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Alibi

Alibi

Titel: Alibi
Autoren: Agatha Christie
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Ihr Urteil gibt. In meiner Lage – als Witwe – habe ich es so schwer. Da sind so viele unangenehme Dinge zu erledigen – Ausstattung und alles andere. Ich bin überzeugt, dass Roger die Absicht hat, Flora etwas auszusetzen, doch wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist er in Geldangelegenheiten etwas eigen. Könnten Sie ihn in diesem Punkt nicht ein wenig ausforschen? Flora hat Sie so gern. Wir schätzen Sie wie unseren ältesten Freund, obwohl wir Sie erst seit zwei Jahren kennen.»
    Mrs. Ackroyds Redefluss wurde durch das Öffnen der Zimmertür kurzerhand abgeschnitten. Ich freute mich über diese Unterbrechung, denn ich hasse es, in anderer Leute Angelegenheiten hineingezogen zu werden.
    «Sie kennen doch Major Blunt, nicht wahr, lieber Doktor?»
    «Ja, gewiss.»
    Viele Leute kennen Hektor Blunt, zumindest dem Namen nach. Er hat in den unwahrscheinlichsten Gegenden mehr wilde Tiere erlegt als sonst irgendein Sterblicher, glaube ich. Wenn man ihn erwähnt, sagen die Leute: «Blunt – Sie meinen doch nicht den berühmten Reisenden und Großwildjäger?»
    Er und Ackroyd waren völlig verschieden. Hektor Blunt dürfte ungefähr fünf Jahre jünger sein als Ackroyd. In früher Jugend schlossen sie Freundschaft, und obwohl ihre Wege auseinandergingen, hält diese Freundschaft immer noch … Alle zwei Jahre einmal verbringt Blunt vierzehn Tage in Fernly, und dann erinnert immer ein neuer Tierkopf mit schrecklichen Hörnern und gläsernen Augen in der Halle an seinen Besuch.
    Blunt betrat den Raum mit dem ihm eigenen bedächtigen, trotzdem aber federnden Schritt. Er ist mittelgroß und von kräftigem, etwas stämmigem Körperbau. Sein fast mahagonibraunes Gesicht ist merkwürdig ausdruckslos. Seine grauen Augen erwecken den Eindruck, als beobachteten sie stets etwas, was sich in weiter Ferne zuträgt. Er spricht wenig, und was er sagt, kommt ruckweise, als müsste er sich die Worte gewaltsam abringen.
    Er begrüßte mich in seiner gewöhnlichen abgehackten Sprechweise: «Guten Abend, Sheppard», und ging auf den Kamin zu.
    Da fragte ihn Flora unvermittelt: «Major Blunt, wollen Sie mir nicht die afrikanischen Dinge hier erklären? Ich bin überzeugt, Sie wissen genau, was sie bedeuten.»
    Ich habe Hektor Blunt einen Frauenhasser nennen hören, doch merkte ich, dass er mit äußerster Bereitwilligkeit – anders kann man es nicht nennen – zu Flora an die Vitrine trat. Sie neigten sich gemeinsam darüber.
    Jetzt erschienen Ackroyd und sein Sekretär, und sofort bat Parker zu Tisch.
    Ich saß zwischen Mrs. Ackroyd und Flora, Blunt an Mrs. Ackroyds anderer Seite und neben ihm Geoffrey Raymond.
    Die Mahlzeit verlief nicht sehr angeregt. Ackroyd war sichtlich zerstreut. Er sah erbärmlich aus und aß fast nichts. Mrs. Ackroyd, Raymond und ich hielten das Gespräch aufrecht. Flora schien unter der Missstimmung ihres Onkels zu leiden, und Blunt war wieder in seine gewohnte Schweigsamkeit verfallen.
    Gleich nach dem Essen schob Ackroyd seinen Arm unter den meinen und entführte mich in sein Arbeitszimmer.
    «Nach dem Kaffee werden wir nicht weiter gestört werden», erklärte er. «Ich habe Raymond gebeten, dafür Sorge zu tragen.»
    Ich beobachtete ihn unauffällig, aber sehr genau. Es war klar, dass er unter dem Eindruck einer großen Erregung stand. Ein Weilchen schritt er im Zimmer auf und ab, setzte sich aber, als Parker mit dem Kaffee kam, in den Lehnstuhl vor dem Kamin.
    Das Arbeitszimmer war ein behaglicher Raum. Bücherregale bedeckten eine ganze Wand. Die bequemen Stühle waren mit dunkelblauem Leder bezogen. Unweit des Fensters stand ein großer Schreibtisch, den geschichtete und gesichtete Papier bedeckten. Auf einem runden Tischchen lagen Zeitschriften und Sportblätter.
    «Ich hatte kürzlich nach dem Essen wieder einen Anfall jener Schmerzen», bemerkte Ackroyd gleichgültig, während er sich mit Kaffee bediente. «Bringen Sie mir doch wieder von Ihren Tabletten.»
    «Dacht ich mir’s doch. Ich habe gleich welche mitgebracht.»
    «Sehr freundlich. Bitte geben Sie sie mir.»
    «Sie sind in meiner Tasche in der Halle. Ich will sie holen.»
    Ackroyd hielt mich zurück.
    «Bemühen Sie sich nicht. Parker wird sie bringen. Parker, wollen Sie die Tasche des Herrn Doktor hereinholen?»
    «Jawohl, Sir.»
    Parker verschwand. Als ich sprechen wollte, winkte Ackroyd mit der Hand ab.
    «Noch nicht. Warten Sie etwas. Ich bin in einer Verfassung, dass ich mich kaum beherrschen kann.»
    Das sah ich deutlich genug. Und mir war
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