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Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love

Titel: Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
Autoren: Joe R. Lansdale
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Dinge, die sie getan hatten, sondern vielmehr, weil solche Dinge so selten und unwahrscheinlich waren. Jack the Ripper begann im Vergleich zu diesen Typen ziemlich amateurhaft zu erscheinen. Die Welt wurde mir irgendwie schauderhafter. Ich verlor meinen Glauben daran, dass jeder zu leben verdient habe. Arschlöcher wie diese, die derartige Dinge tun, aus welchen Gründen auch immer, müssen weg. Ein Krebsgeschwür tut, was es tun muss. Das bedeutet jedoch nicht, wenn eines sich in mir ausbreitet, dass ich es mir nicht herausschneiden lassen würde. Genauso denke ich über Serienmörder und dergleichen. Sie sind ein Krebsgeschwür, und sie müssen weg.
    Willkürliche Gewalt wurde zu meinem größten Trauma. Ich selbst habe ein wenig davon gesehen, aber nur in einem geringen Ausmaß. Plötzliche, unbegründete Gewalt von Individuen, die diese Gewalt als eine Art Unterhaltung begriffen. Eine Art von Unterhaltung, die man in den Vereinigten Staaten noch nicht kannte. Es schien, als wäre eine gewaltige soziale Mutation in Gang gesetzt worden. Als hätte die Natur versucht, einen Kontrollmechanismus für Bevölkerungswachstum zu installieren, indem sie bestimmten menschlichen Wesen ein Selbstzerstörungs-Gen induzierte, das sie zu Killern ihrer eigenen Art macht.
    Ich glaube, dass die Kindheit und das kulturelle Umfeld eines Menschen bestimmen, was aus ihm wird. Ich glaube aber auch, dass die Genetik in diesem Zusammenhang eine viel größere Rolle spielt, als wir ihr zugestehen wollen. Das macht mir viel mehr Angst. Andrew Vachss sagt: »Es gibt keinen biogenetischen Code für Serienmörder
oder Sexualtäter - wir erschaffen unsere eigenen Monster.«
    Ich respektiere niemanden so sehr wie Andrew Vachss, und ich stimme seiner Aussage zu. Wir alle, glaube ich, haben unsere dunklen Punkte, und die können von Zeit zu Zeit an die Oberfläche gespült werden. Doch ich glaube auch, dass manche Leute auf die Welt kommen, denen bestimmte Faktoren fehlen; Faktoren, ohne die sie in Dunkelheit verharren. Es ist nicht von Belang, einen Code für derartige Dinge zu haben, es ist der Mangel an Einfühlungsvermögen, und nichts kann in einem solchen Individuum die Identifikation mit seiner Umwelt erwecken. Ich glaube, solche Momente der Empathie sind etwas Angeborenes, selbst wenn sie geweckt werden müssen. Sie werden menschlichen Wesen eingebaut als ein Teil des Überlebensfaktors. Ficken und Fressen reichen nun einmal nicht aus, um den Fortbestand der Menschheit zu erklären. Aber so wie einige Menschen im Vergleich zu anderen mit mehr Muskeln geboren werden, so werden auch Menschen mit weniger Empathie geboren. Oder mit geringerer Fähigkeit, diese Empathie in sich wachrufen zu lassen.
    Ein Faktor, der meine Überzeugung stützt, ist die Beobachtung. Selbst wenn manche zu Kriminellen geformt werden, so gibt es auch jene Individuen, die ein schreckliches Leben hatten und die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie gewisse »geformte« Kriminelle, die aber deswegen nicht selbst bösartig werden. Wie schwer fällt die Genetik also ins Gewicht? Was ist mit dem freien Willen?
    Was machen wir, wenn einige Kriminelle geboren und nicht geformt werden? Oder, etwas genauer, was, wenn sie geboren werden, um dazu gemacht zu werden? Was, wenn die Genetik und der Hintergrund beide negative Faktoren
darstellen? Was, wenn - egal, was die Gesellschaft tut, egal, was diese Individuen für eine Kindheit hatten - sie von einem bestimmten Verhaltensmuster angezogen werden? Dem des Jägers.
    Ich stellte mir diese Fragen, las zu diesem Thema jedes Buch, das ich in die Finger bekam, und ließ alles köcheln. Ich stieß nicht wirklich auf neue Antworten, bis auf die allgemeinen, die ich bereits angeboten habe, und ich gebe zu, dass sie streitbar sind, jedoch stieß ich auf verschiedenste Spekulationen. Jede Menge Zeug, das mich als Autor anregte und faszinierte.
    Schließlich begann ich mit dem Schreiben. Die Arbeit am Buch ging 1980 einige Monate gut und schnell voran, aber sie nagte an mir. All dieses Forschen in der Dunkelheit, all die dunklen Träume, die ich hatte, die Tatsache, dass ich mit der dunklen Seite meines Naturells in Berührung kam, und das Bewusstsein, dass wir alle jene dunkle Seite besitzen, war ziemlich verwirrend für mich. Ich wurde darüber beinahe depressiv. Und ich nehme an, dass ich zum ersten Mal richtig erwachsen wurde.
    Nach ein paar Monaten Pause, die ein wenig Licht in meinen Kopf gebracht hatte, kam ich wieder auf den Roman
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