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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen
Autoren: Wolfgang Burger
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ich ihn ohne Begrüßung an. »Ich bin sehr gespannt auf Ihre Geschichte.«
    Er hockte sich auf die Stuhlkante und starrte auf seine Knie. »Also, wir sind am Samstagabend in Plankstadt gewesen, wissen Sie ja schon, in der Beethovenstraße … und … ich … also …«
    »Und da haben Sie etwas beobachtet, was Ihnen verdächtig vorgekommen ist«, half ich meinem Pechvogel vom Dienst auf die Sprünge.
    »Erst mal haben wir bloß gehalten und ein bisschen geguckt.«
    »Das war sehr umsichtig von Ihnen. Es ist immer gut, sich erst mal einen Überblick zu verschaffen.«
    Meinen Sarkasmus deutete Runkel als Lob. Er wuchs eine Spur. »Und der Dieter, also Dieter Müller, der hat dann Hunger gekriegt.«
    »Und das Fahrzeug verlassen?«
    Runkel nickte. »War schon fast Mitternacht. Und wir sind ja schon fünf Stunden im Einsatz gewesen.«
    Von denen er vermutlich die meisten verschlafen hatte.
    »Und so spät haben Sie noch was zu essen gefunden?«
    »An der Schwetzinger Straße ist ein Dönerladen. Der hat noch aufgehabt.«
    Wie üblich ließ er sich jede Kleinigkeit einzeln aus der Nase ziehen.
    »Und wie lange war der Kollege weg?«, fragte ich schon leicht erschöpft.
    »Weiß ich nicht genau.«
    Inzwischen wagte Runkel nicht einmal mehr zu nicken. Eine Weile kauerte er mir unglücklich schnaufend gegenüber. Aber schließlich fuhr er ungefragt fort: »Jedenfalls, auf einmal reißt der Dieter die Tür auf, mit ’nem Döner in der Hand, und brüllt irgendwas. Ich hab nur verstanden: ›Los, los‹ und den Motor angelassen. Und da ist dann das andere Auto gewesen. Ein dunkles Auto. Mercedes oder so was. Obere Mittelklasse jedenfalls. Mehr hat man nicht sehen können, und der Dieter hat gebrüllt, ich soll hinterher. Die sind auch ziemlich schnell gewesen …«
    »Die?«
    »Ich denk mal, dass es mehrere gewesen sind. Die Kellertürenbande, die kommen doch immer zu zweit oder zu dritt, oder nicht?«
    »Und wie sind Sie, bitte schön, auf die Idee gekommen, dass in dem Auto Einbrecher saßen?«
    Kläglich hob er die Schultern. »Der Dieter ist sich ganz sicher gewesen, dass sie es sind. Warum, weiß ich auch nicht. Und es ist doch so ein Durcheinander gewesen, und ich bin auch noch nicht ganz … na ja, ich bin ein bisschen konfus gewesen in dem Augenblick. Und die sind auch wirklich abgehauen wie der Teufel. Wir also hinterher, um ein paar Ecken, der Dieter immer weiter gebrüllt, ich soll doch mehr Gas geben, und dann sind wir auf die Schwetzinger Straße eingebogen, und da …«
    »… haben Sie die Kurve nicht gekriegt. Haben Sie wenigstens das Kennzeichen dieses angeblichen Fluchtfahrzeugs?«
    Betrübtes Kopfschütteln.
    Ich schickte den glücklosen Helden an seinen Schreibtisch zurück und bat Sönnchen, mir eine Verbindung zu Runkels Beifahrer zu machen. Ich musste einige Minuten warten, da er nicht mehr im Krankenhaus lag, sondern dienstunfähig zu Hause saß und auf seinen ruhig gestellten rechten Arm aufpasste.
    Auch er gab sich reumütig. »Es sind drei Typen gewesen, da bin ich mir sicher«, war praktisch der einzige Hinweis, den er mir geben konnte. »Und sie haben’s echt verdammt eilig gehabt.«
    »Und Sie waren nicht angeschnallt.«
    »War total blöd. Ich hab mit meinem Döner zu tun gehabt. Und das mit einer Hand, im Dunkeln … Den Döner hab ich dann komplett auf der Hose gehabt. Die kann ich wegschmeißen. Das geht nie und nimmer raus beim Waschen.«
    An manchen Tagen machte es keinen Spaß, Chef zu sein.

6
    Justus Albert Lassalle entstammte einer gut situierten Familie, fand ich mithilfe des World Wide Web heraus. Sein Vater war in Frankfurt-Höchst Prokurist eines Großhandels für Industriegase gewesen. Die Eltern hatten vier Kinder in die Welt gesetzt, allesamt Söhne, von denen Leas Vater der zweitjüngste war. 1980 machte er am Frankfurter Friedrich-Dessauer-Gymnasium Abitur. Im folgenden Jahr begann er, an der TH Darmstadt Chemie zu studieren. Sechzehn Semester später, im Jahr der deutschen Wiedervereinigung, schloss er das Studium mit der Promotion ab. Keine schlechte Startbasis für ein sorgenfreies Leben, sollte man meinen.
    Aber irgendetwas war schiefgegangen. Als er fünfzehn Jahre später in Heidelberg auftauchte, gab er als Familienstand »geschieden« und als Beruf »keiner« an. Anfangs hatte er in einer Mietwohnung in Kirchheim gewohnt. Aber schon wenig später hatte er das Haus an der Fichtestraße gekauft, und wovon er seither lebte, wusste nicht einmal Google.
    Ich wäre dem Mann
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