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Al Wheeler und die letzte Party

Al Wheeler und die letzte Party

Titel: Al Wheeler und die letzte Party
Autoren: Carter Brown
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fragte. »Messerstich «ist anstelle von Küsse gesetzt worden«, sagte sie mit ruhiger Stimme.
    Der dritte und letzte Brief war
etwas länger als die ersten beiden. Er lautete:
    La Belle Dame wird in ihrer
Heimatstadt Oakridge begraben werden. Grabstätte
zwischen den Gräbern von Elias Frey und Pearl Coleman reserviert. Grabstein
trägt Inschrift: Hier liegt Judy Manners ,
Spielgefährtin von Pearl Coleman und Sandra Shane. Hauptleidtragender, Johnny
Kay. Der Nachruf lautet: Und kein Vogel singt.
    Ich las die drei Karten noch
einmal durch. »Ergibt sich für Sie daraus irgendein Sinn?«
    »Ja«, sagte Judy, »das ist der
Grund, weshalb sie mich auch so beunruhigen. Die Namen — es sind alles Leute,
die ich kenne oder gekannt habe. Ich bin in Oakridge geboren und aufgewachsen. Pearl und Sandra waren meine besten Freundinnen. Pearl
starb, als ich siebzehn war. Wer immer diese Briefe geschrieben hat, er muß
mich gut kennen.«
    »Und wer ist Johnny Kay?«
    »Das war der Junge, den ich
heiraten wollte«, sagte sie. »Wir waren wahnsinnig ineinander verliebt. Sie
wissen ja, wie es einem mit siebzehn geht. Man liebt niemals wieder jemanden
nur halb so sehr, wie man damals jemanden geliebt hat.«
    »Haben Sie ihn geheiratet?«
    »Nein.« Sie schüttelte mit
einer Spur von Traurigkeit den Kopf. »Johnny war drei Jahre älter als ich. Er
ging zur Luftwaffe und wurde zwölf Monate später über Vietnam abgeschossen.«
    »Das tut mir leid für Sie«,
sagte ich.
    »Es ist jetzt schon lange her«,
sagte sie. »Jedenfalls glaubte ich das, bis ich diese Briefe erhielt.«
    »Und was ist mit diesem
Gedicht?« fragte ich. »Das von der Belle Dame? Hat das etwas zu
bedeuten?«
    »Es war eine Art Scherz
zwischen Johnny und mir.« Sie lächelte, und ihre Augen blickten weit in die
Ferne. »Es begann auf der Oberschule. Wir lasen damals gerade das Gedicht, und
aus irgendeinem Grunde konnte ich mich mit ihm an einem Tage nicht verabreden.
Da nannte er mich La Belle Dame Sans Merci. Es blieb dann an mir hängen
— jedesmal wenn ich danach nicht mit ihm ausgehen
konnte oder nicht tat, was er wollte, nannte er mich so.«
    Ihr Blick umwölkte sich wieder.
»Und gerade das erschreckt mich, Lieutnant . Es war
nur so ein alberner Scherz — ausschließlich zwischen uns beiden. Und Johnny ist
jetzt seit langem tot. Wie kann sich jemand anders daran erinnern?«
    »Wo liegt Oakridge ?«
    »Etwa dreihundert Kilometer von
hier«, sagte sie. »Es ist ein kleines Nest am Rand der Wüste. Ich verließ es
mit achtzehn Jahren — gleich nachdem ich die Nachricht von Johnnys Tod erhalten
hatte. Es hielt mich nichts mehr dort.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich
die Briefe behalte?«
    »Natürlich nicht«, antwortete
sie. »Was glauben Sie, Lieutnant ? Glauben Sie, daß
der Mörder Barbara getötet hat, weil er gemeint hat, ich sei es?«
    Dicht hinter mir ertönte ein
widerlich scharrendes Geräusch, bei dem es mir kalt den Rücken herunterlief.
Ich drehte mich um und sah Polnik , der sich am Kopf
kratzte.
    » Lieutnant «,
sagte er mit Kälte, »draußen auf dem Strand gibt es nichts weiter als Sand —
und ein paar Fußspuren.«
    »In der Nähe der im Freien
liegenden Hälfte des Schwimmbassins?« fragte ich. »Kann man vom Strand aus
hineingelangen?«
    »Ich glaube schon«, brummte er.
»Die Mauer um das Becken ist keine zwei Meter hoch — jeder kann darüberklettern und einfach ins Haus gehen. Aber diese
Spuren taugen nicht viel. Der Sand ist viel zu lose, als daß ein sauberer
Fußabdruck zurückbliebe.«
    »Schön«, sagte ich. »Vielen
Dank.«
    Polnik starrte mich düster an. »Was
jetzt, Lieutnant ? Soll ich vors Haus gehen und
nachsehen, ob es Türen und Fenster hat?«
    Ich blickte Judy Manners an. »Entschuldigen Sie uns bitte einen Augenblick?«
    »Natürlich.« Sie zögerte ein
bißchen. »Brauchen Sie mich heute nacht noch, Lieutnant ?«
    Ich sah das Grinsen auf Polniks Gesicht und gab ihm einen derben Stoß in die
Rippen, um zu verhindern, daß er an meiner Stelle antwortete.
    »Falls Sie mich nämlich nicht
mehr brauchen«, fuhr sie fort, »werde ich jetzt in mein Zimmer gehen.«
    »Ja, tun Sie das«, sagte ich.
»Sollte ich noch weitere Fragen haben, so haben sie bis morgen Zeit.«
    »Vielen Dank. Gute Nacht, Lieutnant . Gute Nacht, Sergeant.«
    Sie ging aus dem Zimmer, und
ich wandte meine Aufmerksamkeit Polnik zu — seine war
jedoch nicht auf mich gerichtet. Er hatte einen verträumten Ausdruck in den
Augen, und seine Nase zuckte
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