Mrs. Fitzgerald ihren Händen erlaubt, sich vom Deckel des Ordners zu entfernen, damit Alison die Aufschrift lesen kann. Der »Streng vertraulich«-Stempel in der Ecke ist ein untypisch frivoler Luxus. Ihr ist wichtig, dass Alison mit ihr zusammen an diesem Projekt arbeiten will und die Forderung des Klienten nach totaler Vertraulichkeit respektiert. Anfangs wird es reine Routinearbeit sein, doch dann könnten die Dinge unschön werden. Deshalbhofft Mrs. Fitzgerald, dass Alison sich durch das Angebot, mit ihr zu arbeiten, geschmeichelt genug fühlen wird, um ausreichend Enthusiasmus zu entwickeln.
    Mrs. Fitzgeralds Bruder Clive geistert an den Tagen, an denen er nichts anderes zur Ablenkung findet, im Büro herum. Er reißt das Telefon an sich, besetzt ewig die Toilette und stört die angenehme weibliche Atmosphäre. Linda stellt ihn jedem Neuen flüsternd als »Grusel-Clive« vor.
    Am Empfang liegen Magazine wie
Vogue, Elle, Cosmo
und
Marie Claire
herum. Mrs. Fitzgerald weiß, sie könnte eine Ausgabe der
Cosmo
nehmen und darin zehn Zeichen finden, dass ihr Liebster sie betrügt, zehn Arten ihr Sexleben zu verbessern, zehn Teile für ihre Wintergarderobe, aber niemals zehn Zeichen, an denen sie merkt, dass sie verrückt ist. Mrs. Fitzgerald befürchtet insgeheim, dass man bei ihr Wahnsinn diagnostizieren könnte, so wie bei ihrem Bruder. Im Moment beunruhigen sie zwar lediglich verrückte Gedanken, aber sie hat eine Reihe von
    Maßnahmen ergriffen, um die nächste Stufe zu vermeiden. Sie erwähnt Clives Anomalie niemandem gegenüber; manchmal schafft sie es sogar, sie selbst nicht wahrzunehmen. Die Leute fragen sich, ob die sonst so scharfsinnige Mrs. Fitzgerald blind ist für die Fehler ihres Bruders. Selbst wenn sie darauf anspielen, dass Clive ein bisschen seltsam sei, zeigt sie keinerlei Anzeichen der Beunruhigung. Sie glaubt, dass der richtige Weg, gegen ihr eigenes Abdriften in die Leere anzukämpfen, die Leugnung jeglicher Probleme ihres Bruders ist, so als ob etwas nur dann real ist, wenn man daran glaubt. Es ist ziemlich genau dokumentiert, dass die Stimmen, die Schizophrene hören, meistens der Stimme eines männlichen BBC-Nachrichtensprechers mittleren Alters gleichen. Eine weniger bekannte Tatsache lautet, dass psychisch kranke Patienten bei Besuchen von Prinzessin Diana diese oft mit der Moor-Mörderin Myra Hindley verwechselten, was Prinzessin Diana sehr erschütterte. Clives Welt ist voll von alten, weisen, urtümlichen Außenseitern, die niemand sonst sehen kann. Das heißt nicht, dass er verwirrt ist, obwohl es Mrs. Fitzgerald doch sehr sonderlich findet.
    Ella greift nach dem Telefon, um ihren Bruder anzurufen, überlegt es sich dann aber anders und legt den Hörer wieder zurück auf die Station. Zu dieser Zeit des Tages kommuniziert er gerne mit der Geisterwelt einer Kirche auf der Marylebone Road. Er übte viele Monate lang, bevor er es schaffte, einen aussagekräftigen Kontakt mit den verlorenen Seelen auf der anderen Seite herzustellen und war entzückt, als er schließlich Erfolg hatte. »Zieh’ eine Karte«, sagte Clive eines Tages zu Mrs. Fitzgerald und überraschte sie mit einem Stapel Karten, die er herumschwenkte. »Zieh’ eine Karte«, beharrte er. Er erklärte ihr, dass er in der Lage sei, die gezogene Karte zu erraten, weil ein toter Indianer hinter ihr stehe, und ihr über die Schulter schaue.
Amerikanischer Ureinwohner
, dachte Ella.
Wenn einer da ist, dann würde er bestimmt lieber als amerikanischer Ureinwohner bezeichnet werden
. Clive erriet die Karte richtig.
    Heutzutage behält Clive seine neuen Freunde lieber für sich, obwohl ihn Ella, wenn sie aufschaut, ab und zu dabei erwischt, wie er unverwandt zu einer Seite schaut wie zu einer unsichtbaren Gestalt. Sie hat den Verdacht, dass es nur eine Show ist, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Er
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