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Alien Earth - Phase 3

Titel: Alien Earth - Phase 3
Autoren: Frank Borsch
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Gen-Modulatoren, die die Smarties für den Einsatz als Schürfer in der Tiefsee entworfen hatten. Wie sie zu diesem Geschenk gekommen waren, war unklar. Vielleicht hatte ein Gen-Modulatur seine persönliche Duftmarke in den Schöpfungen hinterlassen, die mit Leib und Leben eigentlich der Regierung gehörten. Vielleicht war es ein Feature, das Homeworld Security irgendwann in der Zukunft für seine Zwecke hatte nutzen wollen. Was immer zutraf: Die Smarties selbst hatten nicht geahnt, was in ihnen steckte, bis die Seelenspringer es ihnen enthüllt und ihnen beigebracht hatten, wie sie damit umzugehen hatten. Jetzt genügte ein Gedanke, und die tonnenschweren Wesen begannen sich in huschende Schemen zu verwandeln.
    Eine Handvoll Smarties prallte unter Melvin auf die See. Im letzten Augenblick streckten sie ihre Glieder und zerschnitten das Wasser so glatt wie Pfeile. Ihre röhrenden Freudenschreie brachen abrupt ab.
    Anfangs hatten die beschleunigten Smarties Melvin Angst gemacht. Sie erinnerten ihn an die Männer, die sich früher freitagabends am Schießstand des Dorfs in Kansas versammelt hatten, in dem er aufgewachsen war. Zu aufgekratzt und von sich, dem selbst gebrannten Schnaps und dem besoffen, was ihre Waffen anrichten konnten, als dass man ihnen hätte über den Weg trauen können. Melvin hatte auf die Smarties genauso reagiert, wie er es ein Leben lang mit Besoffenen und Bewaffneten gehalten hatte: Er hatte zugesehen, dass er ihnen nicht über den Weg lief. Bis 59b ihn aufgestöbert hatte. Was nicht lange gedauert hatte. Feuerland, ihre neue Heimat am Meeresgrund, war klein und die Energien eines beschleunigten Smarties unerschöpflich. 59b hatte ihn wortlos am Nacken gepackt und ihm eine Pille in den Mund geschoben. Einen Neurobeschleuniger.
    Seit diesem Moment hatte Melvin keine Angst mehr vor den Smarties. Er hatte das Leben in der Überholspur gekostet und verstand. Nichts kam der Neurobeschleunigung gleich.
Melvin wollte mehr. Die Seelenspringer und 59b gaben es ihm.
    »Achtung!«, röhrte 59b. Der Smartie streckte die Glieder. Melvin schmiegte sich eng an den Leib des GenMods, drückte den Kopf tief in die schützende Kuhle seines Nackens. Sie tauchten ein.
    Die Kälte des Nordseewassers traf Melvin wie ein elektrisierender Schlag, dann flammte der Alien-Kokon auf und spendete ihm Wärme und Atemluft. Um ihn herum schwirrten ungeduldig die Smarties, dunkle, rasende Schemen in der schwarzen See. Die Smarties benötigten keine Kokons, ihre gen-modulierten Körper hatten bei der Berührung des Wassers auf Kiemenatmung umgeschaltet.
    »Aufbruch!«
    59b gab das Kommando in der Unterwasser-Zeichensprache der Smarties. Melvin war inzwischen vertraut genug mit ihr, um einfache Sinnzusammenhänge zu verstehen - und um mehr ging es hier nicht: Das Kommando würde mit aller Präzision und Härte zuschlagen, zu der die Wunderkörper der Smarties und die Wundertechnologie der Seelenspringer es befähigten, sich seine Beute schnappen und wieder verschwinden. Das war alles.
    Der Smartie schlug mit den Flossen und brachte sie auf Geschwindigkeit. Hinter 59b und zu seinen Seiten schwammen die übrigen Smarties. Gedrungene Körper, die Melvin für Torpedos gehalten hätte, hätten die Smarties nicht gleichzeitig mit den Armen ihre Waffen und Ausrüstung überprüft.
    Ein weiterer Flossenschlag brachte 59b auf einen aufsteigenden Kurs. Der Smartie brach wie ein Delfin aus den Wellen. Melvins Kokon erlosch im selben Moment, als sie das Wasser verließen, und gab ihm die Sicht frei. Sie hatten die Mündung des Humber beinahe erreicht. Lichtpunkte markierten den Verlauf der Küste, in seiner Mitte ein schwarzer Schlund, die Flussmündung, die noch viele Kilometer in das Landesinnere hinein schiffbar blieb. Weit weniger Lichtpunkte,
als Melvin erwartet hatte, säumten die Mündung. Die Britischen Inseln litten nach der raschen Erschöpfung der Kohlevorräte in den 2030ern und 2040ern unter chronischer Energieknappheit, das war allgemein bekannt. Aber seit vor zwei Wochen ein Wrackstück des zerstörten Alien-Schiffs einen erheblichen Teil Schottlands in einen Krater verwandelt hatte und das übrige Gebiet in eine Staub- und Rauchwolke hüllte, musste die Knappheit in nackte Not übergegangen sein. In Schottland war ein Großteil der Wasserkraftwerke der Insel angesiedelt gewesen. Es musste diese nackte Not sein, die der Regierung den Mut zu der Verzweiflungstat gab, es auf eine Konfrontation mit den Seelenspringern ankommen
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