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Alice Browns Gespuer fuer die Liebe

Alice Browns Gespuer fuer die Liebe

Titel: Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
Autoren: Eleanor Prescott
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musste?, fragte sie sich. Ob wohl jeder, der draußen vorbeiging, ihnen an der Nasenspitze ansah, dass sie niemanden ins Bett bekamen? Drang der verräterische Geruch sexuellen Versagens nach draußen und verriet ihr kleines dunkles Geheimnis?
    »Wir brauchen Fakten, Lou«, erklärte sie nüchtern, wobei ihr selbst nicht ganz klar war, ob sie damit ihre Freundin überzeugen wollte oder sich selbst. »Hier stehen wir nun mal. Es muss einen Grund geben, weshalb wir beide keinen Freund haben. Das kann nicht einfach nur Pech sein. Vielleicht machen wir den Männern Angst und werden deshalb nie angesprochen, vielleicht senden wir die falschen Signale aus oder suchen an der falschen Stelle. Wie dem auch sei, irgendwas machen wir genau wie er« – und damit wies sie unauffällig auf den beigen Mann – »falsch, und wir müssen herausfinden, woran es liegt, dass wir keinen Mann abkriegen.«
    »Du solltest nicht immer von dir auf andere schließen«, entgegnete Lou trocken. »Ich bin bloß wegen der Gratis-Getränke mitgekommen. Und wenn ich tatsächlich genauso mies dastehe wie Schmittchen Schleicher dort drüben, dann richte ich mich lieber auf eine intime Beziehung mit meiner rechten Hand ein und schätze mich glücklich, dem grausamen Schicksal gerade noch mal von der Schippe gesprungen zu sein.«
    Auf der anderen Seite des Raums stand Alice, zog die Ärmel ihrer Strickjacke lang und betrachtete fröhlich das bunte Durcheinander aufgeregter, erwartungsvoller Gesichter. Sie ging gerne zu Audreys Vorträgen und meldete sich stets als Erste (und Einzige) ihrer Kolleginnen als freiwillige Helferin. Eifrig erschien sie dann etwas früher, bereitete alles vor, stellte die Stühle auf, goss den Wein ein und vergewisserte sich, dass die Beleuchtung für Audrey möglichst vorteilhaft war und ihr Mikrofon funktionierte. Zu guter Letzt öffnete sie die Tüten mit den Knabbersachen und den Mini-Würstchen im Schlafrock und legte die Broschüren aus, um anschließend mit einem warmen Hallo und einem Lächeln auf den Lippen die eintrudelnden Gäste zu begrüßen. Stets war sie bemüht, ihnen ihre Bedenken zu nehmen und auf ihre nervösen Nachfragen beruhigende Antworten zu geben. Obwohl Audrey ständig irgendwelche Anweisungen in ihre Richtung kläffte – und den Schlüssel für den Saal nie vor zehn zurückgab –, ging Alice nach solchen Abenden immer beschwingt und aufgekratzt nach Hause, mit einem kribbeligen Gefühl im Bauch, als hätte sie einen kleinen Schwips, bloß tausend Mal besser. Für solche Abende lebte sie; solche Abende waren das, was wirklich zählte.
    »Die Toiletten sind in der Lobby«, tönte Audrey laut. »Hopp, hopp, quasseln können Sie noch Ihr ganzes Leben lang. Der Vortrag beginnt um Punkt halb acht. Und Amor wartet nicht auf Nachzügler.«
    Alice gefror kurz das Lächeln im Gesicht, doch zum Glück schweiften ihre Gedanken schnell wieder ab. Wie viele dieser Gesichter sie wohl wiedersehen würde?, fragte sie sich. Wer von ihnen würde nächste Woche den Weg zu ihr ins Büro finden? Etliche, hoffte sie; so viele, wie in ihre Kartei passten, ohne dass sie platzte. Unvermittelt stellte sie sich das versammelte Publikum als lange Warteschlange vor, die sich von ihrem Schreibtisch durch das Büro bis zur Tür hinaus und einmal um den ganzen Häuserblock schlängelte: Ein Band aus lachenden, plappernden Menschen, die allesamt darauf warteten, mit ihrem Traumpartner zusammengebracht zu werden. Und wer weiß: Vielleicht erblühten ja bereits beim Schlangestehen die ersten Romanzen.
    Wie sie so in ihre Tagträume versunken dastand und die wimmelnde Menschenmenge zwischen Imbisstischchen und Ausgang hin und her wogte, fiel Alice’ Blick plötzlich auf zwei junge Frauen, die etwas abseits in einer Ecke standen. Eine war eine bildhübsche Dunkelhaarige, die allem Anschein nach gerade zwei Gläser Wein auf einmal trank, doch es war die andere, die Alice’ Interesse erregte. Sie war kleiner und wirkte in ihrem schicken Kostüm mit den hohen Schuhen weicher als ihre Freundin. Doch die elegante Garderobe passte so gar nicht zu ihrem angespannten Gesichtsausdruck. Unter dem stumpf geschnittenen, braven Pony hatte sie ein gezwungenes Lächeln aufgesetzt. Alice kannte dieses Lächeln nur zu gut. Wie oft hatte sie es schon gesehen – an einem solchen Abend gab es immer mindestens einen Gast, der es trug. Übersetzt bedeutete es: Denk positiv, atme tief durch, tu ganz entspannt. Dieses Lächeln zeugte von einem
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