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Alien Earth - Phase 3

Titel: Alien Earth - Phase 3
Autoren: Frank Borsch
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Krüppel aus seiner Leibwache werfen sollen, statt mit ihm zu schlafen. Aber er brachte es nicht über sich. Weder Eustace davonzujagen, noch, nicht mehr mit ihm zu schlafen. Es musste gerade das sein: die Hässlichkeit. Eustaces Hässlichkeit faszinierte ihn. Sie legte Zeugnis davon ab, was ein Mensch überleben konnte und dass er trotz der Verstümmelungen blieb, was er war: ein Mensch.
    Eustace rülpste. Im Schlaf die Augen geöffnet, die ins Leere starrten, warf er den Kopf herum. Im nächsten Moment kehrte das Leben in seinen Blick zurück. Er war drohend, wie immer. Als bedeute das Aufwachen für den Leibwächter die Rückkehr in eine Welt, vor der er pausenlos auf der Hut sein musste, wollte er überleben.

    François hielt dem Blick stand. »Willst du mich etwas fragen?«
    »Ja.«
    Der Leibwächter holte seinen Rucksack, den er am Eingang neben dem Gewehr abgelegt hatte, ging mit ihm zu einem der großen, bodentiefen Panzerglasfenster und ließ sich im Schneidersitz nieder. Er zog seine Kleider nicht wieder an. Die Nacht war warm, und Eustace schämte sich nicht für seinen Körper. François setzte sich neben ihn, und gemeinsam blickten sie über Freetown, das sich zu ihren Füßen erstreckte.
    Die Stadt war seit der letzten Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, erneut gewachsen. Am Anfang, als François und Jan mit den ersten Vorauskommandos an Land gegangen waren, hatte es dort nur Schwärze gegeben. Undurchdringliche Schwärze, jede Nacht von Schüssen und Schreien durchdrungen. Tagsüber war Freetown wie tot gewesen. Die einzigen Menschen, die man gesehen hatte, waren die Leichen von der vorigen Nacht gewesen. Dann hatten sie den Company-Stützpunkt befestigt. Die Scheinwerfertürme hatten eine Insel aus Licht aus der Schwärze herausgeschnitten. Der Stützpunkt war gewachsen, hatte die Stadt verschlungen, als Menschen aus aller Welt sich der Human Company anschlossen. Sie strömten nach Freetown, um zu beweisen, dass der Mensch gut ist, und um Kontakt zu den Aliens aufzunehmen. Letzteres war gelungen. Und im selben Moment, als die Human Company im Sommer das Bündnis mit den Seelenspringern geschlossen hatte, waren die Dämme gebrochen. Seitdem wucherte Freetown, wischte die Schwärze beiseite.
    So weit François’ Blick reichte, sah er Licht. Es stammte von den provisorischen Bauten, die die Hügel wie eine zweite Haut bedeckten, von den Schiffen, die sich bis an den Horizont vor der Küste Westafrikas drängelten, von den Flugzeugen, die einander den viel zu knapp gewordenen Luftraum streitig machten. Es schien, als habe die halbe Menschheit gleichzeitig beschlossen, in diesen Tagen, die die letzten der
Erde sein mochten, an den Ort zu kommen, wo Menschen und Seelenspringer einander in Frieden begegneten.
    François und die Company hatten vor dem Ansturm kapituliert. Er hielt nach außen einen Anschein von Führung aufrecht, ansonsten hatten er und sein engster Zirkel sich eingegraben, auf einige wenige Punkte wie den ehemaligen Wasserturm, in dem François wohnte, konzentriert. Bewacht wurden sie von Männern wie Eustace, einheimischen Veteranen des Bürgerkriegs, mit denen sich weder Menschen noch Aliens anzulegen getrauten.
    »Das hier verstehe ich nicht«, sagte Eustace, den der Ausblick nicht zu interessieren schien. Das Licht, das von draußen einfiel, war hell genug, damit man lesen konnte, und schwach genug, um sich weiter wie in einer schützenden Höhle zu fühlen. Es war der einzige Grund, aus dem Eustace am Fenster saß. Der Anblick der Stadt bedeutete ihm nichts.
    Der Leibwächter zeigte auf seinen Reader, den er auf dem Boden vor ihnen ausgebreitet hatte. Das Lesegerät war eine blattgroße Displayfolie, robust und faltbar. Eustace hatte es immer bei sich, eingehüllt in mehrere Schichten Polsternoppen und eine wasserdichte Tüte. Er war ein Geschenk von François, und Eustace betrachtete es als seinen wertvollsten Besitz, wertvoller noch als sein Gewehr, das er nur ablegte, wenn er zu François in die Villa kam.
    »Was verstehst du nicht?« François beugte sich vor.
    Mithilfe des Readers hatte er Eustace das Lesen beigebracht. Es hatte keine sechs Wochen gedauert. Der Leibwächter hatte förmlich aufgesogen, was François ihm anbot, den Rest hatten die Lernprogramme des Displays und Eustaces Hartnäckigkeit erledigt.
    »Hier.« Eustace zeigte mit einem dünnen Finger auf eine Textstelle. »Hier heißt es: ›der Menschheitsverräter Jan de Hart‹.«
    »Ja. Was verstehst du
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