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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Autoren: James Clemens
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vorüberschleppte.
    Tol chuk seufzte. Jetzt wurde ihm klar, was ihn hierher gezogen hatte. Er brauchte ein letztes Zeichen der Vergebung, nicht um Ly’chuk die Reise in die nächste Welt zu erleichtern, sondern um sein eigenes Herz zu entlasten.
    Wieder ein schwacher Händedruck. Der Sterbende musste gespürt haben, wie er sich quälte. Ein Flüstern löste sich von den schmalen Lippen. Tol chuk hatte nicht erwartet, dass Ly’chuk noch die Kraft zum Sprechen aufbrächte.
    »Ich … ich habe meinen Sohn nie gesehen«, stieß er hervor.
    Tol chuk erinnerte sich. Ly’chuk hatte einen Sohn gezeugt, doch am Tag von dessen Geburt hatte ihn die Strafe des Landes ereilt.
    Die Finger umschlangen seine Hand mit der letzten Energie des geschwächten Körpers. »Sieh du den deinen …«
    Wie ein Feuerstrahl schoss es in Tol’chuks Hand, raste durch seinen Arm und drang, brennend und eisig zugleich, bis in sein Herz. Von dort sank die Wärme in seine Eingeweide hinab und verströmte schließlich in seinen Lenden.
    Er spürte, wie etwas in seinem Inneren Heilung fand.
    Ly’chuk regte sich nicht mehr, seine Augen zeigten die gläserne Starre des Todes. Tol chuk hielt seine Hand noch etwas länger umschlossen. Er wusste genau, was eben geschehen war. Er hatte ein letztes Geschenk erhalten. Ly’chuk hatte die Magik, die seine eigenen unfruchtbaren Lenden geheilt hatte, an ihn weitergegeben.
    Sieh du den deinen …
    Tol chuk verstand und spürte für einen Lidschlag die Absicht, die dahinter stand. Dieses letzte Geschenk war kein Versuch Ly’chuks, sein Geschlecht fortzusetzen, vielmehr sollte Tol chuk die Chance erhalten, aus einem Geist der Güte und der Vergebung heraus ein neues Geschlecht zu gründen. Er legte die magere Hand des Toten auf dessen Brust.
    »Gehe in Frieden.«
    Elena starrte auf die Schwärze zu ihren Füßen. Seit dem Erdbeben wusste sie, dass noch nicht alles vorbei war. Aus den Tiefen ihres Herzens stieg quälend Svesa’kofas Warnung auf. Wieder sah sie den Schatten der Hexe vor dem Geiststein schweben: Du wirst an einen Wendepunkt gelangen und hast zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen. Deine Entscheidung wird der Welt zum Heil oder zum Unheil gereichen.
    »Was hast du?« fragte Er’ril wieder.
    Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte Stillschweigen gelobt. Diese Prophezeiung ging nur sie allein etwas an.
    »Sprich, ich bitte dich.«
    Sie hörte den Schmerz in seiner Stimme und wandte sich zu ihm um. In seinen sturmgrauen Augen las sie, dass er sie liebte und bereit war, alles zu opfern, um sie zu schützen. Konnte sie dahinter zurückbleiben?
    »Bitte …« Ein ersticktes Flüstern. Er trat näher. Seine Hand strich ihr über die Wange.
    Sie schloss die Augen, aber das half nichts. Seine Berührung brannte wie Feuer. Sie hörte an seinen schweren Atemzügen, dass auch er Angst hatte. Das ging ihr zu Herzen. Tief in ihrem Inneren zerriss etwas. Wozu denn noch die Geheimnisse? Sie öffnete die Augen und ließ ihre eigene Angst noch deutlicher zum Vorschein kommen. »Er’ril …«
    Ein heftiger Erdstoß schnitt ihr das Wort ab. In der Decke öffnete sich ein Riss. Beide sprangen zurück, als eine Felsplatte zu Boden krachte. Männer und Zwerge stoben auseinander. Niemand wurde verletzt.
    »Was geht hier vor?« fragte Joach und hielt seinen Stab bereit.
    Diesmal beruhigte sich die Erde nicht mehr. Immer wieder wurde sie von Stößen erschüttert. Ein Netz von Sprüngen lief über die gewölbte Decke und über den Boden.
    »Wir müssen fort«, sagte Er’ril und fasste Elenas Arm. »Jetzt gleich!«
    Ein Horn ertönte, und Kast kam zu ihnen. Er musste schreien, um das Grollen zu übertönen. »Wennar bläst zum Sammeln! Wir sind zum Abmarsch bereit!«
    Er’ril winkte ab. »Dann geht! Führt alle nach draußen! Wir kommen nach!« Kast war schon unterwegs. Er’ril widmete sich wieder Elena. Als er ihre Unschlüssigkeit erkannte, umklammerte er ihren Arm fester. »Cho findet uns an der Oberfläche ebenso leicht wie hier.«
    Joach, der nicht weit von ihnen stand, trat von einem Fuß auf den anderen. »Er hat Recht, Elena.«
    Sie sah die beiden an und nickte.
    Doch bevor sie noch einen Schritt tun konnten, bäumte sich unter ihnen die Erde auf. Sie wurden von den Beinen gerissen. Ringsum krachten Steine nieder. War es etwa schon zu spät?
    Ein silbriger Wirbel stieg auf, als hätte ihn der Erdstoß aus dem Boden geschüttelt. Elena setzte sich auf die Fersen zurück und sah daran empor. Der Silberschleier
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