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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Autoren: Das Buch des Sturms
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verbrannte oder einen Zeh an einem übersehenen Stein stieß? Sie fuhr sich mit der Hand über die graue Hose und bemühte sich um Würde, fand jedoch nur einen nassen Fleck an ihrem Hinterteil.
    »Die anderen warten schon lange«, sagte er, während er an ihr vorbeischritt und auf dem Weg über die dreihundert Stufen zu dem Pass, wo sich der Rest der Gruppe versammelt hatte, vorausging. »Selbst der Wolf müsste inzwischen zurück sein.«
    Ferndal war in seiner Wolfsgestalt bei Tagesanbruch aufgebrochen, um die Pfade zu erforschen, die in die fernen Täler führten. Unterdessen sollten Ni’lahn und Merik die Pferde einfangen und den Wagen reisefertig machen, während Tol’chuk und Mogwied sich um die Vorräte kümmerten. Nur Kral war noch unten geblieben, um seinem Gebirglerstamm ein letztes Lebewohl zu sagen.
    »Wenn wir den Pass bis zum Einbruch der Dunkelheit überwunden haben wollen«, sagte Er’ril während des Aufstiegs, »müssen wir uns beeilen. Also richte die Augen lieber auf die Stufen statt zu den Wolken hinauf.« Als ob seine warnenden Worte verhöhnt werden sollten, rutschte Er’ril in diesem Moment selbst auf dem Eis aus. Sein Arm schoss nach vorn, und er musste über zwei Stufen hinweg hüpfen, um das Gleichgewicht wiederzugewinnen. Als er anschließend zu Elena zurückblickte, war sein Gesicht um eine Spur dunkler als zuvor.
    »Ich werde gut aufpassen, wohin ich meine Füße setze«, sagte Elena und schlug die Augen nieder, doch sie konnte nicht vermeiden, dass ein Lächeln ihre Lippen umspielte.
    Er’ril murmelte leise etwas vor sich hin und setzte seinen Weg fort.
    Vorsichtig brachten sie die Stufen hinter sich, jeder für sich in Schweigen gehüllt. Elena hatte jedoch das Gefühl, dass ihre Gedanken um dieselbe Sorge kreisten - die Reise, die vor ihnen lag, die lange Wanderung durch die vielen Landschaften Alaseas zur verlorenen Stadt A’loatal. Irgendwo in der versunkenen Stadt lag das Buch des Blutes; vor vielen Jahrhunderten war es dort von Er’ril versteckt worden. Der Prophezeiung nach sollte dieses umfangreiche Werk den Schlüssel enthalten, mit dem die Befreiung ihres Landes von der schwarzen Verderbnis des Großen Gul’gotha zu bewerkstelligen wäre. Doch würde es ihnen, einer Gruppe Reisender aus unterschiedlichen Ländern, von denen jeder seinen eigenen Beweggrund hatte, diese Reise zu unternehmen, gelingen, in seinen Besitz zu gelangen?
    Nachdem sie den größten Teil der vergangenen Wochen mit Überlegen, Planen und Reisevorbereitungen verbracht hatten, machte sich nun in allen Reisenden eine Mischung aus Erleichterung und Angst breit - Erleichterung, weil sie endlich den Weg antraten, und Angst, weil sie die Sicherheit der winterlichen Pässe hinter sich ließen. Eine drückende Stille, so wie jetzt, lastete auf jedem von ihnen, mit Ausnahme von …
    »He!« Der Ruf, der irgendwo hinter ihnen erschallte, ließ sowohl Er’ril als auch Elena, die vorwegmarschierte, innehalten. Elena drehte sich ruckartig um und sah Kral, der seinen gewaltigen Körper durch eine - jetzt winzig erscheinende - Öffnung in dem Granitfels tief unter ihnen zwängte. Er winkte ihnen mit einem Arm von der Größe eines Baumstamms zu, und seine Stimme polterte wie ein Felsbrocken durch die enge Schlucht. »Wartet mal! Ich komme mit euch.«
    Auf dem gebeugten Rücken trug er ein schweres Bündel. Trotzdem nahm er beim Aufstieg drei Stufen mit einem Schritt. Elena zuckte zusammen und hielt die Luft an. Sie war erstaunt, dass sich nicht mehr Angehörige der Gebirgsstämme auf dem vereisten Weg das Genick brachen. Doch Kral nahm die rutschigen Stufen anscheinend kaum zur Kenntnis, seine Füße fanden bei jedem Schritt sicheren Halt. War es seinem Glück oder seiner Geschicklichkeit zu verdanken, fragte sie sich, dass der riesige Mann vor einem tödlichen Sturz bewahrt blieb?
    Bald hatte er sie eingeholt. »Heute ist ein günstiger Tag, um aufzubrechen«, sagte er, in keiner Weise durch die dünne Bergluft im Atmen beeinträchtigt. Anscheinend war er das einzige Mitglied ihrer Gruppe, das nicht den geringsten Zweifel am Sinn ihrer Reise hegte. Während die anderen mit jedem Tag, den ihre Abreise näher rückte, schweigsamer geworden waren, hatte Kral vor Energie gestrotzt und es kaum erwarten können, bis es endlich losging. Ohne Unterlass hatte er ihre Vorräte geprüft, die Waffen nachgeschliffen, die Pferdehufe gerichtet, die Eisdicke gemessen oder andere Verrichtungen erledigt, die mit ihrer Abreise zu
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