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Albtraum

Albtraum

Titel: Albtraum
Autoren: E Spindler
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lachend abzutun, nahm er ihr Gesicht zwischen beide Hände und sah ihr wieder tief in die Augen. „Es ist mir ernst. Du hast diesen ganz gewissen Zauber, Katherine Mary McDowell Ryan. Danke, dass du ihn mit mir teilst.“
    Gerührt schalt sie sich für ihre vorherige Melancholie und ermahnte sich, dankbar zu sein. Das Mädchen mit den löcherigen Schuhen und der abgetragenen Schuluniform von St. Catherine’s, das nie die Sicherheit eines gemütlichen Zuhauses kennen gelernt hatte, das die Tulane University auf Grund eines Stipendiums und mit Hilfe geliehener Bücher und nächtlicher Kellnerarbeit absolvierte, hatte es weit gebracht. Nicht zuletzt, weil Richard Ryan, Lieblingssohn einer der ersten Familien von New Orleans, sich wunderbarerweise und unfassbar in sie verliebt hatte.
    „Ich liebe dich, Richard.“
    „Dem Himmel sei Dank.“ Er legte wieder die Stirn gegen ihre. „Könnten wir jetzt hineingehen?“
    Sie stimmte zu, und sie stürzten sich wieder ins Partygetriebe,umgeben von ihren munteren Gästen. Richard machte seine Ankündigung, die, wie erwartet, von allen, die noch nicht unterrichtet waren, mit Applaus begrüßt wurde.
    Von dem Moment an schien das Fest überzuschäumen. Alle schienen von einer sonderbaren Energie befallen zu werden, von dem Wissen, dass nichts so blieb, wie es war. 1999, das Ende des Jahrtausends, brachte ein Gefühl von Unsicherheit mit sich.
    Mitternacht kam. Konfetti und Luftschlangen wurden geworfen, Hörner geblasen und noch mehr Champagner getrunken. Der Partyservice hatte ein Buffet aufgebaut. Es wurde gegessen und gefeiert, doch schließlich begannen die Gäste einer nach dem anderen aufzubrechen.
    Nachdem Richard den letzten Gast hinausbegleitet hatte, begann Kate gleich damit, aufzuräumen, obwohl sie einen Reinigungsdienst beauftragt hatten, der gleich am nächsten Morgen kommen würde.
    „Du bist schön.“
    Sie blickte auf. Richard stand in der Tür zwischen Speisezimmer und vorderem Salon und beobachtete sie.
    Sie lächelte. „Und du bist erhitzt vom Erfolg oder vom Alkohol.“
    „Von beidem. Aber es stimmt trotzdem, du bist hinreißend.“
    Sie wusste, das war übertrieben. Sie war attraktiv mit einem irgendwie alterslosen Gesicht. Nicht hinreißend oder sexy. Nicht umwerfend. Klasse vielleicht, solide bestimmt. „Ich freue mich, dass du das findest.“
    „Du kannst nie ein Kompliment einfach hinnehmen. Das geht wohl auf das Konto deines alten Herrn.“
    „Du hast gute Knochen, Katherine Mary McDowell“, imitiertesie die Stimme ihres Vaters mit dem leichten schottischen Akzent. „Unterschätze nie die Wichtigkeit guter Knochen und Zähne.“ Sie lachte. „Als wäre ich ein Arbeitspferd.“
    Richard lächelte, und wie schon vorhin erinnerte er sie an den Jungen aus der Studentenbruderschaft, in den sie sich damals – wie fast alle Mädchen auf dem Campus der Tulane University – verliebt hatte. „Dein Vater fand doch immer die richtigen Worte.“
    „Allerdings. Komm, hilf mir.“
    Stattdessen neigte er den Kopf zur Seite und betrachtete sie erfreut. „Kate McDowell, von vielen begehrt, einschließlich meines guten Freundes Luke, doch ich habe sie an Land gezogen.“
    Wie immer, wenn der Name ihres gemeinsamen Freundes Luke Dallas fiel, bekam sie Schuldgefühle und leise Sehnsucht. Damals, auf der Uni, waren sie drei unzertrennliche Freunde gewesen. Luke war ihr Vertrauter geworden, an den sie sich gewandt hatte, wenn sie Trost, Rat und Unterstützung brauchte. In vielerlei Hinsicht hatte sie ihm in jenen Jahren näher gestanden als Richard.
    Dann hatte sie ihre so wunderbare Freundschaft mit einem einzigen gedankenlosen, rücksichtslosen Akt der Leidenschaft und Trauer zerstört.
    Die Erinnerung tat weh, deshalb widmete sie sich wieder dem schmutzigen Geschirr. „Du bist betrunken“, stellte sie schlicht fest.
    „Na und? Ich muss ja nicht Auto fahren.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Willst du leugnen, dass Luke in dich verliebt war?“
    „Wir waren Freunde, Richard.“
    „Und sonst nichts?“
    Sie sah ihm in die Augen. „Wir waren alle Freunde. Ich wünschte, das wäre so geblieben.“
    Richard beobachtete sie nur stumm. Etwas beschwichtigt, sagte er dann: „Du wirst die ideale Politikergattin.“
    „Bist du dir da so sicher, Bezirks-Staatsanwalt Ryan? Schließlich habe ich keinen noblen Stammbaum.“
    „Du hast Klasse, du bist schön, und du bist klug, Kate. Du brauchst keinen noblen Stammbaum, du hast mich
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