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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX
Autoren: Joel Ross
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England …«
    Tom feuerte den Kaliber-25-Colt in seiner rechten Hand ab. Es gab einen lauten Knall, obwohl er vom Verband gedämpft wurde. Das Geschoss traf Rugg im Unterkiefer und bahnte sich seinen Weg zur Schädeldecke. Tom fuhr herum, wehrte Renards Messerattacke mit dem linken Unterarm ab und feuerte zwei Mal auf ihn. Noch in derselben Bewegung sah er, wie Sondegger einen Enfield Kaliber 38 mit der Eleganz eines geübten Scharfschützen auf ihn anlegte. Tom warf den Arm nach rechts, gegen seine Bewegungsrichtung, und feuerte, bis der 25er leer klickte. Zwei Schüsse gingen weit daneben, dann erschien zwei Zentimeter neben Sondeggers Nasenrücken ein dunkles Loch. Toms Beine verhedderten sich, ihm wurde schwarz vor Augen. Rugg stürzte sich auf ihn und riss ihn krachend zu Boden. Er feuerte weiter mit dem leeren 25er, bis ihm bewusst wurde, dass Rugg tot war.
    Aber Tom schaffte es nicht, die Leiche anzuheben. Er brach zusammen, seine Beine waren unter Ruggs totem Brustkorb eingeklemmt. Das Funkgerät summte leise vor sich hin und übertrug leeres Schweigen.
     

35
 
5. Dezember 1941, Nacht
    Der Himmel war noch eine Spur dunkler geworden. Toms Beine waren taub. Er rollte Ruggs Leiche von sich und versuchte aufzustehen. Seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. Er blieb auf dem Boden liegen und zündete sich eine Zigarette an. Schließlich rappelte er sich hoch und fiel dabei fast über seinen Verband. Er riss ihn von der Hand und ließ ihn fallen. Er fand die Treppe, breit und matschig wie ein Flussufer. Dann hatte er genug vom Stehen, also setzte er sich wieder.
    Die Zeit verging. Von draußen drang Lärm, Verkehr und Menschen. Tom drückte die Eingangstür auf und fand sich auf den Stufen zu einer ausgebombten Kirche wieder. Auf der anderen Straßenseite stand ein Lieferwagen. Männer rannten herum, einer entdeckte ihn und brüllte etwas. Er versuchte einen Rauchkringel zu blasen, aber die Zigarette war erloschen.
    Highcastle trat um den Lieferwagen. Er näherte sich, und sein Gesicht füllte Toms gesamtes Sichtfeld. Er fragte etwas, Tom gab darauf eine Antwort, und Highcastles gedrungener Schädel verschwand.
    Dann war er plötzlich wieder da, er lächelte. Er sagte: »Sie Schweinepriester. Sie gottverdammter Schweinepriester.« Sein Gesicht leuchtete, in den gelben Augen standen ihm Tränen. »Sergeant Wall. Das war eine gute Vorstellung.«
    Tom hörte Harriets Stimme, er sagte ihren Namen. Irgendwie war sie hier und faselte was von ihrem Wagen. Sie war angerufen worden, ihr MG sei mitten auf einer Straße abgestellt. Sie war mit der Polizei zu Hause gewesen und habe gewartet, dass … »Oh, Tom!«, rief sie, als sie ihn sah.
    »Großer Gott. Ein Krankenwagen! Highcastle, wo bleibt der verdammte Krankenwagen?« Sie stand vor ihm. Ihre Hände waren weich und warm. »Mein Gott, Tommy … du siehst aus wie der Tod.«
    »Es geht mir großartig«, sagte er. »Ging mir nie besser.«
    »O nein. Bitte du nicht auch noch. Das würde ich nicht ertragen.« Sie packte ihn, als er schwankte, und dann lag er auf einer Trage, sie war über ihn gebeugt, und dahinter zog der Nachthimmel vorüber. »Tommy, kannst du mich hören?«
    »Der Mikrofilm«, nuschelte er Highcastle zu. »Wir haben den Beweis gefunden.«
    »Sie ausgekochter Schweinepriester – Sie haben was?«
    »Die Bestätigung.« Er spürte, wie seine Lippen sich bewegten, hörte aber nichts. »Harriet hat sie.«
    »Den zweiten Mikrofilm?«, fragte Highcastle. »Den Beweis für den japanischen Angriff?«
    »Ich glaube, das sagt er.« Harriets Stimme klang klar und hell und falsch. »Du hast was gefunden, Thomas? Ich bin mir nicht sicher, was er uns sagen will …«
    »In meiner Hand – die Nachricht.«
    »Ich kann ihn nur schlecht verstehen«, sagte sie zu Highcastle.
    »Der Beweis! Harriet, sag es ihm …«
    »Er redet wirr.« Sie drückte ihm die Hand. »Er muss sich ausruhen. Der Arme. Er kommt ja nie zur Ruhe, seit Kreta …«
    Sie würde die Amerikaner nicht warnen. »Harriet«, sagte er.
    »Bitte.«
    »Der arme Tommy, so todmüde …«
    Dann zog der Nebel auf.

36
 
8. Dezember 1941, Morgen
    Tom erwachte aus einem Traum, erinnerte sich dunkel an Gelächter. Das Zimmer roch nach Jasmin. Sie waren im Café Society in Greenwich gewesen, Benny Goodman hatte auf der Klarinette gespielt. Sie war mit ihrem ungeheuerlichen Lachen und ihrem rotzfrechen Blick um ihn herumgetanzt. Er sagte: »Audrey?«
    »Nein.« Harriet stand an seinem Bett. »Ich bin’s.«
    Er
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