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Al Wheeler und der falsche Mann

Al Wheeler und der falsche Mann

Titel: Al Wheeler und der falsche Mann
Autoren: Carter Brown
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befand sich eine Tür, die mit einem
Vorhang versehen war, und zwei wacklige Stühle standen herum. Die Hoffnung, daß
je so viele Kunden gleichzeitig aufkreuzen könnten, schien ziemlich vermessen.
    Ich stützte meine Ellbogen auf
dem Ladentisch auf und starrte hoffnungsvoll auf den Vorhang. Es verstrichen
vielleicht dreißig Sekunden, da trat ein Mann hinter dem Vorhang hervor. Er war
fett und kahlköpfig und sah miserabel aus. Seine Lider hingen schlaff über
seine hellblauen Augen, und seiner Nase, die mehrfach gebrochen gewesen zu sein
schien, hatte man es offensichtlich überlassen, sich selbst zusammenzuflicken.
Die Lippen waren dick und gummiartig, und an seinem Kinn sprossen flott
dunkelblaue Stoppeln. Ein Public-Relations-Mann hätte mit ihm das ideale
Aushängeschild für einen Kindsentführungs-Werbefeldzug gehabt.
    »Wollen Sie was?« brummte er.
    »Ich würde gern von einem
männlichen Modell ein paar pornographische Fotos in verschiedenen obszönen
Stellungen kaufen«, sagte ich liebenswürdig. »Für die Aufnahmen soll Nigel
Barrett Modell gestanden haben.«
    Seine Kinnlade fiel herunter
und entblößte die Art von Zähnen, die niemals das Tageslicht sehen sollten.
»Wovon, zum Teufel, sprechen Sie?«
    »Von Nigel Barrett«, sagte ich.
»Er steht für Sie Modell, habe ich recht? Zumindest pflegte er für Sie Modell
zu stehen. Er wird es in Zukunft wohl nicht mehr können, weil irgend jemand ihn gestern nacht mit einem Messer zerfleischt hat.«
    Sein Mund öffnete und schloß
sich mehrere Male hintereinander, und unter den blauen Stoppeln wurde die Haut
ganz fahl.
    »Hauen Sie ab, verdammt noch
mal!« krächzte er. »Sie müssen irgend so ein Verrückter sein.«
    »Vielleicht sollten wir noch
mal von vorn anfangen«, sagte ich und ließ meine Dienstmarke vor ihm auf den
Ladentisch fallen. »Ich bin Lieutenant Wheeler vom Büro des Sheriffs und
untersuche gerade einen Mordfall. Der Name des Opfers ist Nigel Barrett.«
    »Ein Bulle?«
    Er starrte auf mein
Blechabzeichen, als erwartete er, daß es jeden Moment ultraviolett zu leuchten
anfangen würde oder weiß der Himmel, was.
    »Sind Sie Mr. Hales?«
    »Ich bin Clem Duggan «, sagte er. »Als ich diese Bude hier kaufte, schien
sich der Aufwand, das Schild zu wechseln, nicht zu lohnen.«
    »Und Sie beschäftigten Barrett
als Modell?«
    Er rieb sich mit einer Hand das
Kinn, und es hörte sich so an, als würde er über ein Reibeisen fahren.
    »Ist es wirklich wahr? Ich
meine, daß er tot ist?«
    »Es ist wirklich wahr.«
    »Es ist ein Lebensunterhalt,
das ist alles. Ich verdiene keine Reichtümer damit.«
    »Mit dem Verkauf der Fotos,
meinen Sie?«
    Er nickte. »Ich verkaufe sie
nicht an Kinder, ich stelle sie nicht im Fenster aus, ich vertreibe sie nicht
im Postversandhandel, und ich mache keine Werbung dafür.«
    »Erzählen Sie das dem
Sittendezernat«, schlug ich vor. »Mich interessiert das nicht.«
    »Für weibliche Pornobilder gibt
es keinen Absatzmarkt mehr«, fuhr er unbarmherzig fort. »Die kann man jetzt in
Illustrierten am Zeitungsstand haben. Homo-Pornos sind noch gefragt, aber auch
nicht sehr stark. Reicht gerade zum Leben, wie ich schon sagte.«
    »Erzählen Sie mir von Nigel
Barrett!«
    Er hob die Schultern. »Er war
eben ein Modell. Ein gutaussehender Bursche. Ich fand heraus, daß es ihm Spaß
machte, Modell zu stehen. Der Verdienst wäre nicht so bedeutend, hat er mal
gesagt, aber er lernte eine Menge interessanter Menschen auf diese Weise
kennen. Natürlich meinte er die anderen Homos .«
    »Mit denen er sich in intimen
Stellungen fotografieren ließ?«
    »Ja, so könnte man es
vermutlich ausdrücken.« Er starrte mich an. »Das ist wohl ein Verbrechen, und
jetzt werden Sie mich ruinieren. Große Sache!«
    »Ich möchte herausfinden, wer
ihn umgebracht hat«, sagte ich behutsam. »Weshalb halten Sie also nicht mal die
Klappe und hören mir einen Moment zu?«
    Sein Mund öffnete sich, schloß
sich aber rasch wieder, als er den Ausdruck auf meinem Gesicht wahrnahm.
    »Ich möchte wissen, mit wem er
sich fotografieren ließ und wann«, sagte ich. »Wer waren seine Freunde, und wer
konnte ihn überhaupt nicht leiden. Und dergleichen mehr.«
    »Ich glaube, Sie kommen besser
mit nach hinten«, meinte er.
    Er hob eine Klappe hoch, so daß
ich hinter den Ladentisch treten konnte. Ich folgte ihm durch den Vorhang.
Dahinter befand sich ein Studio mit ein paar sehr mitgenommen aussehenden
Möbeln, einer Batterie von Lampen und einigen Kameras.
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