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Alarm im Tunnel Transterra

Alarm im Tunnel Transterra

Titel: Alarm im Tunnel Transterra
Autoren: Michael Szameit
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Brocken keine Mühe haben. Allerdings, die Zeit war etwas knapp. Aber nicht zu knapp. Es war noch zu schaffen.
    Der Chefdispatcher strich über die Knopfleiste seines Oberhemdes, wo zwei kleine Knötchen die Stellen markierten, die ehemals durch glänzende Perlmuttknöpfe verziert waren. Er schniefte und zog das Hemd ärgerlich über den Bauc h. Müde erklärte er: „Ich fasse zusammen: Ein Objekt mit einer Masse von achthunderttausend Tonnen ist auf unerklärliche Art und Weise in den Tunnel TRANSTERRA eingedrungen.“ Dabei schielte er mich an, immer noch vorwurfsvoll. „Richtung und Geschwindigkeit konnten nicht festgestellt werden. Über die chemische Zusammensetzung läßt sich auf Grund der imme nsen Entfernung nichts Definitives sagen. Es verharrt im Ze ntrum des Tunneleingangs. Uns steht kein Jäger zur Verfügung, mit dessen Hilfe sich die Situation in der noch verbleibenden Zeit bereinigen ließe.“
    Ich schrak auf. „Was heißt das, kein Jäger?“
    Reg nickte sorgenvoll. „Nach deiner Expertise haben wir zwei Drittel des Geschwaders zu einem Großeinsatz im Inneren Ring abgegeben. Die anderen machen EKLIPTIK V keimfrei.
    In zweiundsiebzig Stunden schafft das keiner mehr…“
    Erst jetzt wurde mir die Tragweite des Geschehens bewußt.
    Die anfliegenden Raumkreuzer konnten bei der hohen Geschwindigkeit die eigenen Werfer nicht einsetzen. Sie waren im Lichtflug wehrlos wie gerade geschlüpfte Küken. Ein Aus-weichmanöver war theoretisch möglich, aber dann müßten sie in den dichten Materiegürtel unseres Sonnensystems fliegen –
    die Folgen wären grauenvoll: Eine Armada von sechshundert Raumkreuzern würde in einem einzigen blauweißen Blitz in Sekundenschnelle verdampfen…
    Plötzlich ahnte ich, warum der sonst so beherrschte, eiserne Reg nicht fähig war, seine Bestürzung zu verbergen. Ich fragte ihn: „Sag, in der HELIOS-Formation fliegt doch die MIRA…“
    Er sah mich ernst an und antwortete leise: „Ja, Harry ist auch dabei. Aber das darf nicht zählen – er ist nur einer von dreißigtausend.“
    Das war es. Seit Lu, Regs Frau, mit dreiundzwanzig Gefährten in der Glut des Alpha Centauri verbrannt ist, wacht Reg mit Argusaugen über den Lebensweg seines einzigen Sohnes. Auf seine Veranlassung hatte man Harry die Teilnahme an der Barnardexpedition verweigert. Sixten kehrte mit acht von zweiunddreißig Besatzungsmitgliedern zurück, und Reg fuhr mit Harry fünf Wochen nach Tahiti zum Wellenreiten…
    Die interstellare Raumfahrt hat viele Menschenleben gefordert, trotz peinlichster Sicherheitsvorkehrungen. Reg ist der vorletzte aus einem alten Raumfahrergeschlecht.
    Lu war gertenschlank gewachsen und hatte eine Figur wie ein halbwüchsiges Mädchen, kurzgeschnittene hellblonde Haare, die ihrem ebenmäßigen Gesicht die Schönheit einer altgriechischen Knabenplastik gaben. Ich habe sie verehrt und bin nie richtig darüber hinweggekommen, daß sie Reg mir vorgezogen hatte. Lu war für mich ein unerreichbares Ideal und wollte mir eine gute Freundin bleiben. Das war schön und qualvoll.
    Reg und Lu hatten sich durch mich kennengelernt. Es war so wie immer. Ich hatte mich in die junge Kybernetikerin, die zwei Jahrgänge nach mir studierte, verliebt und viel gemeinsam mit ihr unternommen. Es hätte sogar etwas mit uns werden können, wäre Reg nicht aufgetaucht. Ich hatte sie lange Zeit erfolgreich vor ihm versteckt. Aber auf meiner Geburtstagsfei-er geschah es. Plötzlich waren beide verschwunden, und als ich ein paar Schallplatten aus meinem Schlafzimmer holen wollte, sah ich sie eng umschlungen auf meiner Couch liegen. Bei beiden war es tatsächlich Liebe auf den ersten Blick. Ich Esel hatte Lu nie angerührt, sie war für mich ein Heiligtum, das durch die Berührung entweiht worden wäre. Wahrscheinlich war das mein größter Fehler.
    Reg und Lu waren sehr glücklich, und wir blieben Freunde.
    Das tröstete mich ein wenig. Kein Wunder, daß ich für Harry fast väterliche Gefühle hatte.
    Als ich die blonde Renata kennenlernte, war Lu schon zwei Jahre tot.
    Achternak sah zur Seite, um seine ihm peinliche Gefühlsregung hinter einem prüfenden Blick auf die Koordinaten des Objekts verbergen zu können. Das Schuldbewußtsein zeichnete eine scharfe Stirnfalte in sein Gesicht. Er hatte Reg überredet, dem Jungen endlich die Möglichkeit der Bewährung zu geben, und Reg hatte Harry in die Bordliste der MIRA eintragen lassen.
    Bobs eigenartiges Gebaren machte mich aufmerksam. Er schüttelte wie
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