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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms
Autoren: Das Buch des Sturms
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weiße Teppiche, und am Rand des Passes äugten sogar einige Blüten aus den Schneeresten hervor, als ob sich der Frühling mit aller Macht den Mantel des Winters von den Schultern zu schütteln versuchte. Auch abgesehen von den Blumen strotzte der Pass nur so von Leben. Unter knospenden Buchen waren die gescheckten roten Flanken eines Wildrudels zu sehen, das gemächlich den Pass hinauftrottete. In der Luft schrie ein kreisender Bussard, tauchte in das grüne Meer aus Gras und hob sich mit einem Satz wieder in die Höhe, und etwas Kleines, Pelziges zappelte in seinen Krallen.
    Er’ril bekam offenbar von alledem nichts mit. »Schaut euch diesen Wagen an«, sagte er. »Herausgeputzt wie eine billige Kneipenhure, bemalt und mit Glocken behängt, um jedermanns Augen und Ohren auf sich aufmerksam zu machen.«
    An einem kleinen Bach, der murmelnd zwischen bemoosten Steinen hindurchplätscherte, entdeckte Elena eine Herde angebundener Pferde, die neben einem großen Planwagen grasten.
    Die aus Holz bestehenden Seiten des Wagens waren in einem dunkelorangefarbenen Ton gestrichen, und die Segeltuchplane, die über Bögen aus Ahornzweigen straff gespannt war, war ungleichmäßig dunkelblau gefärbt und mit weißen Sternen bemalt. Kuhglocken waren ringsherum an den Brettern angebracht, jede in einer anderen Farbe.
    »Irgendwie gefällt mir das«, sagte Kral neben ihr.
    Mit gerunzelter Stirn ging Er’ril auf die durcheinander laufenden Pferde und Menschen zu, die in der Nähe warteten. »Ich hätte allein mit Elena reisen sollen. Dann hätten wir solchen Unfug nicht gebraucht.«
    »Das Ganze ist eine lang beschlossene Sache. Wir alle haben uns darauf geeinigt«, entgegnete Kral. »Abgesehen von dem Elv’en Merik - der ganz von der Reise Abstand nehmen wollte -, bist du der Einzige, der die Gruppe aufteilen wollte.«
    »Wir sind zu viele. Eine kleinere Gruppe würde schneller vorankommen und weniger Aufmerksamkeit erregen.«
    »Mag sein, aber wenn tatsächlich ein Feind auf uns aufmerksam wird, brauchen wir die Kraft und die Fähigkeiten aller, um das Mädchen vor dem Griff des Schwarzen Herzens zu bewahren. Wir müssen sie ja schließlich nicht bloß vor Wegelagerern und Dieben schützen.«
    »Das sehe ich ein.«
    Elena musste beinahe rennen, um mit den großen Männern Schritt zu halten. Sie japste nach Luft, während sie sprach: »Onkel Bol hat uns dringend empfohlen zusammenzubleiben.«
    »Ich weiß, Elena«, antwortete Er’ril, der seinen Gang etwas verlangsamte, damit sie auf einer Höhe mit ihm bleiben konnte. »Ich habe nicht die Absicht, die Ermahnung deines Onkels in den Wind zu schlagen, und ich will ihm keinesfalls zu nahe treten. Er war ein tapferer Mann. Aber eine genaue Deutung der Zeichen, die er zu entschlüsseln versuchte, war äußerst schwierig. Vielleicht hat er sich geirrt.«
    »Bestimmt nicht«, erwiderte sie mit fester Stimme. In ihrem Innern fühlte sie ohne den geringsten Zweifel, wie wichtig es war, die Gruppe zusammenzuhalten. Vielleicht lag das zum Teil daran, dass sie bereits ihre ganze Familie verloren hatte; ihre Eltern waren durch Elenas Hand verbrannt, ihre Tante und ihr Onkel waren von der grausamen Meute Gul’gothas hingemetzelt worden, und ihr Bruder Joach war ihr mittels schwarzer Magik gestohlen worden. Ohne die Unterstützung durch ihre Gefährten wäre sie über diese Verluste niemals hinweggekommen. Nachdem sie nun schon sechs Monde beieinander waren, war ihr diese Gruppe zur zweiten Familie geworden, nicht durch Blutsbande vereint, sondern durch die Bande und das Blut der Schlacht - und sie wollte auf keinen Fall, dass diese Familie gespalten würde. »Wir müssen zusammenbleiben.«
    »Das werden wir«, bestätigte Er’ril, doch Zweifel schwang in seiner Stimme mit.
    »Es ist ein gut durchdachter Plan«, meldete sich Kral zu Wort. Er deutete auf den fröhlich bemalten Wagen. »Getarnt als kleiner Wanderzirkus, einer unter vielen, die sich auf den warmen Straßen des Frühlings und des Sommers tummeln, können wir uns im Freien verstecken. Während suchende Augen auf Schleichwegen nach uns Ausschau halten werden, werden wir uns frei bewegen und ganz offen reisen, lautstark und vergnügt. Das wird nicht nur neugierige Augen davon abhalten, uns allzu genau unter die Lupe zu nehmen, sondern wir verdienen dabei auch noch Kupfer und Gold, um unsere Vorräte aufzustocken. Ich wiederhole: Es ist ein gut durchdachter Plan.«
    »Stimmt«, pflichtete Er’ril bei und fügte ohne Ironie
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