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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Autoren: James Clemens
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gezeigt, wie sie meinem Herzen am nächsten stand als meine Schwester.
    »Was ist aus dir und Er’ril geworden?« frage ich sie nun … denn das hatte ich bisher nie getan. »Habt ihr ein langes und glückliches Leben geführt?«
    Und, kaum hörbar, dringt ein Flüstern durch die Zeiten, traurig und glücklich zugleich. Wir haben gelebt … Was will man mehr?
    Ich ertrage es nicht länger. Ich lasse den Tränen freien Lauf. Sie fallen auf das Pergament. Das Herz bricht mir, es fügt sich wieder zusammen, und nun ist es unbefleckt und voller Liebe.
    Nicht einmal ein Schatten bewegt sich, dennoch spüre ich, wie sich mir eine Hand entgegenstreckt. Ich kann nicht länger warten. Alles geht zu Ende: mein Leben, meine Geschichte und die Rolle, die ich in Alaseas Welt und in seinem Schicksal spielte.
    So lege ich denn die Feder beiseite und ergreife stattdessen diese Hand.
    Die letzte Frage an die künftigen Gelehrten
Warum sind die Kelvisch Schriften verboten?
    Schreiben Sie Ihre Antwort mit Tinte, und
unterzeichnen Sie mit Ihrem Handabdruck.
Erbrechen Sie das Siegel auf den nächsten Seiten erst,
nachdem der für Sie zuständige Proktor Ihre
Ausführungen zur Kenntnis genommen hat.
    NACHWORT
    von Jir’rob Sordun, D.F.S., M.A. Universitätsdekan und Forschungsleiter, U.D.B.
    Ein herzliches Willkommen den neuen Gelehrten des Gemeinwesens.
    Es ist mir eine Ehre, all jene zu beglückwünschen, die diese Seiten lesen. Sie haben die letzte Prüfung bestanden, man hat Ihnen die rote Schärpe verliehen. Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass nicht alle Ihre einstigen Mitstudenten bei Ihnen sind. Viele haben den langen Weg nur zurückgelegt, um ganz am Ende zu stolpern. Sie haben die letzte Frage nicht richtig beantwortet.
    Warum sind die Texte verboten?
    Die roten Schärpen geben Ihnen natürlich die Gewissheit, selbst die rechte Antwort gefunden zu haben. Trotzdem sollen Sie auch erfahren, was andere geschrieben haben. Denn auch von all jenen, die nach Au’trie an den Galgen geschickt wurden, können Sie zu guter Letzt noch etwas lernen.
    Der Irrtum, dem Ihre gescheiterten Mitstudenten am häufigsten erlagen, bestand nämlich darin, dass sie dem Autor der Schriften, dem angeblichen Bruder Elena Morin’stals, zu viel Vertrauen schenkten. Sie beantworteten die letzte Frage mit der Vermutung, seine Worte seien schließlich doch für bare Münze zu nehmen, und mit dem Erlöschen des Hexensterns würde tatsächlich die Magik in die Welt zurückkehren. Das ist natürlich absurd und ein sicheres Zeichen für einen noch ungefestigten Gelehrtenverstand. Sie sind dem schleichenden Gift des Autors erlegen und wurden von ihm zum Narren gehalten.
    Nein, so lautet die Antwort selbstverständlich nicht. Die eigentliche Gefahr des Textes liegt in Elenas angeblich letzter Tat:
    Dem Autor zufolge nahm sie die Magik und verteilte sie in Form von besonderen Begabungen auf alle Länder und alle Völker, damit, wie sie sagte, › alle Wesen einander gleich wären‹.
    Hiermit suchen uns die Schriften endgültig auf den Weg des Verderbens zu locken.
    Denn es ist offensichtlich grausam, jedem gemeinen Feldarbeiter oder Stallknecht einreden zu wollen, er sei den Oligarchen des Gemeinwesens gleichgestellt. Und was ist mit den Sklaven aus dem Lande Ei’wehn? Nehmen wir an, sie wähnten sich ihren Herren ebenbürtig! Können Sie sich die Folgen ausmalen? Solche Vorstellungen müssen ausgerottet, unter dem Stiefel der Gelehrsamkeit zertreten werden. Saaten wie diese brächten nur Unruhe, Zwietracht und Unordnung hervor.
    Das darf nicht sein. Das Gemeinwesen ist ein Leitstern für alle Völker. Unser Kastenwesen muss um jeden Preis aufrechterhalten und die Hierarchie unseres Adels bewahrt werden. Nichts darf das vollkommene Gefüge unserer Oligarchie stören.
    Die Herrschaftsordnung darf nicht angetastet werden.
    Folglich haben Sie, die neuen Hüter des Gemeinwesens, die Sie Alte Geschichte und Rechtslehre studiert haben, in den kommenden Jahrzehnten eine besonders wichtige Rolle zu spielen. Heute dürfen Sie noch feiern, doch danach werden Sie Ihre Schärpen zusammenfalten und in die Truhe legen. Es gibt viel zu tun. Ihre Generation wird Zeiten erleben, die finsterer sind, als ich sie kannte. Sie werden an der Verantwortung für das Wohlergehen des Gemeinwesens schwerer zu tragen haben.
    Denn es gibt einen Grund, warum Ihre Kommilitonen wegen ihrer falschen oder missverständlichen Antworten gehängt wurden. Dieser Grund hängt mit einer
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