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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien
Autoren: Paul J. McAuley
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in Lenas Gedanken
auf. Und dann sieht sie eine weitere Bahre, die zum Hospital getragen
wird. Der erste Träger hält eine kleinen Stablampe zwischen
den Zähnen. Ihr Lichtstrahl tanzt ziellos über die
Verwundeten vor dem Zelt. Nur wenige sehen auf.
    Lena seufzt und geht ins Zelt zurück. Und vergißt bei
der Arbeit ihre Angst.
     
    Die Universität ist ohne Strom. Rick arbeitet sich im
gelblichen Licht einer flackernden Sturmlampe durch die Regale der
Bibliothek, zieht Speichercassetten hervor, sortiert die aus, die ihm
wichtig erscheinen und legt sie in einen Kunststoff-Koffer. Seine
Tätigkeit empfindet er wie ein aus dem Zusammenhang gerissenes déjà vu. Die vertraute Bibliothek, jetzt kalt
und leer und voller Schatten, die Reihen der Leseschirme in der
großen Halle, jetzt jeder so blind wie das geblendete Auge des
Zyklopen. Stunden hat er schon in den Hardcopy-Regalen gearbeitet.
Die Leute von Lake Fonda hat er in die Technika und Laboratorien
geschickt, um dort die Maschinen und Werkzeuge zu demontieren. Als er
jetzt Schritte auf sich zukommen hört, geht er hinter einem
Regal in Deckung. Aber es ist nur die weißhaarige Frau aus New
Horizon, Ella Falconer. An ihrer Seite trottet ihr Hund, ein munterer
Collie-Bastard.
    »Sie könnten hier noch ein Jahr lang arbeiten und
hätten immer noch nicht alles eingepackt«, sagt Ella
Falconer.
    »Ich will auch nicht alles«, antwortet Rick und zieht
die nächste Lade auf. »Ich will nur die wichtigsten
Grundlagen-Texte.«
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Glück bei Ihrem
Vorhaben, Dr. Florey. Ich denke, Maschinen sind nützlicher. Ein
Mann wie Sie muß doch wissen, was wichtig ist. Sie könnten
ein Vermögen machen, wenn Sie das richtige Zeugs
aussortieren.«
    »Das tue ich ja gerade.«
    »Hmm.« Die alte Frau scheint dies zu bezweifeln.
»Haben Sie in den letzten Stunden hier jemanden
gesehen?«
    »Keine Menschenseele.«
    »Es ist vorbei«, sagt Ella Falconer. »Mehr oder
weniger jedenfalls.«
    Rick nimmt diese Nachricht kommentarlos zur Kenntnis. Nach einem
kurzen Augenblick zieht er die nächste Lade auf und fährt
mit dem Finger den Index entlang.
    Ella Falconer streckt den Arm aus und berührt seine Hand.
»Sie arbeiten jetzt schon so lange hier unten. Sie sollten etwas
essen und sich dann für ein paar Stunden aufs Ohr legen. Das
hier ist auch morgen noch da.«
    »Das weiß ich, aber ich habe irgendwie das Gefühl,
ich sollte diese Arbeit zu Ende bringen, verstehen Sie? Mit der
Auswahl weitermachen, um nicht nachdenken zu müssen.«
    »Trotzdem müssen Sie etwas essen. Kommen Sie.«
    Rick ist zu erschöpft, um sich mit ihr zu streiten. Er nimmt
Lampe und Koffer und folgt Ella Falconer und ihrem Hund. Ihre
Schatten tanzen auf dem Weg durch die Regalreihen vor ihnen her. Die
Pfoten des Hundes scharren auf dem gefliesten Boden.
    »Es gibt hier und da noch vereinzelte Gefechte«,
erzählt die Frau, »aber es ist definitiv vorüber. Wir
haben die Fusionsfabrik und die Hydroponikfarm eingenommen. Morgen
werden wir nachsehen, was wir von den Einrichtungen brauchen
können.«
    »Was werden Sie mit dem ganzen Kram machen?«
    »Zum Beispiel eine Gießerei eröffnen. Und mit dem,
was wir nicht selbst verwenden können, werden wir
handeln.«
    Die Frau hält ihm die Tür auf, und Rick tritt in die
Nacht hinaus. In der Nähe sitzen ein paar Leute auf der
Ladefläche eines Luftkissen-Trucks. Ihr betrunkenes
Gelächter übertönt die krächzende Stimme aus dem
Funkgerät. Der Geruch von verschüttetem Wein und Marihuana
steigt Rick in die Nase. Ella Falconer führt Rick in die andere
Richtung. Ihre Leute hätten sich in einem der großen
Häuser am Hügel einquartiert, einer hübschen Anlage
mit einem unterirdischen Garten. Ob er sich das, verdammt noch mal,
vorstellen könne?
    »Natürlich. Ich habe vor gar nicht langer Zeit selbst
noch in einem solchen Haus gewohnt.«
    Die alte Frau grunzt ungehalten, weil sie glaubt, daß Rick
sich einen Spaß mit ihr erlaubt. »Was werden Sie denn tun
– jetzt, wo alles vorbei ist?« fragt sie ihn.
    »Mir einen Ort suchen, um mich dort niederzulassen. Ich bin
verheiratet, müssen Sie wissen.«
    Lena. Er fragt sich, was sie im Moment tun mag – dieselbe
Frage, die auch sie sich stellt.
    »Es ist genug Land für alle da«, meint die alte
Frau.
    »Jesus, das ist es nicht, was ich mir erträume. Mit Frau
und Kind und einer Kuh hinter die Trackless Mountains ziehen? Ich
fürchte, dazu habe ich nicht genügend Mut. Es gibt zwar ein
paar Bäume,
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