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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX
Autoren: Joel Ross
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Kleiderständer neben der Tür.
    »Vater ist hier gewesen, Tom. Er arbeitet für die Deutschen.«
    Sie drehte den Knauf um, und Rugg und Renard stürmten mit gezogenen Revolvern in die Wohnung.
    »Kein Wort.« Renard fuchtelte mit seiner Waffe. »Zurück.«
    Sondegger trat ein und schloss sacht hinter sich die Tür.
    »Lady Harriet, welch große Freude.«
    »Ich muss sagen, Dietrich«, begann Tom, »dass ich anfange, Sie nicht zu mögen.«
    »Wie schade«, sagte Sondegger. »Denn ich mag Sie sehr gern. Soll ich Ihnen eine Geschichte erzählen?«
    »Hören Sie sich lieber meine an«, sagte Harriet, als sie ins Wohnzimmer getrieben wurden. »Ich komme gerade von der Polizei. Und wenn Sie mit ihr nicht Bekanntschaft machen wollen …«
    »Welch theatralischer Einfall«, sagte Sondegger mit warmer, voller Stimme. »Doch wie König Schehrijar seiner Scheherazade niemals sagte: Seien Sie still. Wir haben Wichtigeres zu besprechen. Ihr Ehemann …«
    »Den Sie umgebracht haben«, sagte Harriet, während sie mit dem Rücken gegen das Klavier stieß.
    »Ich hatte gehofft, meine Transaktion mit Earl würde im beiderseitigen Einvernehmen über die Bühne gehen. Aber er hatte sich dagegen entschieden.« Sondegger wandte sich an Rugg. »Könnten Sie so freundlich sein?«
    Rugg nickte und verließ das Zimmer.
    »Sie wissen«, fragte Sondegger, »dass zwei Mikrofilme aus Deutschland herausgeschmuggelt worden sind? Der zweite befindet sich an einem äußerst ungewöhnlichen Ort.« Sondegger sah auf Toms bandagierte Hand. »Ah. Sie haben die Sache, die Sie in der Hand hielten, bereits gefunden? Ausgezeichnet. Die Geschichte ist im Grunde ganz einfach. Earl wurde von einem Agenten kontaktiert, einem gewissen Monsieur Galland, der die Filme gestohlen … Ach, es ist zu mühselig, hier alles zu erzählen. Von den beiden gestohlenen Mikrofilmen wurde jedenfalls einer Earl übergeben, und mir gelang es, den zweiten, der die Richtigkeit des ersten bestätigt, in Verwahrung zu nehmen.«
    Sondegger ließ den Blick zu Tom schweifen, dann mit größerem Interesse zu Harriet. Sie sah ihn mit ausdrucksloser Miene an, aber der Hunne musterte sie eindringlich und nickte. Er wusste, dass sie den Mikropunkt hatte. Und Tom konnte es ihrer Miene ablesen, dass sie es ebenfalls wusste. Sie griff hinter sich zum Klavier, als müsste sie sich abstützen.
    »Nachdem Earl tot war«, fuhr Sondegger fort, »gab ich meinen Mikropunkt an Tom weiter. Es war …«
    »Keine Bewegung, Arschgeige«, entfuhr es Renard, als Tom nach der Zigarettenpackung in seiner Tasche griff.
    »Renard, du hast es nicht geschafft, mich mit dem Messer zu ritzen.« Tom führte die Packung zum Mund. »Und du meinst jetzt, dass der Revolver ausreicht?«
    Ein Messer erschien in Renards freier Hand. »Ich werd dich mehr als ritzen. Ich werd’s dir ins Herz rammen und zusehen, wie du verblutest.«
    »Mr. Renard«, sagte Sondegger. »Bitte!«
    Wieder zuckte Renard mit der Hand, und das Messer war verschwunden.
    »Danke. Ich habe Ihnen, Tom, meinen Mikrofilm ausgehändigt.« Sondegger gluckste. »Ein weiteres Wortspiel, Ihnen zuliebe. Ausgehändigt, in der Tat. Ich sah mich
genötigt …«
    »Aber jetzt steh ich mit leeren Händen da.« Tom zündete sich die Zigarette an. »Meinst du wirklich, du kannst es mit mir aufnehmen?«
    »Warte nur«, sagte Renard, »ich werde dich aufschlitzen …«
    »Ich sah mich genötigt«, unterbrach ihn Sondegger mit einer Stimme, so sanft wie die Morgendämmerung, »Ihnen den Mikrofilm zu geben. Wäre nur einmal mein Mund inspiziert worden, wäre alles verloren gewesen. Ich wurde geschickt – wie Ihnen sicherlich klar sein dürfte –, um die Mikrofilme zu zerstören.«
    »Warum haben Sie das verdammte Ding dann nicht einfach runtergeschluckt?«, sagte Tom. »Es steckte eine Woche lang in Ihrem Zahnfleisch.«
    »Ich brauchte ein Druckmittel«, sagte Sondegger. »Es wäre eine unkluge Lösung für eine schwierige Situation gewesen. Ich hatte gehofft …«
    Tom sah zu Harriet. Sie hatte die Hand auf dem offenen Klavierdeckel, und ihre Augen funkelten, als sie seinen Blick auffing. Er kannte dieses Funkeln. Er nickte unmerklich – und sie knallte den Deckel nach unten. Renard und Sondegger fuhren herum, Tom schnippte dem Deutschen die brennende Zigarette ins Gesicht und trat mit dem Fuß gegen den Tisch, um ihn gegen Renard zu stoßen.
    »Das Fenster! Harry, los!«
    Der Mikrofilm befand sich in Harriets Tasche. Sie musste das hinter dem Vorhang liegende, mit
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