Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia

Alicia

Titel: Alicia
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
die Montgomerys schicken. Bis dahin werde ich persönlich über Mary wachen. « Er hinkte aus dem Zimmer.
    Roger blickte seinem Bruder wütend nach. Dann holte er sich eine Streitaxt von der Wand. »Zum Teufel mit allen Montgomerys«, fluchte er. Sie hatten seiner Schwägerin ihr gutes Aussehen geraubt und ihren halben Verstand dazu. Und nun machten sie ihm sogar noch seinen Bruder abspenstig.
    Die Tür öffnete sich, und Lilian kam herein. Ihr Kleid war aus smaragdgrünen Satin. Ein Schleier aus hauchdünner Seide verhüllte ihr Gesicht. »Ich sah eben Brian«, sagte sie mit beleidigter Stimme. »Er half dieser Montgomery-Frau die Treppe hinauf. Wie kannst du sie aus ihrer Zelle im Keller entlassen? Sie gehörte den Hunden zum Fraß vorgeworfen! «
    »Brian entdeckte sie ohne mein Dazutun. Er beschloß, sie in seine Obhut zu nehmen. «
    »In seine Obhut zu nehmen! « kreischte Lilian. »Du willst sie behandeln wie diese andere Frau? Als Gast des Hauses? Ist es jetzt Brian, der in diesem Haus die Hosen anhat? «
    »Du kennst ja jeden in diesem Haus, der mit Hosen bekleidet ist, nicht wahr? « erwiderte er bissig. »Soweit mir berichtet wurde, sind sie alle durch dein Bett gewandert. «
    Lilian lächelte. »Eifersüchtig? Soweit mir berichtet wurde, hast du gestern nacht bei Stephens Frau versagt. Vielleicht solltest du lieber Brian zu ihr schicken! «
    »Hinaus! « brüllte Roger sie an.
    Alicia stand am Fenster und starrte hinunter auf den schneebedeckten Schloßhof. Sie war nun schon einen Monat Roger Chatworths Gefangene und hatte in den letzten Wochen nur eine Magd gesehen. Sie brachte ihr das Essen, frisches Leinen, säuberte das Zimmer und leerte den Nachttopf. Doch sie sagte kein Wort. Wenn Alicia sie etwas fragte, sah sie sie entsetzt an und ging auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
    Es gab wohl nichts, was sie nicht versucht hatte, um ihrem Gefängnis zu entfliehen. Sie hatte Laken aneinandergebunden und sich vom Fenster abgeseilt. Doch unten hatten Wächter sie empfangen, und am nächsten Tag waren Gitter an ihrem Fester angebracht worden.
    Sie hatte sogar ein Feuer gelegt, um die Wächter abzulenken; aber es war den Dienern rasch gelungen, das Feuer zu löschen. Sie hatte sich aus dem Griff ihrer Wasserkanne eine Waffe zurechtgebogen und damit einen Wächter angegriffen. Ihre Wachen wurden verstärkt, und Roger hatte gedroht sie wieder fesseln zu lassen, wenn sie fortfuhr, ihm Schwierigkeiten zu machen.
    Sie fragte, wie es Mary ginge. Ob die Montgomery-Brüder wüßten, daß sie hier gegangengehalten wurde?
    Roger verweigerte ihr die Antwort darauf.
    »Brian, sie sind herrlich«, sagte Mary lächelnd und nahm die kleinen Lederschuhe entgegen. »Du verwöhnst mich. «
    Brian betrachtete sie, und die Liebe strömte aus seinen Augen, Sie hatten fast den ganzen Monat miteinander verbracht. Er hatte Roger nicht ein zweites Mal gebeten, Mary freizulassen, weil Brian sie nicht mehr entbehren wollte. Denn Mary hatte seinem Leben einen Inhalt gegeben. Zu oft hatte er sich einsam gefühlt, weil Roger immer zu irgendwelchen Turnieren unterwegs war und Elisabeth in ihrem Stift eingesperrt war. Was andere Frauen betraf, hatte Brian längt entdeckt, daß sie ihn scheu und linkisch machten. Mary war zehn Jahre älter als er und genauso weitfremd. Sie kicherte nicht, wollte nicht mit ihm tanzen oder um | Rosenbüsche gejagt werden. Mary war schlicht und einfach und forderte nichts von ihm. Sie verbrachten die Tage mit Lautenspiel, oder Brian erzählte ihr Geschichten, die er sich selbst ausgedacht hatte, aber nie zu Papier brachte, weil er fürchtete, ausgelacht zu werden. Sie hörte ihm aufmerksam zu, gab ihm das Gefühl von Stärke und nährte seinen Beschützerinstinkt.
    Und dieses Gefühl, ihr Beschützer zu sein, hinderte ihn auch daran, ihr mitzuteilen, daß Alicia ebenfalls im Schloß gefangengehalten wurde.
    »Man kann dich gar nicht genug verwöhnen«, sagte er lächelnd.
    Mary errötete allerliebst und senkte die Lider. »Komm und setz dich zu mir. Hast du etwas Neues gehört? «
    »Nein, nichts«, log Brian. Er wußte, daß Raine immer noch geächtet war und irgendwo in der Nähe in den Wäldern lebte. Sie hatten sich darauf geeinigt, nie von Roger oder Lilian zu sprechen. Sie waren zwei einsame Menschen, die ein gemeinsames Bedürfnis zusammengebracht hatte. Ihre Welt bestand aus diesem großen, angenehm geheizten Raum im obersten Stockwerk des Chatworth-Herrenhauses. Sie freuten sich gemeinsam am Lautenspiel und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher