Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Akte Atlantis

Akte Atlantis

Titel: Akte Atlantis
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
befestigt.
    Sie war eine Dreimastbark mit schmucker Takelage, stabil und schnittig zugleich. Die Kajüten waren tadellos eingerichtet und mit dem Holz der Washingtonfichte getäfelt. Besonders gut war die Kajüte des Kapitäns ausgestattet, da dessen Frau ihn unbedingt auf großer Fahrt begleiten wollte. Den Bug zierte ein kunstvoll geschnitztes Abbild des im Südwesten der USA heimischen
Paloverde
- oder Grünholzbaums.
    Quer über dem Heck prangte in erhabenen, vergoldeten Lettern der Name des Schiffes. Ein ebenfalls aus Holz geschnitzter kalifornischer Kondor breitete darüber die Schwingen aus.
    Statt nach Norden durch das Beringmeer zu fahren und die bekannten Walfanggründe in den arktischen Gewässern anzulaufen, hatte Roxannas Mann, Kapitän Bradford Mender, die
Paloverde
gen Süden, in die Antarktis gesteuert. Da die verwegenen Walfänger, die von den Häfen Neuenglands aus in See stachen, dieses Gebiet nur selten aufsuchten, meinte er, dort sein Glück machen und noch jungfräuliche Fanggründe entdecken zu können.
    Kurz nachdem sie den südlichen Polarkreis erreicht hatten, wo sie sich oftmals zwischen Eisbergen hindurchtasten mussten, hatte die Besatzung im offenen Meer vor der Küste sechs Wale erlegt. In der letzten Märzwoche dann, als der antarktische Herbst anbrach, war das Meer unglaublich rasch zugefroren: Eine gut anderthalb Meter dicke Eisdecke hatte sich gebildet.
    Dennoch hätte die
Paloverde
entrinnen und sich in freies Fahrwasser durchschlagen können, doch plötzlich war der Wind umgeschlagen und zu einem heulenden Sturm angeschwollen, der das Schiff wieder an die Küste zurückfegte. Als jeder Fluchtweg versperrt war und Eisblöcke, so groß wie das ganze Schiff, auf sie zutrieben, konnte die Besatzung nur mehr hilflos zusehen, wie die Falle zuschnappte.
    Binnen kürzester Zeit war das Schiff von Eis umschlossen, das es mit gewaltiger Kraft unerbittlich immer weiter auf das Land zuschob.
    Auch dort fror das freie Fahrwasser mittlerweile rasch zu.
    Mender und seine Männer kämpften verzweifelt, und schließlich schafften sie es, das Schiff in sechs Faden tiefem Wasser knapp zwei Meilen vor der Küste zu verankern. Aber innerhalb weniger Stunden saß das Schiff im Eis fest, das fortwährend dicker wurde, bis weit und breit kein Wasser mehr zu sehen war.
    Der antarktische Winter war angebrochen, und die Tage wurden zusehends kürzer. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr, bis wieder mildere Witterungsbedingungen einkehrten, und bis dahin waren es noch gut und gerne sieben Monate.
    Die Segel wurden getrocknet, eingeholt und verstaut, damit man sie im Frühling wieder aufziehen konnte, wenn es, so Gott wollte, wärmer wurde und sie aus dem Packeis freikamen. Nun, da ihnen ein langer, unfreiwilliger Aufenthalt bevorstand, galt es, eine Bestandsaufnahme sämtlicher Lebensmittel vorzunehmen und sie sorgfältig einzuteilen, damit sie die langen Wintermonate überstanden. Ob der Proviant an Bord bis zum Frühjahr ausreichte, wenn das Eis wieder schmolz, vermochte niemand zu sagen. Andererseits hatten die Männer, nachdem sie Löcher ins Eis gehackt und ihre mit blanken Haken bestückten Angelschnüre ausgelegt hatten, unverhofft viele antarktische Fische gefangen, die allesamt in der Vorratskammer an Deck eingefroren worden waren. Außerdem wimmelte es von Pinguinen. Drüben an der Küste tummelten sich Millionen dieser komischen Vögel. Allerdings schmeckten sie einfach widerlich, da konnte sich der Smutje noch so viel Mühe bei der Zubereitung geben.
    Die schreckliche Kälte und plötzliche Verschiebungen des Packeises waren es vor allem, die dem Walfangschiff und seiner Besatzung gefährlich werden konnten. Erfrieren mussten sie nicht, da sie den Tran der Walfische verbrennen konnten, die sie harpuniert hatten, ehe sie vom Eis eingeschlossen worden waren. Sie hatten über hundert Fässer voll im Frachtraum stehen, damit sollten sich die Öfen anstandslos den ganzen antarktischen Winter hindurch beheizen lassen.
    Und das Packeis hatte sich bisher kaum verworfen. Aber Mender wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es in Bewegung geriet und sich übereinander schichtete, bis die
Paloverde
von wandernden Eisbergen umgeben war, die jederzeit ihren Rumpf eindrücken konnten, als wäre er aus Papier. Er mochte gar nicht daran denken, dass seine Frau und das Kind sich womöglich an Land durchschlagen mussten, bis sie im Sommer vielleicht ein anderes Schiff sichteten.
    Und ob überhaupt eines kam,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher